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  • Day 2–4

    Georgetown - die Feuertaufe

    January 3 in Guyana ⋅ ⛅ 30 °C

    Ihr lieben,

    Es beginnt erneut, das Herzklopfen der Vorfreude, als wir endlich Richtung Guyana, über London und Barbados, aufbrechen. Nach sechs Stunden Verspätung und einer gesamten Reisedauer von 24 Stunden, inklusive einer ungeplanten Nacht in Barbados, schneiden die ersten Sonnenstrahlen auf unserem frühen Flug durch das Flugzeugfenster, beleuchten das üppige Grün des Dschungels unter uns. "Da ist er", flüstere ich, als ein Kribbeln durch meine Adern jagt. "Mein ewiger, immergrüner und unberechenbarer Dschungel." Ich drücke Jeremys Hand, ein Lächeln stiehlt sich auf unsere Gesichter. Nach ca. einer Stunde sind wir bereits im Landeanflug.

    Das Pochen meines Herzens begleitet jeden meiner Schritte durch die Immigration. Ihr erinnert euch sicher noch an das Mückenspray was im Amazonas meinen Pass durchtränkt hat und nun, na ja, etwas verlebt aussieht. Puh, geschafft. Doch lößt sich aus meinem Pass meine Erinnerung aus Tanzania, das Visum. Oh man. Ich brauche dieses Jahr wirklich ein neuen Pass. Vorbei an der Kaugummi-Blasen-machenenden Gepäckkontrollen Lady und raus aus dem mini Flughafen.

    Es geht es mit einem Taxi eine Stunde nach Georgetown, Guyana‘s Hauptstadt.
    Die Stadt, ein lebhaftes Mosaik aus Farben, Lärm und Vielfalt. Die Cara Lodge, ein majestätisches weißes Holzgebäude, empfängt uns mit einer Mischung aus kolonialer Eleganz und karibischer Wärme. Die Dame an der Rezeption begrüßt uns mit kühlem Blick, der Geschichten erzählt, während sie uns eincheckt und unsere Währung tauscht - US Dollar in Guyana Dollar 1$=200 Guyana Dollar.
    Los geht’s!
    Schmuck ist sowieso in Wien geblieben, buntes Kleid und offene Sandalen an. Handtasche? Hmmm vermutlich erstmal keine gute Idee, Tante Jutta‘s Trick. Stopfe das Handy in den BH - passt perfekt.
    Mit dem Herzen voller Abenteuerlust treten wir in die pulsierenden Straßen von Georgetown. Jeder Schritt, jeder Atemzug ist ein Versprechen für das Unbekannte.
    Das ist aber nicht der Dschungel, den ich von oben gesehen habe, sondern eine verkehrsreiche, einfach besiedelte Stadt. Wunderschöne Holzhäuser, verfallene Holzhäuser, Straßen mit großen Löchern, Menschen! Vieeeeele Menschen. Wir schlängeln uns durch die Gassen, vorbei an neugierigen Blicken und dem bunten Treiben des lokalen Alltags.
    Eines steht fest! Weit und breit sind hier keine Touristen! Nicht eine einzige Person, ich fühle mich in den Menschenmassen etwas verloren. Wir schlendern, noch etwas orientierungslos und vorsichtig über die Märkte und man spürt die beobachteten Blicke, die uns beim vorbeigehen und aus der Distanz beobachten.

    Es ist unglaublich laut am Busbahnhof von Georgetown, die Menschen hier sind unglaublich divers. Sie sind gut angezogen in Kleidern oder sehr einfach in Shorts. Historisch bedingt, kann man sie optisch nicht einer Nation oder der möglichen Herkunft zuordnen. Eine wahre ethnische Wundertüte. Man erkennt in den wenig lächelnden Gesichtern, Abstammung aus Indien, Asien oder traditionell Lateinamerikanisch. Ich muss gestehen, es ist kein Ort zum Wohlfühlen, und doch ist die Neugier da, hier und da etwas zu kosten, wie in einer der besten Bäckereien oder frisch geröstete Honig-Salz-Nüsse vom kleinen Stand. Die Eindrücke überwältigen uns, ich fühle mich wie in einem Rausch. Die vielen Menschen. Die beobachtenden Blicke. Die Hitze. Die Geräusche. Der Regen. Der Gestank. Eine wahre Feuertaufe für unseren ersten Tag. Wir kehren in die Lodge zurück.

    Ich entdecke ein nettes Grillrestaurant, „Fireside Grill“, welches nicht weit von uns liegt, und so fahren wir mit dem Taxi hin. Super gute Stimmung, fantastisch frisch gegrilltes, ein lautes Froschkonzert und Zeit, diese Anreise und die ersten Eindrücke zu verarbeiten.

    Am nächsten Tag strahlt die Sonne durch den dichten Vorhang im ersten Stock unseres Zimmers. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Ich freue mich riesig, denn heute wollen wir alle Märkte erkunden. So begehen wir den ersten Marktstand, an dem ich Papayas entdecke – alle Tagebuch-Fans wissen: Ich sterbe für Mangos und Papayas. Also bitte ich den Herrn am Stand um eine Papaya und eine mir unbekannte Frucht. Ich teile die Frucht in meiner Hand, während mir der klebrige Saft an meinen Händen herunterrinnt. Ich beiße genüsslich in das satte Fruchtfleisch und erlebe einen absolut süßen Hochgenuss. Oh, meine Güte. Es schmeckt wie Feige und Honig und Zuckerwatte. Wow. Natürlich spielt mein kulinarisches Herz einen Film ab, in dem ich diese Frucht mit Ziegenkäse im Ofen schmore. Doch es bleibt der Honiggeschmack, da die Ziege ziemlich weit weg ist Sapodilla heißt die exotische Frucht, wie uns der Händler verrät. Wir kommen an einem Stand mit Mangos vorbei. Der Duft der Schale lockt bereits von weitem. Die liebenswürdige indisch abstammende Frau sieht das Strahlen in meinen Augen und sagt: „Heute gepflückt.“ „Sind sie süß?“, frage ich. Die Frau lächelt, greift nach einer Mango, geht zum Stand und wäscht sie ab. Ich frage: „Hey, wie teuer ist eine?“ Die Frau lächelt und sagt: „Für dich ist sie kostenlos“, und drückt mir ein Messer zum Aufschneiden der Frucht in die Hand. Mein Herz platzt vor Glück und Dankbarkeit. Wie liebenswert, wie komme ich zu der Ehre? 🥰 Wir machen ein Foto und drücken ihr den kleinsten Schein, was ein paar Cent sind, symbolisch in die Hand.

    Wir schlendern weiter über die Märkte. Entdecken einen Kräuterhexenstand, die alle möglichen Elexire in Plastikflaschen im Angebot hat, sogar ein Sex Tonic oder ein Cholesterin Tinic. Ich erhasche ein Bild für euch.
    Der Stabroek-Markt ist das Wahrzeichen der Stadt. Ein Uhrenturm ragt aus dem riesigen gusseisernen Gebäude und ist schon aus der Ferne zu erkennen. Am Markttag platzt alles aus den Nähten. Die Autos fahren kreuz und quer und machen per Hupen auf sich aufmerksam. Es sind viele Menschen vor Ort, dichtes Gedränge. Wir sind stets aufmerksam. An einem indischen Stand kaufen wir uns frisch gebackene Käsestangen. Die schmecken so gut. Ich liebe Käse, denke ich, während meine Augen stets wachsam durch die engen Gänge der Markthalle schweifen. Wir beschließen, das dichte Gedränge zu verlassen, nachdem uns auch die Käsestangen-Verkäuferin gesagt hat, wir sollen achtsam sein. Entspannt ist man hier sicher nicht. Wir sind eindeutig die einzigen Touristen, und auch wenn wir versuchen, uns normal und unauffällig zu verhalten, so fällt natürlich mein Äußeres extrem auf.

    Die Gegend verändert sich, und es wird ‚exklusiver’ und sogar weihnachtlich dekorativ. Der Grund dafür wird uns klar: Der Premierminister wohnt auf dieser Straße. Wir laufen weiter zum Park. Plötzlich begegnen wir tatsächlich einem Touristen, der auch den Park besuchen möchte. Zigi, ein Strafverteidiger aus Litauen, der bereits 97 Länder bereist hat. Wir gehen zusammen. Der Besuch des Guyana National Park ist unbestrittener Höhepunkt unserer kleinen Tour heute. Jetzt nicht wegen der besonderen Naturschönheit des Parks. Die echte Attraktion ist der kleine See. Besser gesagt, seine Bewohner. Manatis (Rundschwanzseekühe) haben hier ihr Zuhause gefunden und lassen sich gerne mit frischem Gras füttern. Sie sind so riesig, wiegen 500 kg, sind aber zuckersüß! Der größte von ihnen macht richtig Stress mit seinen Flussen, als kein Gras mehr nachkommt. Bilder für euch anbei.

    Wir kehren nach einem schweren, viel zu schweren Mittagessen in die Lodge zurück und machen eine Siesta, bevor das Packen für den Dschungel losgeht – Foto anbei. Wir dinieren heute Abend im Hotel, wo ich endlich das Nationalgericht koste – Pepper Pot. Ein fantastisch zubereitetes Fleisch mit Kräutern, Zimt und wuchtigen Gewürzpasten. Foto anbei. Doch meine Gedanken drehen sich um die morgige Reise. Die Reise ins Landesinnere, die Reise zum ewigen Grün, mein Elixier, der Dschungel von Guyana. Ich bin so aufgeregt, denn das Flugzeug ist klein. Sehr klein. Es bleibt spannend.
    Bis Bald ihr lieben!
    Agi
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