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  • Day 7

    Vielseitigkeit bring neue Erlebnisse

    January 8 in Guyana ⋅ ⛅ 31 °C

    Hallo ihr Lieben und guten Morgen aus dem Dschungel.
    Es ist mal wieder 5:20, als unser Wecker schellt. Ich zupfe an Jay. „Bitte, als Experte für Anti-Krabbeltier-Sicherheit, check die Lage!“, flüstere ich. Ich muss grinsen, als Jay sich Augenrollend umsieht. Keine Gefahr in Sicht – gut, ich kann aufstehen und unter dem Moskitonetz hervorkriechen. Es ist zwar früh, aber das ist nun mal die beste Zeit, wenn alle Vögel aufwachen und wir sie in den Baumkronen im Hochseitgarten beim Frühstücken beobachten können. Erfreut über neue Erlebnisse, die uns heute erwarten, ziehe ich mir mein neonfarbenes T-Shirt an. Wir haben schließlich schon viel Erfahrung gesammelt, wie man meine Lieblingstiere - die Kolibris - anlockt, nämlich mit knalligen Farben. Schließlich sehen Kolibris im UV-Licht, also freue ich mich schon riesig darauf, für sie auszusehen wie eine riesige Blume. 🌸
    Ich kann es kaum abwarten, nach einem Schluck Kaffee aus der Thermoskanne loszugehen. Natürlich gehen wir nicht pünktlich los; die Guides sitzen auf der Bank und plaudern noch, während wir zwei und die Kanadier warten. „Erwarte stets das Unerwartete“, rufe ich mir als Mantra in meinen Kopf. Es hellt langsam auf, und wir beginnen unsere kleine Wanderung zu dem Hochseilgarten. In den Baumspitzen angekommen, fange ich vor Freude an zu piepsen. Mit summendem Flügelschlag schwirren sie wie kleine Propeller um mich herum, auf der Jagd nach dem süßen Nektar der Kelchblumen im Dschungel. Ich stehe still und lächle. „Ich bin ein Teil dieser magischen Welt“, denke ich verzaubert. Mit einer Flügelgeschwindigkeit von bis zu 80 Schlägen pro Sekunde umherflitzend beobachte ich sie mit angehaltenem Atem und deren leuchtenden, glänzenden Farben, die im aufgehenden Sonnenlicht schimmern.
    Mein Blick schweift noch ein letztes Mal über die Baumkronen und das Grün, das ich so liebe, denn heute verlassen wir den Regenwald und tauchen in völlig neue Landschaften ein.
    Kurz vor der Rückkehr zur Lodge entdecken wir noch einen kleinen Aguti, der aussieht wie ein kleines Reh. Sie sind ganz liebe Tierchen und tragen zur Bewaldung bei, denn sie vergraben Samen, doch oft erinnern sie sich nicht an alle Orte, an denen sie Samen versteckt haben, wodurch diese keimen und zu neuen Pflanzen heranwachsen können. Erinnert mich irgendwie an Jay, der ständig etwas sucht, nur weder gedeiht etwas danach, noch profitieren wir davon. „Jay, siehst du? Selbst Tiere mit schlechtem Gedächtnis haben ihren Platz in der Welt“, rufe ich lachend aus.

    Als wir zurückkommen, bereiten die Damen bereits das Frühstück zu. Ich habe noch gar nicht viel über das Essen hier geschrieben, aber es ist köstlich, egal an welchem Ort.

    Sachen wieder zurück in unseren Rucksack, denn es kommt uns Charlie abholen. „Wer ist Charlie?“, fragt ihr euch sicher. Als ich aus dem Zimmer komme, höre ich ihn bereits laut lachen und sprechen. Ein großer, offensichtlich europäischer Abstammender um die 70, der mit großer Freude und Kraft meine Hand schüttelt und sich vorstellt.
    „Oh wow, das kann ja nur ultra lustig werden.“ Charlie holt uns ab, und wir fahren zu seiner Ranch „Pakaraima Mountain Inn“, wo wir zu Mittag essen werden, um dann weiter zur Karanambu Lodge in der Savanne zu fahren.
    Charlie hat uns mit einem alten, charmanten Land Rover abgeholt. „Ah, wie cool“, denke ich mir, als Charlie mit beiden Händen die hintere Tür hebend zu öffnen versucht. Der Wagen passt zu Charlie; wenn das Auto sprechen könnte, würde es vermutlich genauso viele lustige Geschichten und Witze erzählen wie sein Besitzer. Als wir losfahren und Charlie mal eine Atempause von seinen Erzählungen macht, denke ich darüber nach, was uns ab heute erwartet.
    Würden wir den majestätischen Jaguar erblicken, der durch das hohe Gras schleicht, oder den seltenen Riesenameisenbär, der mit seiner langen Zunge geschickt nach Ameisen sucht? Die Savanne verspricht eine Landschaft, die so anders ist als der dichte Dschungel, den wir bisher erkundet hatten – offene Ebenen, durchzogen von Flüssen, die Lebensadern für eine erstaunliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten sind. Ich kann es kaum erwarten. Es dauert nicht lange, die Landschaft wechselt dramatisch. Der dichte Dschungel weicht der weiten Landschaft. „Was für ein Kontrast!“, staune ich. Das Gras und die Büsche durchtrennt von der roten, staubigen Straße, der einzigen Hauptstraße in Guyana. Charlie erzählt uns viel von seinem Leben und beschreibt sich selbst als Teil der indigenen Bevölkerung, schließlich wurde er hier in Guyana geboren. Persönlich finde ich, hat er einen extrem großartigen Humor und Offenheit, so lustig!
    Die zweistündige Fahrt vergeht dadurch auch im Flug, als wir von weitem seine Ranch erblicken. In einem entlegenen Winkel der Pakaraima-Berge liegt das „Pakaraima Mountain Inn“, ein charmantes, familiengeführtes Gasthaus. Weit entfernt von der Zivilisation, umgeben von einer weitläufigen Savanne und grünen Hügeln, ist es ein idyllischer Ort, um durchzuatmen und eine Auszeit zu nehmen. „Es ist irre heiß in der Savanne“, denke ich, während mir die Schweißperlen den Rücken hinunterrinnen. Puh! 🥵 Fröhlich, wie Charlie ist, zeigt er uns sein Anwesen und präsentiert uns stolz seine verrückte Weihnachtsdekoration, die er sich zusammengesammelt hat, und zieht sich für das Foto seinen lustigen Hut an. 🤪🤪🤪🤪🤪
    Es duftet bereits herrlich nach exotischen Gewürzen, als Charlie uns zum Hinterhof führt und wir seine liebe Frau Veronica kennenlernen, die uns ebenso herzlich begrüßt. Während des Mittagessens genießen wir die köstlichen lokalen Speisen. Ich kann fast nicht glauben, wie lecker alles schmeckt. „Das ist das Paradies!“, denke ich, während ich ein Stück Ingwer-Hühnchen mit Banane herunterschlinge.
    Danach führt uns Charlie zu seinen Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Hügel. Eine wunderschöne Anlage voller guter Vibes. Er hat alles mit seinem Sohn Sebastian gebaut und entworfen. Es ist einfach so gemütlich, dass Jay sich in die Hängematte wirft und in der leisen Brise der Savanne ein Nickerchen macht.
    Diese Atmosphäre und positive Stimmung lässt einen völlig entspannen. Ich beobachte Kolibris und Eidechsen, die an diesem magischen Ort für die Siesta zu sehen sind. Doch es ist Zeit, zum Treffpunkt mit dem Team der Karanambu Lodge zu fahren, die uns abholen. Wie Jay das alles logistisch gemeistert hat, ist mir immernoch ein Rätsel.
    Wir verabschieden uns noch herzlich von den beiden Hausherren und werden am Treffpunkt von einem Minibus für die einstündige Fahrt abgeholt. Auf der Fahrt erzählt uns unser Guide Ken und der Eigentümer, dass diese trockene Staubige Savanne, nicht immer so aussieht, denn es verwandelt sich die Szenerie dramatisch mit dem Einsetzen der Regenzeit. Der Rupununi-Fluss, der normalerweise ein ruhiger Wasserweg ist, verwandelt sich in ein gewaltiges Gewässer. Während dieser Zeit steigt das Wasser unaufhaltsam an und überschwemmt die weite Savanne, oft bis zu einer Höhe von drei Metern. Dieses Naturschauspiel verwandelt das Land in ein riesiges Labyrinth aus temporären Wasserwegen, das nur noch mit dem Boot befahrbar ist. Für mich ist dieser Gedanke bei dem Anblick unvorstellbar.

    Auf dem Anwesen der Karanambu Lodge angekommen, werden wir direkt zu unserem kleinen Häuschen geführt. Auf den ersten Blick sieht es super aus. Ein großes Bett, hohe Decke mit Palmenblättern bedecktes Dach, und ein hmm... wie sage ich das... etwas unfertiges, feuchtes, rustikales Badezimmer. Das WC läuft, das Waschbecken hat dauerhafte Flecken, die Dusche, die mit einer Matte ausgelegt ist, lässt am Rand Spielraum für ungebetene Gäste, wenn ihr versteht, was ich meine. Die Fenster sind alle offen, ohne Fliegengitter, nur mit Holzlamellen, die nicht klappbar sind. 😮 Wow! So langsam verstehe ich das liebevoll gepackte Zimmerkästchen, in dem ein Insektenkiller für kriechende und fliegende Insekten aller Art, ein Anti-Mücken-Körperspray und eine gelbe Flüssigkeit nach Insektenstich zu finden sind. Ok, sie wissen wohl, warum sie das anbieten. An unserer Wand erfreue ich mich über zwei Freunde, nein, es sind diesmal keine Eidechsen, sondern zwei schlafende Fledermäuse. „Super“, denke ich, „die fressen zumindest alle Mücken auf.“
    Nach einer wirklich lieben Begrüßung von den Eigentümern und ihrem Sohn Dugo gehen wir bereits auf unsere erste Tour. Wir sind wieder die einzigen Touristen hier in der Lodge.
    Mit einem Boot fahren wir den Rupununi Fluss entlang, steigen aus, wandern durch hohes Gras, und dann glaube ich meinen Augen kaum! So etwas Wunderschönes habe ich auf dem Wasser noch nie gesehen! Sie fallen schon durch ihre riesigen und runden Blätter auf, die mit aufgestelltem Rand majestätisch auf der Wasseroberfläche schwimmen – Riesenseerosen der Gattung Victoria, nach der damaligen englischen Königin Victoria benannt.
    An ihnen ist einfach alles gigantisch: metergroße Blätter, die mehrere Kilogramm Tragkraft haben, und Blüten, so groß wie Wassermelonen. Wir lernen, dass die Blüten noch ein Geheimnis bergen: Sie wechseln ihre Farbe. Wir parken unser Boot mitten in den Seerosen und beobachten das spannende Geschehen der Wandlung. Die Blüte beginnt in den Abendstunden. Wir beobachten die schneeweiße, geschlossene Blüte vor uns, während sie sich mit der Dämmerung zum ersten Mal vor unseren Augen öffnet. Der gesamte See fängt an zu duften, denn sie verströmen dabei einen intensiven, fruchtigen Duft, der mich irgendwie an Ananas erinnert. Wir lernen von unserem Guide Ken, dass die Blüten mehrere Grad wärmer als die Umgebungstemperatur sind, denn die Riesenseerosen können ihre Blüten aktiv aufheizen. Wie praktisch, die Fähigkeiten hätt ich auch gern. Das ist das Zeichen für ein heißes Date mit eindeutiger Botschaft an bestäubende Blütenbesucher. Weiß heißt: Kommt her, Baby, ich bin zu haben! Die rosa Blüte, die sie nach der Bestäubung wird, bedeutet: Bleibt weg, das war's, kein Liebesakt mehr nötig, nimm nur meinen Blütenstaub. Wir genießen die unglaubliche Stille mit einem selbstgemachten, gekühlten Rum Punch, den Kens Tochter aus frischem Obst gemacht hat. Die Dunkelheit bricht ein, doch der gesamte See ist nun mit weißen Blüten verziert, die alle auf ihre Bestäubung warten.
    Auf unserem Weg sucht Ken noch nach Machtaktiven Lebewesen. In den tiefen, nebligen Gewässern des Rupununi Flusses, verborgen unter der Sternenklaren Nacht, lauerte ein geheimnisvolles Wesen. Es war ein Kaiman, nicht groß, aber geschickt und anmutig. Seine schuppige Haut schimmerte im schwachen Licht, er war auf der Jagd. Er bewegte sich lautlos durch das trübe Wasser, seine Augen glänzten wie Smaragde, die das geringe Licht einfingen. Sein Körper, eine perfekte Mischung aus Kraft und Eleganz, gleitete mühelos durch das Wasser, wobei nur seine Nasenlöcher und Augen über der Wasseroberfläche blieben – ein Meister der Tarnung. In einem plötzlichen, blitzschnellen Angriff schnappte er sich den Fisch, ein Beweis für seine bemerkenswerten Jagdfähigkeiten. 🐊
    Dannach zog sich zurück in die Tiefe, wo er sich in das kühle, dunkle Wasser schmiegte.

    Nach dem köstlichen Abendessen sehne ich mich nach einer Dusche. Das Wasser in den Lodges ist immer Brunnenwasser und ziemlich kalt. Aber das tut ehrlich gesagt bei der ständigen Hitze wirklich gut. Als wir unser Häuschen betreten, fühle ich mich wie beim Film „Das große Krabbeln“. Überall flitzt etwas von einer in die andere Ecke – 🪳 Kakerlaken. Überrascht bin ich nicht, es ist halt alles offen. Ich werde zur Kriegerin, bewaffnet mit Insektenkiller. „Agi Jones im Einsatz“, denke ich und muss trotz der Situation über mich selbst lachen. Wie bei einem spannenden Film schieße ich los. Im Inneren höre ich den Soundtrack von Indiana Jones, ähm, ich meine Agi Jones. Ich besprühe das ganze Bett, den Boden, Bettrand, das Bad. Es gibt kaum Tiere, die ich töte, außer 🪰 Fliegen, Ameisen 🐜, Mücken 🦟 und Kakerlaken 🪳, wenn sie sich in mein Zuhause wagen. Heldenhaft gehe ich unter die Dusche, wo eine riesige Spinne sitzt. „Hallo Spinne, bleib, wo du bist, Spinne“, sage ich freundlich zu ihr. Ich betrete vorsichtig unser Zimmer, halb erwartend, dass die Kakerlaken eine Gegenoffensive gestartet haben. Aber zum Glück scheint der Insektenkiller gewirkt zu haben. Die Fledermäuse sind bereits ausgeflogen und auf der Jagd nach ihrem Abendessen. Ich lege mich ins Bett, lausche den Geräuschen der Nacht und denke über die Ereignisse des Tages nach. „Was für ein unglaubliches Abenteuer“, denke ich und schließe die Augen. Gute Nacht. 😴
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