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  • Day 39

    Mit Kenterkahn auf stürmischem Ozean (1)

    September 12, 2019 in Indonesia ⋅ ☁️ 27 °C

    Nach einer Nacht in unserem diesmal komplett belegten 6-Mann-Dorm ging es am nächsten Tag wieder zu unseren Freunden in der Imigrasi (Ironie!!!). Wie bescheuert die Bürokratie hier ist, hatten wir ja schon erwähnt, aber dass die Imigrasi uns auch für 10 dämliche Fingerabdrücke und 1 Fotos Ewigkeiten warten lässt - obwohl wir die einzigen Leute waren - hätten wir auch nicht gedacht. Als motivierenden Abschluss sagte uns der Beamte dann noch, dass sie aktuell Probleme mit "der Connection nach Jakarta" hätten und es schon nochmal an die 3 Tage dauern könnte, bis wir das Visum abholen könnten. So buchten wir aus lauter Frust einfach die nächste Bootstour - diesmal ohne tauchen, was wir bitter bereuen sollten. Denn kein Tauchboot bedeutet auch, kein europäisch geführtes Boot. Was wiederum heißt: mit Tretboot in Seenot. Aber vorne angefangen: Wir buchten also eine 2Tages/1Nacht-Trekkingtour in den Nationalpark, weil es noch eine Insel gab, die wir uns unbedingt ansehen wollten: Padar. Die Insel ist berühmt für ihren grandiosen Ausblick über 3 unterschiedlich farbige Buchten und ihre lustige Form. Mit unserem Leichtgepäck von 25kg plus liefen wir am nächsten Tag zum Hafen und wurden von dem Männchen, bei dem wir die Tour gebucht hatten, empfangen. Anstatt uns immerhin ein Handgepäck anzunehmen, fuhr es breit grinsend neben uns auf seinem Roller her mit einem Paar Flossen in der Hand, die er für Jule mitgebracht hatte. Wir liefen im Schweiße unseres Angesichts nebenher und waren heil froh, als wir endlich die Hafenmole erreichten, wo unser Boot liegen sollte. Richtig: liegen SOLLTE. Tat es nämlich nicht. Mit immerhin ein bisschen schlechten Gewissen wies uns der Typ darauf hin, dass das Boot wohl am anderen Ende des Hafens läge. Jule hätte ihn am liebsten umgebracht. Also wieder zurück. Vorbei an großen Frachtschiffen und hupenden Autos im Rücken. Wir wussten ja, dass uns keine Popcorn-Maschine erwarten würde, aber als wir vor "unserem Boot" stoppten, waren wir schon ein wenig geschockt. Um das Deck schön sauber zu halten, war alles geflutet worden, sodass jeder Schritt einem Ruf "Benutz mich endlich!" an unsere Frakturschiene glich, dem wir aber natürlich nicht Folge leisten wollten. Es verwunderte uns auch nicht, dass das angepriesene Schlafdeck, ein 80cm hoch gespanntes Stoffsegel war und es 8 Matratzen für 35 Leute an Board gab. Unser Luxus-Liveaboard vermissend ergaben wir uns unserem Schicksal. Wie vorhin erwähnt, ist es nicht empfehlswert, Rinca bei Mittagshitze zu besteigen, wann lag also unser Boot vor Rinca? Richtig! 12:06 Uhr. Da Jule und ich ja 2 Tage vorher da gewesen waren und auf einen Sonnenbrand gut verzichten konnten, blieben wir an Board und versuchten, uns es auf unseren 4 Quadratmetern gemütlich zu machen. Nach etwa 2h kamen die anderen Touristen von der Rinca-Tour zurück und wir fuhren zum Pink Beach.
    Unser größtes Highlight war, trauriger Weise, ein asiatisches Pärchen, das freiwillig mit Schwimmweste schnorcheln ging, vorwärts mit Flossen ins Wasser watete und dabei fast auf die Nase fiel. Als ich dann auch noch eine Granny anflehen musste, sie solle nicht übers Riff trampeln, sondern hinter mir herschwimmen und aufhören die Korallen abzubrechen, war die Laune endgültig auf ihrem Tiefpunkt. Mit großen, unverständigen Augen stand sie vor mir, die beschlagende Maske auf der Nase und mit den Beinen in einer Weichkoralle stehend. Ja klar, würde mir auch weh tun! Aber hey, warte mal, deshalb geht man da nicht rein! Weil man weiß, dass es nesselt. Letztlich eskortierte ich sie zum Strand und regte mich zusammen mit Jule über die Inkompetenz von Touristen auf, die denken, nur weil man Geld für einen Trip bezahlt, kann man machen, was man will. Grr. Da werde ich echt wild! So eine Koralle wächst tausende Jahre und dann latscht irgendein Trottel mit seinem Badeschuh rauf?!
    Naja, immerhin etwas Positives: wir hatten eine Schildkröte ganz für uns alleine und konnten zuschauen, wie sie sich sattfraß.
    Zurück auf dem Boot ging das Grauen eines eigentlich Sterilium-abhängigen Studenten weiter: überall musste sich barfuß fortbewegt werden. Egal, ob Du übers Deck geschlittert, aufs Ekel-Klo gegangen bist oder auf der Matratze lag, ALLES. Nur weil wir uns unsere Füße bei jeder Gelegenheit abgewaschen haben, heißt das ja lange nicht, dass das die Anderen auch gemacht haben. Umkehrschluss: die Keime waren überall. Wenn man dann auf allen Vieren wieder übers Schlafdeck kroch, wollte man eigentlich gar nicht wissen, was jetzt alles so an einem klebte.
    Abends besuchten wir Komodo und jagten ein paar Warane. :P Spaß, die lagen wieder faul in ihren Sandgruben und beobachteten die Touristen, die eifrig Fotos schossen. Obwohl eher die Ranger diejenigen waren, die eifrig Fotos schossen, weil sie eine Methode entwickelt hatten, wie die Warane möglichst monströs im Vergleich zu den Touristen aussahen: einfach dahinter setzen und auf den Waran zoomen. Tatsächlich war unser Waran aber wirklich sehr groß mit seinen 3m und der blutigen Sabba, die noch an seinem Maul hing. Am Ende des Wanderweges wartete ein hübsches Restaurant auf Stelzen auf uns, vor dem eine Waran-Statur stand. "Jule mach mal ein Foto vor mir, wie ich auf der Statur sitze. Oh oh, die Statur bewegt sich ja!"
    Tja, manchmal sind Wirklichkeit und Abbild nicht leicht voneinander unterscheidbar. Zum Glück hatte ich mich ja noch nicht gesetzt. ;)
    Die Ranger nahmen ihre "Beschützfunktion" anscheinend auch nicht mehr so ernst, als Jule und ich auf dem Weg zum Boot zurück etwa 100m vor uns und 100m hinter uns einen Ranger hatten. Als letztes Goodbye lag direkt am Bootssteg einer der Warane und posierte für uns im Sonnenuntergang. Zurück auf dem Boot wurde sich wieder ums Abendbrot geprügelt und auf dem beschmatterten Teppich im Schneidersitz gegessen - Achja, noch gar nicht erwähnt, richtige Sitzmöglichkeiten gab es nicht, aber das sollte nun auch nicht mehr schocken. Was aber definitiv Schock-Potential hatte, war unsere Nacht. Gegen 3 Uhr gingen die Bootsmotoren an und wir fuhren mitten aufs Meer, obwohl wir, zumindest unseres Informationsstandes nach, in der Bucht ankern sollten. Die Wellen waren teilweise so stark, dass Jule und ich einfach nur noch hofften, nicht zu kentern. Genialer Weise war an genau dem Tag auch unsere indonesische Datenflat ausgelaufen, ohne dass wir damit gerechnet hatten, und wir hätten nicht mal unseren Muddis Bescheid sagen können, dass wir auf offener See treiben. Um immerhin ein paar Stunden auf dem Meer ausharren zu können, schnappten wir uns unsere Flossen und hakten die Tilli in unsere Bauchtasche ein. Jule konnte mich gerade noch so davon abhalten, die Flossen im Schlafsack anzuziehen. "Meinst Du, ich kann mich UND meinen Backpack über Wasser halten?", "Jule, wenn wir kentern, ist unser sinkende Backpack das kleinere Problem! Dieses Boot ist schneller auf'm Grund, als wir runter gesprungen sind!" Zum Glück schliefen wir direkt am Ende des Decks, wo wir tatsächlich schnell vom Boot hätten jumpen können. Mit mulmigen Gefühl versuchten wir irgendwie zu schlafen. Kaum 2h später streckte eines der Crew-Mitglieder seinen Kopf durch die Luke zum Schlafdeck und verkündete lauthals, dass wir nun zum Sunrise Trekking aufbrechen würden. Wie Sunrise? Wo sind wir überhaupt? Anscheinend hatte uns unser Männchen ziemlich schlecht über den Ablauf der Tour aufgeklärt. So oder so zogen wir uns unsere Wanderhosen an und machten uns auf dem Weg zum Dingi. Oh ja! Das Dingi! Das Dingi war eher ein Sinki als alles Andere! Es konnte exakt 4 Leute transportieren, dann soff es ab. Aber auch mit 4 Mann Besatzung guckte es gerade mal 5cm über der Wasseroberfläche hervor. Es verwundert also nicht, dass man nie trocken ankam. Auf jeden Fall schnappten wir uns mit als Erste eine Überfährt mit dem Sinki und standen dann auf einer Insel, die sich als unser heiß erwartetes Padar herausstellte. Völlig außer Atem von den Stufen zum Viewpoint, sahen wir die Sonne aufgehen. Zwischenzeitig dachte ich echt, Jule klappt mir ab. Wir hatten beide wenig getrunken und wie schon erwähnt, musste man auf diesem Boot um jedes Gramm Essen kämpfen. Ein bisschen enttäuscht, dass wir unsere hässlichen Wanderoutfits übergeworfen hatten, schossen wir trotzdem ein paar Fotos - schließlich ist man ja nur 1 Mal da. Unsere ursprüngliche Vorstellung, dort im Kleidchen zu stehen, war damit in Luft aufgegangen.
    Etwas übermüdet von der Horror-Nacht und dem frühen Aufstehen, legten wir zurück auf dem Boot erstmal ein Nickerchen ein. Gegen Mittag kamen wir am Manta Point an - einem berühmten Tauch- und Schnorchelspot. "Ochnee, nicht schon wieder Mantas", haut Jule raus, obwohl sie felsenfest behauptet, dass sich diese Aussage auf unsere Crew bezog, die den Mantas auf dem Sinki hinterherfahren sind und die Touristen genau dort abgesetzt haben, wo die Mantas gerade waren. Auf so einen Touri-Hunt hatten wir beide keine Lust und sind einfach vom Boot aus Schnorcheln gegangen. Die Crew hat das nicht so recht verstanden und ganz wild in der Luft gewedelt "Du schwimmst in die falsche Richtung! Die Mantas sind da!", woraufhin ich nur erwiderte "It's okay, I'm going to find my own Manta". Und tatsächlich: keine 5min später war ich von Zweien umgeben. Da das Riff am Manta Point auch nicht so unansehnlich war, verlängerten wir unseren Schnorchelgang und wunderten uns, warum das Boot immer kleiner wurde. Tja, die hatten wohl nicht geankert und trieben davon. Zum Glück war mit uns noch eine kanadische Familie im Wasser und spätestens an denen wäre aufgefallen, dass jemand fehlt. Irgendwann kam auch das Sinki angefahren und sammelte alle ein. Einen Vorteil hatte seine Tieflage im Wasser: man musste kaum Kraft aufwenden, um aufzuspringen und konnte einmal weniger "Save the whales" spielen. Als Jule aufgesprungen war, sagte der Sinki-Fahrer zu mir: "Sorry, we are full" und ich erwiderte scherzhaft "Okay, Goodbye then". Ich schaute nicht schlecht, als er dann einfach davon fuhr und Jule mir nur noch, genauso schockiert wie ich, zugewunken hat. Da war ich also: alleine auf offenem Meer. Flinke Flossen! Ich wollte zum Riff zurück. Durch's Tauchen wusste ich genau, was alles unter einem schwimmen konnte und darauf war ich nicht scharf. Nach einiger Zeit kam das Sinki zurück, die ich mir mit paranoiden Umschauen in alle Richtungen vertrieben hatte und gabelte mich auf.

    Der letzte Stopp der Tour war eine einsame Insel. Jule hatte die Nase voll vom Schnorcheln, ich nicht. Während sie sich am Strand bräunte, versuchte ich, ein paar Schildkröten ausfindig zu machen. Leider ohne Erfolg, aber das Riff war trotzdem wunderschön. Und mal ehrlich: alleine schnorcheln hat auch was. Man kann sich solange an einer Koralle aufhalten, wie man will und ein und denselben Fisch solange beobachten, wie man will. Ein Highlight waren natürlich wieder die Asiaten, die es sich diesmal nicht nehmen ließen, mit Badekappen und Kleidchen schnorcheln zu gehen. :D
    Fast froh, die Insel zu verlassen, weil dies bedeutete, dass die Tour ihr Ende nahm, sprangen wir aufs Boot auf. Und schwups: 3h später kamen wir wieder im wohl vertrauten Heimathafen an. Diesmal waren wir auch gar nicht traurig, dass der Trip schon vorbei war. ;)
    Nach der längsten Dusche des gesamten Urlaubs und dem Versuch, eine Laundry aufzusuchen, fielen wir kaputt in unsere Betten. By the way: Da mal wieder Stromausfall in Labuan Bajo war, konnten wir unsere kontaminierte Wäsche nicht einmal zur Laundry geben. :(

    Am nächsten Morgen ging es dann mal wieder zur Imirgrasi, denn die versprochenen 3 Tage waren nun ja um. Mit aller Ruhe kramte der Imigrasi-Typ in seinen Unterlagen. Ich führte schon einen Freudentanz auf, weil ein Aufschub von weiteren 3 Tagen für mich 2 Tage Tauchen bedeutete. Plötzlich zückte der Beamte 2 rote Akten und übergab uns die Reisepässe, neeeeeeeeeein!!! Jule strahlte, weil wir endlich unsere Reise fortsetzen konnten, ich wollte am liebsten weinen. Aber eigentlich hatten wir ja alles abgegrast, was nur ging: Wir hatten das Landesinnere kennengelernt, waren am Kelimutu, hatten ein Liveaboard und eine Todes-Trekkingtour gemacht. Eigentlich war es Zeit zu gehen, wenn man hier nicht so genial tauchen könnte. ;)

    Der nächste Tag wurde genutzt, um Pläne für die Weiterreise zu schmieden. Von Sulawesi, Borneo über Philippinen war alles dabei. Letztendlich entschieden wir uns aber aufgrund des Flugpreises und der Nähe zu Bali, von wo aus wir definitiv in 2 Wochen Richtung Sumatra starten mussten, um unsere Eltern abzuholen, für Lombok. Da war es also: unser letzter Abend in Labuan Bajo. Ich muss zugeben, dass wir uns schon ein bisschen heimisch gefühlt haben in unserem Hostel. Wir kamen ja gefühlt alle 3 Tage wieder, wenn einer unserer Ausflüge vorbei war. Insgesamt haben wir bestimmt 5 oder 6 Mal eingecheckt. Und wie wir am Anfang völlig planlos gestartet waren, so konnten wir nun den Neuankömlingen die Insider verraten und zu Kontakten verhelfen. Abends feierten wir unsere Zeit auf Flores in einer Bar, in der Livemusik gespielt wurde und schauten uns ein letztes Mal die Hafenlichter bei Nacht an.

    Denn dann ging es auch schon per Turboprop nach Lombok. Und was wir da alles erlebt haben, darf Jule Euch berichten, denn ich sitze seit 4 Tagen an diesem Eintrag und bin heilfroh, dass Jule jetzt mal wieder ran muss. :P
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