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  • Day 69

    Bitterkalt

    March 10, 2018 in Argentina ⋅ ☁️ 7 °C

    Solingen liegt auf dem 51. Breitengrad Nord. Unser heutiger Zielort Ushuaia auf dem 54. Breitengrad Süd. Man kann an diesen Koordinaten ermessen, wie wenig Kraft die Sonne hier noch hat, um uns zu wärmen. Erneut hat es gefroren. Und Motorradfahren bei 0 Grad ist - wollen wir es einfach einmal offen ansprechen - kein reines Vergnügen.

    Aber andere hätten mehr Grund zur Klage: Julienne und Hervé auf ihrem Zweipersonenrad mit Sattel und Sitz müssen Kälte und Wind mit reiner Muskelkraft trotzen. Sie sind in Bogota gestartet, seit 12 Monaten unterwegs und kommen mit 500 Euro im Monat aus. Wenn kein günstiges Quartier verfügbar wäre, dann würde man im Zelt übernachten. In Ushuaia sei dann Schluß. Bevor es aber wieder in die Heimat nach Frankreich ginge, wolle man noch eben den Camino nach Santiago de Compostela radeln. Und all das sei noch gar nichts: sie wären einem Asiaten begegnet, der von Feuerland nach Alaska joggen wolle, in zwei bis drei Jahren. Gemessen an diesen Ausdauersportlern, von denen es hier einige gibt, sind wir Worldtour-Biker lächerliche Weicheier. Allerdings: Ist es nicht auch sehr langweilig, stundenlang durch die Pampa zu radeln oder laufen?

    Auch das Motorradpärchen aus Kolumbien ist bewundernswert. Sie haben nahezu die gleiche Strecke zurückgelegt wie wir, allerdings zu zweit auf einer 150 ccm Maschine, mit abenteuerlich verzurrtem Gepäck.

    Nach 420 km kommen wir unterkühlt in Ushuaia an, trotzdem wird für das Gruppenfoto tapfer gelächelt. Morgen noch ein paar km, und wir sind am "Ende der Welt". Es kommt in der Gruppe eine Stimmung der Erleichterung und des wohligen "we made it" auf, denn nun liegt nur noch eine vergleichsweise kleine Rückreisestrecke nach Punta Arenas vor uns. Von dort werden die Bikes dann zurück nach Hamburg verschifft.

    Eine abschließende Beobachtung: Der Falkland-Krieg ist hier, wo wir diesen im Grunde unbedeutenden und unwirtlichen Inseln näher kommen, noch äußerst präsent. Argentinien verlor 1982 die Auseinandersetzung mit England um die Malvinas, aber Straßenschilder und ein Denkmal in Ushuaia zeugen davon, dass man den Krieg weder vergessen hat noch als endgültig verloren ansieht. 649 Tote auf argentinischer Seite, 258 gefallenen Soldaten auf britischer Seite ... wie sinnlos war das denn?
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