• Übernachtung in der Wildnis

    10 de janeiro de 2020, Quênia ⋅ ☀️ 24 °C

    Es ist dunkel, einen kurzen Augenblick brauche ich um mich zu orientieren. Hier und da raschelt es, über mir leuchtet der Sternenhimmel, das Lagerfeuer ist schon recht weit runtergebrannt. Der Geruch von ausgekochten Innereien steigt mir in die Nase, irgendwie zerstört das den sonst sehr besonderen Moment. Ein Luftzug lässt das Feuer etwas heller aufglimmen und auf der anderen Seite der Feuerstelle sehe ich zwei Massai-Krieger. Wie ich ein paar Stunden später feststellen werde, ist diese Nachtwache auch dringend notwendig gewesen. Auf dem Rückweg zum Camp werden wir nämlich Spuren von Hyänen und Büffeln sehen. Ein Zebra und ein Hase haben wohl auch vorbei geschaut.

    Nun aber von Anfang an wie es dazu kam, dass ich mit den Massai in den Wald gezogen bin, als Teilzeit-Vegetarier eine Ziege geschlachtet habe und nach einem faszinierenden Abend am Lagerfeuer unter freiem Himmel auf einem Bett aus Blättern übernachtet habe.

    Um Punkt 3 Uhr geht es los zur vielleicht spannendsten Erfahrung hier im Maji Moto Maasai Cultural Camp. Im Daypack verstaut sind ein paar warme Sachen für die Nacht, ein bisschen Trinkwasser und die Zahnbürsten. Bei bestem Wetter ziehen wir mit 3 jungen Massai los. Quer durch Felder und Wiesen, vorbei an Ameisenbär-Höhlen, Termiten-Hügeln und Kakteen-Hainen laufen wir knapp eine Stunde. Und plötzlich sind wir da. Um eine Feuerstelle gruppiert sind zehn „Outdoor-Betten“. Damit sind keine Luftmatratzen oder Feldbetten gemeint sondern eine sehr massaianisch anmutende Konstruktion aus Stöckern, Ästen und einem herrlich weichen Laubbett.

    Nach und nach kommen weitere Krieger dazu. Während wir auf konventioneller Art und Weise Feuer machen, kommt ein Mitglied des Ältesten-Rates der Massai dazu. Ein Mann, der trotz seines etwas gebrechlich wirkenden Erscheinungsbildes eine Autorität ausstrahlt. Der Ältesten-Rat der Massai musste vorher zustimmen damit wir heute Nacht hier übernachten dürfen.

    Heute zum Abendessen gibt es Ziege. Also eine komplette Ziege. Und das Tier wird grade am Strick von zwei Massai hergebracht. Keine 10 Minuten später ist das Tier tot. Ganz ohne Kehle aufschneiden, spritzendem Blut oder sonstigen Horror-Szenarien. Die Massai nennen die Methode „den friedlichen Tod“. Und so wirkte es auch. Wir helfen beim Fell abziehen, beim zerlegen, beim vorbereiten für die Zubereitung. Erstaunlich, ich hatte vorher noch gedacht, dass mich das schlachten ein wenig aus der Bahn wirft.

    Über dem Feuer brutzelt das Fleisch, es wird langsam dunkel. Ein weiterer aus dem Ältesten-Rat ist dazu gekommen. Wir fühlen uns extrem geehrt mit diesen beiden hochrangigen Würdenträgern heute den Abend verbringen zu können. Es wird geredet, gelacht, gegessen, wir haben fast Vollmond und es ist richtig hell über dem Blätterdach.

    Unbezahlbar ist das Erlebnis mit den Massai zu singen, um das Feuer zu tanzen, zu trinken gibt es ein selbstgebrautes Getränk. Dieses Getränk gibt es nur zu ganz besonderen Anlässen und bei den Inhaltsstoffen haben wir lieber nicht so genau zugehört. Den Abend schließen die Massai mit einer Art Gebet, einem Ritual in dem sie nacheinander in alle vier Himmelsrichtungen Frieden aussprechen, ihren Gott um Bewahrung von Krankheit, Angriffen und Leid bitten. Wir merken, dass hier das Touristen-Programm schon lange aufgehört hat. Was hier passiert ist keine Show sondern ernst gemeint. Spürbar ist der tiefe Wunsch nach Frieden.

    Kaum liege ich auf meinem Laubbett bin ich auch schon eingeschlafen. So viele Erlebnisse, so viele außergewöhnliche Eindrücke. Vom hell über mir leuchtenden Hinmelszelt bekomme ich nichts mehr mit.
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