• Verloren im Nirgendwo

    December 30, 2021 in Guadeloupe ⋅ ⛅ 26 °C

    Eine Anleitung wie man sich in Gefahr begibt:

    - Lade dir eine renommierte und kostenpflichtige App für Wanderrouten herunter
    - Wähle eine ansprechende Route aus
    - Verlasse dich auf den durch die App vorgegebenen Pfad
    - Den Weg nicht mehr zu sehen ist kein Warnzeichen („da vorne gehts bestimmt gleich weiter...“)
    - Laufe immer weiter („Off-Road sind 200 Meter nur ein Katzensprung“)

    All diese Regeln haben wir liebevoll berücksichtigt... und im Anschluss Komoot von unseren Handys verbannt. Selten haben wir uns so derbe in die Irre führen lassen. Wir hatten bereits Odysseen auf Bananenplantagen, ausweglose Situationen in den Souks von Marrakesh und Beinahe-Kollisionen mit Wildschweinrotten in der Toscana. Dieses Erlebnis hat aber alles bisherige in den Schatten gestellt.

    Erst war der Weg noch gut ausgebaut. Das Wetter war gut, immer wieder kam eine salzige Brise vom Meer herüber geweht. Doch dann verschwand der Weg Stück für Stück unter hohem Gras. Die Koordinaten in der App zeigten aber an, dass wir goldrichtig waren. Welch ein Trugschluss, wie wie später schmerzlich feststellen mussten. Stutzig werden lassen sollen hätte uns die Quasi-Sackgasse, in der wir irgendwann gelandet waren. Und dann machten wir den größten Fehler. Wir gingen einfach weiter, hinein ins Unterholz. Immer weiter hinein. Dornen kratzen uns die Arme und Beine blutig, Lianen versuchten uns immer wieder aufzuhalten. Aufrecht gehen war nicht mehr möglich. Zwischen Ästen, Stöckern und Sträuchern zwängten wir uns hindurch. Laut App sollten es nur noch 200 Meter bis zur ursprünglichen Route sein. Unser Training bei den Maasai half uns nur begrenzt weiter. Uns fehlte einfach der Speer und die Machete. Meter für Meter kämpften wir uns vorwärts. Und dann waren wir auf dem Weg. Zumindest laut App hätte dort der Weg sein sollen. Stattdessen war rings herum grünes, erbarmungsloses Dickicht so weit das Auge reichte. Zurück zum Ort, der wie eine Sackgasse aussah: keine Chance. Unsere Exit-Strategie: weiter durchkämpfen bis zum Küsten-Wanderweg. Wir hörten das Meer schon. So nah und doch so fern. Laut Peilung waren es noch etwa 100 Meter. Nach anstrengenden 45 weiteren Minuten kamen wir dann endlich auf dem Küsten-Wanderweg an. Welch eine Freude!

    Gelernt haben wir:
    - Wenn es nicht mehr nach Weg aussieht, werde wachsam
    - Auch renommierte Apps können Schrott anzeigen
    - Im Zweifel komplett abbrechen und den ganzen Weg zurück gehen
    - Abstecher oder „Verbindungen“ durchs Unterholz sind keine Option

    Der Weg hätte aber auch schöne Momente. So konnten wir mehrere Krebse im Schneckenhaus beobachten, die quer durch den Wald spaziert sind. Ein Video davon gibts hier im Footprint.
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