• Dünkirchen ⛴ Dover

    June 19, 2022 in France ⋅ ☁️ 15 °C

    Die wohl bekannteste Fährstecke geht von Calais nach Dover. Keine 40 Kilometer von Calais entfernt liegt Dünkirchen. Ein ähnlich kleines, verschlafenes Nest am äußersten Zipfel von Frankreich. Auch von dort fahren Fähren nach Dover. Ob man nun die eine oder die andere Strecke nimmt: zeitlich macht es keinen Unterschied. Wir haben uns im Februar für Dünkichen entschieden weil dort die Konditionen besser waren.

    Für uns ist es das erste mal, dass wir selbst eine Autofähre nutzen (die Priwall-Fähre in Travemünde mal außen vor gelassen) . All zu gut erinnere ich mich daran wie ich Anfang des Jahres eine Autofahrerin dabei beobachtet habe, wie sie auf einer der Karibik-Inseln versuchte mit ihrem Auto auf ein Schiff zu kommen. Das war ein Schauspiel für sich. Mit Anlauf und Vollgas, dann mit durchdrehenden Reifen auf der Rampe und schließlich mit 3 Hafenarbeitern, die das Auto angeschoben haben, konnte die tapfere Frau ihr Auto auf die Fähre bringen. Ob uns so etwas heute auch erwartet? Lassen wir uns überraschen.

    Am Check-In für die Fähre klappt alles reibungslos. Weil wir so früh sind, gibt’s auch keine lange Autoschlange vor uns. Schnell findet die Dame unsere Buchung im System und kann unser Spiegel-Anhänger ausdrucken. Vom Check-In geht’s dann weiter erst zur französischen, dann zur britischen Grenzkontrolle. Kofferraum auf, Kofferraum zu, zwei kurze Fragen beantworten und schon geht es weiter. Etwas stutzig macht uns, dass das alles so reibungslos läuft. Aber was soll’s: freuen wir uns doch lieber drüber. Nach den Kontrollen landen wir auf einer riesigen Parkfläche, auf der die Aufruf-Spuren eingezeichnet sind. Auf unserem Spiegel-Anhänger steht in großen Zahlen eine Zweiundzwanzig. Also ab zur Spur, die mit einer 22 markiert ist. Wir sind die ersten in unserer Spur. Ab jetzt sind es noch 1,5 Stunden bis zur Abfahrt.

    Lego-Modelle, Whisky, Wein und Toblerone: der Duty-Free-Shop im Wartebereich hat echt gute Angebote. Einen wirklichen Bedarf haben wir aber nicht also gehen wir nach dem kurzen Abstecher wieder zurück zum Auto. Dort verdrücken wir die letzten Würstchen aus dem Reiseproviant (Einfuhr von Fleischprodukten nach England ist keine gute Idee…) bevor es dann mit dem Boarding losgeht. Reihe für Reihe wird herangewunken und kaum hab ich mich versehen, stehe ich auch schon mit dem Auto im Bauch der Fähre. Okay, der Fairness halber muss ich zugeben, dass die Voraussetzungen bei mir etwas anders waren als bei der Frau, der ich im Januar dabei zugesehen habe wie sie ihren Renault Clio in diesen Insel-Hopper in der Karibik bugsierte. Für die Zukunft weiß ich: ich sollte mir weniger sorgen vor eventuellen Problemen machen und einfach darauf vertrauen, dass es schon irgendwie klappen wird.

    Zwei Stunden dauert die Überfahrt. Trotz Wellengang liegt unsere Fähre ruhig im Wasser. Meter für Meter arbeitet sich der Stahlkoloss immer weiter in Richtung England. Uns fallen die leichten Schwankungen vom Schiff nicht auf, den Alarmanlagen der Autos ein paar Decks unter uns allerdings schon. Immer wieder hört man das Hupen und Jaulen von Auto-Sirenen. Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Ist ja nicht so als ob nicht jeder vorher drauf hingewiesen wurde seine dämliche Alarmanlage auszuschalten. Wir lassen uns davon aber nicht stören sondern schauen durch die meterhohe Panorama-Glaswand dem Treiben der Wellen zu.

    Und dann entdecken wir sie: die Kreidefelsen von Dover. Erst klein am Horizont, dann schnell größer werdend, sehen wir wie wir uns auf unser Ziel zubewegen. Geschickt manövriert der Kapitän die Fähre rückwärts an das Dock während eine körperlose, blecherne Stimme aus den Lautsprechern schallt und die Passagiere dazu auffordert zu ihren Autos zu gehen. Das soll’s also schon gewesen sein? So entspannt und unkompliziert habe ich mir das alles nicht vorgestellt.

    Flott kommen wir die Rampe von der Fähre heruntergefahren, werden am Ausgang des Hafens noch einmal kurz von einer Grenz-Beamtin gefragt wo unsere Reise denn hin geht und schon finden wir uns auf den Straßen von England wieder. Linksverkehr. Die erste Feuerprobe lässt nicht lange auf sich warten: einer der berüchtigten Kreisverkehre. Auch hier merken wir: nicht zu viele Sorgen machen - irgendwie klappt’s schon. Die letzten 30 Minuten bis zu unserer Unterkunft geht’s erst in der Dämmerung, dann in Dunkelheit über unbekannte Straßen. Nicht unbekannt ist uns aber das Auto. Das ist ein großer Vorteil. So sind wir trotz der fremden Verhältnisse in gewisser Weise doch in unserer eigenen, bekannten Welt.
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