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  • Day 40

    Seichte Lagunen & verzweifelte Flamingos

    February 10, 2020 in Bolivia ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Unterschied ist augenfällig: Bei der chilenischen Grenze müssen wir alle einzeln antraben und unsere Pässe zeigen, während unser Guide unsere Pässe im Kollektiv zur Migrationskontrolle von Bolivien mitnimmt und nach kurzer Zeit abgestempelt wieder zurückbringt. Wir befinden uns an der chilenisch-bolivianischen Grenze in der Nähe des Paso de Jama, es ist kurz vor 8 Uhr und wir sind in unser Abenteuer «Salar de Uyuni» gestartet. Kurz nach 6 Uhr wurden wir in unserer Unterkunft abgeholt und dann zur Grenze gefahren. Dort mussten wir eine halbe Stunde warten, bis der chilenische Grenzposten aufging. Auf der bolivianischen Seite angekommen, wird uns ein feudales Frühstück im Freien aufgetischt, dem wir dankend zusprechen. Anschliessend machen wir Bekanntschaft mit unserem Guide Remy – es ist wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Remy ist ein witziger Bolivianer, der uns bestens unterhält. Ein Müsterchen: Zu Beginn fragt er, wer Vegetarier ist und gibt an, selber auch Vegetarier zu sein. Am zweiten Tag der Tour gibt er zu, auch Poulet zu essen. Am dritten Tag isst er dann auch Lamafleisch und sagt, dass er eben ein «Vegetariano plus» sei und demzufolge auch jegliches Fleisch isst.

    Ab der bolivianischen Grenze fahren wir in einem SUV weiter. Unsere grossen Rucksäcke werden aufs Dach des Jeeps gepackt und mit einer Plastikblache geschützt. Mit uns auf der Tour sind vier Franzosen, die etwas jünger sind als wir und mit denen wir uns rasch anfreunden. Der erste Halt ist die Zahlstelle für den Nationalpark auf bolivianischer Seite. Dort fällt uns bereits auf, was wir während unserer Reise in Bolivien häufiger antreffen: Für die Benutzung der WCs muss bezahlt werden und Toilettenpapier ist nicht immer inklusive. Das erklärt auch, weshalb einige Bolivianer mit WC-Rollen in der Hosentasche herumlaufen. Auch der Hygiene-Standard ist tiefer, weshalb wir froh um unser Fläschchen mit Desinfektionsmittel sind. Doch zurück zu unserer Tour: Remy fährt mit uns zu einem herrlichen Bergsee, der Laguna Blanca. Obwohl die Lagune mit 50cm nicht allzu tief ist, bietet sie doch zahlreichen Tieren eine Heimat. Am besten gefallen uns die vielen Flamingos, die sich auf der Lagune tummeln. Während die Laguna Blanca ein wichtiger Lebensraum für Tiere ist, bietet sich bei der fast angrenzenden Laguna Verde eine andere Situation. Diese Lagune weist einen hohen Gehalt an Mineralien auf und enthält viel Arsen und Blei. Als Folge davon ist der See zu toxisch und es leben keine Tiere dort. Erstaunt beobachten wir, dass dennoch ein Flamingo über das Wasser der Lagune fliegt. Wir fragen Remy, was davon zu halten sei und er meint lapidar: «Der Vogel hat Liebeskummer und begeht wahrscheinlich Suizid.» Wir sind nicht ganz sicher, wie ernst er den Satz meint. Fakt ist aber: Flamingos sind höchst monogame Tiere und sterben in der Tat kurz nach dem Verlust des Partners oder der Partnerin.

    Weiter geht es durch die Desierto Salvador Dalí. Ihren Namen verdankt diese Steinwüste tatsächlich dem spanischen Surrealisten, da er einige Bilder gemalt hat, die ihr ähneln. Fun fact: Dalí wusste zu Lebzeiten nichts von der Existenz «seiner» Wüste. Wir sind beeindruckt von der faszinierenden Landschaft und auch der Weite, die sich auf über 4'000 Metern entfaltet. Beeindruckt sind wir auch, wie stilsicher unser Fahrer und Guide Remy den Weg findet. Von Strasse zu sprechen wäre nämlich bereits übertrieben. Das Gerüttel des Jeeps trägt aber zur Experience bei. Beim nächsten Halt können wir uns etwas davon erholen, wir gehen nämlich baden. Die Termas de Polques sind 37° Celsius warm und helfen uns, den Wüstenstaub abzuspülen. Wir dürfen aber nicht länger als 15 Minuten im Pool sitzen, da die Höhe und die Schwefeldämpfe sonst zu Bewusstlosigkeit führen könnten. Hungrig und gespannt auf das erste Mittagessen in Bolivien setzen wir uns danach ins nahe gelegene Restaurant. Und wie sind wir überrascht, als uns ein reichhaltiges und schmackhaftes Essen serviert wird. Es gibt Gemüse, Omelette für die Vegetarier, Fleisch, Früchte – alles in bester Qualität und super lecker zubereitet. So kann es weitergehen!

    Die nächste Station ist das Gebiet der «Morgensonne» oder Sol de Mañana. In diesem riesigen Krater mit über einem Kilometer Durchmesser herrscht rege vulkanische Aktivität: Geysire und Fumarolen spucken Dampf aus und die bolivianische Regierung hat ein grosses Geothermie-Projekt initiiert, um die Energie der Erdwärme zu nutzen. Wir befinden uns auf dem höchsten Punkt unserer Tour und stolz zeigt uns Remy, dass die App auf seinem Handy 4'960 Meter über Meer anzeigt. Irgendwie passt es dann auch, dass es plötzlich zu schneien beginnt. Der Schneefall hält aber nicht lange an und der Spuk ist nach fünf Minuten wieder vorüber. Auf der Weiterfahrt können wir die spannende Fauna der Anden beobachten und erspähen Lamas und Vicuñas oder auch eine äusserst seltene Andenkatze, von denen es nur noch 2'500 Tiere gibt. Als nächstes kommen wir an der Laguna Colorada an – und die hält, was ihr Name verspricht: Durch den aufkommenden Wind verändert sie ihre Farbe und wird von einem Azurblau plötzlich rötlich. Dieses Schauspiel ist auf die Mikroorganismen im Wasser zurückzuführen und wir haben grosses Glück, dass wir alle Farbspektren der Lagune zu sehen bekommen. Soweit das Auge reicht sehen wir Flamingos, darunter viele Jungtiere. Sie suchen im seichten Wasser nach Plankton und geben dabei lustige Geräusche von sich. Mit diesen Eindrücken kommen wir am späteren Nachmittag in Peña Barrosa an, wo wir auch die Nacht verbringen werden. Es ist ein kleines Dorf, bedrohlich nahe liegt der Vulkan xxxxx. Laut Remy hat die Regierung von Evo Morales im kleinen Dorf viel bewirkt. Seit wenigen Jahren gibt es Strom und fliessendes Wasser, eine Schule für jedes Alter und einen überdachten Sportplatz.

    Wir haben etwas Zeit zum Erholen, was auch nötig ist: Roseline spürt die Anstrengung und die Höhe und bekommt heftige Kopfschmerzen. Unser Guide Remy weiss aber Rat und serviert ihr einen stark riechenden Mate de Coca, der auch noch Epazote (mexikanischer Drüsengänsefuß) enthält. Derart gestärkt schlafen wir trotz der Höhe einigermassen gut und stehen anderntags um 7 Uhr bereit für die Weiterfahrt. Auch den Franzosen hat die Höhe zugesetzt, vor allem Anaïs, welche auch noch an Asthma leidet und kaum ein Auge zu tun konnte. Trotz allem freuen wir uns sehr auf die Weiterfahrt. Heute werden wir die Salar de Uyuni erreichen. Zunächst geht es aber über Schotterpisten weiter, im Radio läuft traditionelle Musik der bolivianischen Anden. Wir erreichen imposante Gesteinsformationen, unter anderem die Copa del Mundo. Die Steine sehen aus wie ein Fussballpokal, weshalb die Formation diesen Namen trägt. Auf der Weiterfahrt begegnen wir auch einem steinernen Kamel und zwei sich küssenden Menschen aus Stein. Danach geht es zu einem kleinen Dorf, oder eher einer Ansammlung von wenigen Häusern. Wir spazieren zu einer kleinen Oase mitten in dieser Einöde. Hier hat es saftig grüne Wiesen, auf denen Lamas weiden und einen grossen Weiher mit diversen Wasservögeln. Wir geniessen die Ruhe und die Sonne. Danach gibt es im Dorf wiederum ein leckeres Zmittag bestehend aus einer Art Kartoffelgratin, frittiertem Blumenkohl, Fleisch und Reis. Die Strasse führt weiter abwärts Richtung Salzwüste, vorbei an vielen Quinoafeldern. Remy führt uns zur Schlucht de Anaconda. Zum Glück liegt der Name nicht daran, dass es dort besonders viele Schlangen gibt, sondern am schlangenförmigen Fluss, der durch die Schlucht führt.

    Nun geht es nicht mehr allzu lange bis wir in Uyuni sind. Auf der Ebene kommen wir schnell vorwärts. Nur manchmal muss Remy abrupt bremsen, um einem Lama, einem Alpaka oder gar einem Strauss auszuweichen. In Uyuni lädt uns Remy bei einem kleinen Laden aus, wo wir Kaktus-, Quinoa- und Coca-Bier kaufen können. Danach geht es nach Colchani, wo sich unser Hotel aus Salz befindet. Die Wände sind aus Salz, ebenso wie die Tische, die Stühle und das Bett. Es bleibt aber noch nicht viel Zeit, unser Nachtlager zu bestaunen. Denn nun fahren wir für den Sonnenuntergang in die Salzwüste.
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