• Karakol

    24 agosto, Kyrgyzstan ⋅ ☁️ 15 °C

    Karakol ist mehr als nur ein Sprungbrett für Wanderungen in der Region. Durch seine Lage im östlichsten Teil Kirgisistans, nahe der chinesischen Grenze, ist es auch ein kultureller Schmelztiegel. Direkt nach unserer Ankunft besuchten wir die Moschee der Dunganen in Karakol. Die Dunganen sind Hui-Chinesen, die China verlassen haben und heute in Zentralasien leben. In Kirgisistan gibt es ca. 75.000 Menschen dieser Volksgruppe muslimischen Glaubens.

    Die Moschee sieht mit ihrem geschwungenen Dach eher wie ein chinesischer Tempel aus. Aber der Schein trügt: Im Inneren ist es eine Moschee mit Mihrab und Minbar und auch der Halbmond auf dem Minarett zeigt die Glaubensrichtung deutlich an. Später während unseres Aufenthaltes in Karakol aßen wir in einem dunganischen Familienrestaurant zu Abend. Die Zubereitung der Speisen ist stark an die chinesische Küche angelehnt und es wird Reis (kein Fladenbrot) serviert.

    Jeden Sonntag, egal ob heißer Sommer oder kalter Winter, findet in Karakol der Viehmarkt statt. Hier kaufen und verkaufen die Kirgisen Tiere oder es wird der Festtagsbraten für die nächste Familienfeier erworben – lebendig, versteht sich. Außerdem werden auf dem Markt auch Dienstleistungen rund um die Tiere angeboten, z. B. konnte man dort sein Pferd beschlagen lassen. Nicht zuletzt ist der Markt ein Treffpunkt für die Leute der Region, um sich zu unterhalten, zu fachsimpeln und Neuigkeiten auszutauschen.

    Der Markt beginnt früh – sehr früh. So früh, dass einige Besucher vielleicht gar nicht zu Bett gegangen waren: Um 2 Uhr morgens geht's los! Wir kamen geringfügig später, nämlich um 8:30 Uhr, und der Markt war noch in vollem Gange. Es gab Areale für Rinder, Schafe und Pferde auf einem großen Gelände. Vielleicht wurden bzw. werden auch einige der Tiere, die wir am Tag zuvor im Djuuku-Tal gesehen hatten, auf diesem Markt ge- oder verkauft. Als grobe Richtschnur kostete ein Schaf umgerechnet ca. 250 Euro, ein Rind ca. 750 Euro, ein Pferd 1000–1200 Euro, ein kleiner Esel allerdings nur etwa 30 Euro.

    Wer schon einmal den bekannten Viehmarkt in Otavalo (Ecuador) besucht oder im Fernsehen gesehen hat, kann sich den Markt in Karakol so ähnlich vorstellen, nur deutlich größer und mit überdachten Bereichen. Es wurde klar, daß es sich um Nutztiere handelte, teils ging es recht robust zur Sache. Manche Tiere waren zu mager, anderen hätte etwas Pflege gutgetan. Jedoch muß man sich vor Augen führen, daß die Pferde, Kühe und Schafe auf den Bergweiden ein gutes und artgerechtes Leben genießen dürfen, vor allem im Vergleich zur industriellen Produktion von Milch und Fleisch in der heimischen Massentierhaltung.

    Nach dem Markt besuchten wir die aus Holz erbaute russisch-orthodoxe Heilige-Dreifaltigkeitskirche. Gerade war der Sonntagsgottesdienst im Gange, er dauert mehrere Stunden. Es gibt keine Bestuhlung in der Kirche und die meisten Menschen kommen und gehen, um eine gewisse Zeit dabei zu sein. So fielen wir nicht allzu sehr auf.

    Als wir die Kirche besuchten, wurden gerade einige Kinder gesegnet. Der Ablauf erinnerte an eine Taufe, d.h. den Kindern wurde Wasser auf den Kopf geträufelt. Trotzdem war es vermutlich keine eigentliche Taufe, dafür war der Ablauf zu informell. Familien standen mit ihren Kindern in einer kurzen Schlange. Nachdem die Kinder die Prozedur tapfer über sich hatten ergehen lassen, bekamen einige von ihren Großeltern Süßigkeiten zugesteckt. Es erklangen choralartige Gesänge und die Stimmung war sehr andächtig.
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