Satellite
Show on map
  • Day 20

    Zeit totschlagen und Fähre

    August 6, 2023 in France ⋅ 🌬 23 °C

    6:12 Uhr: Aufgewacht. Das wird ein interessanter Tag, denn heute gilt es ganz viel Zeit totzuschlagen.
    Es fängt schon mit der Zeit an, bis ich aus dem Studio muss (10:30 Uhr). Ich hatte gehofft, länger zu schlafen.

    Der Pool macht erst um 10:00 Uhr auf und außerdem ist unglaublich stürmisches Wetter mit Orkan-Böen.
    Auch später lockt es mich nicht in Mittelmeer. Es ist zwar sonnig bei 24°C, so dass ich mir einen Platz im Schatten suche, aber dadurch ist mir auch nicht so warm, dass es mir nach einer Erfrischung in mir ist.

    Alle 45 Minuten suche ich mir einen neuen Platz, damit es etwas abwechslungsreicher ist. Bestimmt 30 Minuten unterhalte ich mich mit einem jungen niederländischen Pärchen, die gerade im ersten Berufsjahr nach dem Studium sind.

    Dann kommt die Nachricht, dass die Fähre sich um knapp 2 Stunden verspätet. Mein grundsätzliches Konzept steht ja, es muss nur etwas erweitert werden also weitere Plätze müssen gefunden werden, wo ich die Zeit absitze, schreibe, Leute angucke und lese.

    16:30: Wir legen ab. Angekündigt war (verspätet) 15:45 Uhr. Aber wir sollen Nizza trotzdem um 23:00 Uhr erreichen. Vom Hafen sind es nochmals 30min zu meinem Hotel. So spät war ich seit drei Wochen nicht mehr im Bett.

    Aufgrund der schlechten Wetterbedingungen ist das Vorderschiff zu meiden, heißt es. Das ist der Ort, wo jede Menge Leute mit Kotztüten rumliegen. Wobei ich das Konzept der Papiertüten nicht verstehe, da diese doch platzen, sobald man sie fallen lässt – so zumindest gesehen.

    Hier im Mittelschiff knarzt es gewaltig und natürlich merkt man auch, wie dass Schiff sich hebt und senkt und auch seitlich schaukelt. Aber ganz vorne hat es schon etwas von einem Fahrgeschäft auf einem Kirmes – so heftig ist das Gefühl von Schwerelosigkeit, wenn das Schiff nach unten kracht.

    In meinem Bereich ist es auffallend ruhig – ich bin mir nicht sicher, ob dies nur dem spannenden Radrennen geschuldet ist.

    Im Fernsehen ist das Radprogramm beendet. Stattdessen läuft jetzt eine Tanz- und Gesangswettbewerb – anscheinend sehr albern und vor allem im krassen Kontrast zur Szenerie um mich herum – die eher der nach einem Giftgasangriff gleicht: überall Leute die vornübergebeugt auf den Tischen oder auf dem Boden verstreut liegen. Ein Bild des Jammers. Immerhin gibt's keine Aufschreie, wenn der Bug wieder herabfällt.
    Ca. 30-40% macht das ganze nichts aus und die beobachten das Geschehen eher amüsiert.

    Jetzt ist es erst 19:00 Uhr und sowohl mein 0,5l IPA als auch mein 0,375l Rotwein ist alle. Ich hoffe, dass ich trotz schwerer See Nachschub bekomme.

    19:10 Uhr: Das Schiff schüttelt sich nach wie vor gewaltig. Zum Glück hat man irgendwie mehr vertrauen in solch eine Fähre (Baujahr 1986🫤) als in ein Flugzeug. 🤔🙄

    Auch schön, es gibt ein "all you can eat" Buffet – "All you can keep" wäre besser. Immer wieder kommt der professionelle Naßsauger zum Einsatz.

    Und ein Kind schreit (immer – nein, es war die ganze Zeit Stille).

    Etwas näher an der Festlandküste wird es endlich ruhiger – oder hat man sich daran gewöhnt? – auf jeden Fall öffnet das Selbstbedienungsrestaurant und die Leute stehen Schlange für extrem teure Pommes. Ich habe mein Picknick selbst mitgebracht und staune nur über den Preis vom korsischen Bier Pietra – es ist mit 5,50€ noch einmal 0,50€ teurer als auf den Refuges!

    Die sieben Stunden der Überfahrt sind ja nur ein Teil des Tages, dessen Zeit es totzuschlagen gilt. Von 6:00 bis 23:00 Uhr – nur mit einem Buch bewaffnet: "Mein Name sei Gantenbein" – auch nicht das geeigneste, um nicht verrückt zu werden. Aber wenn man den Tag sorgsam in Stücke zerteilt, bekommt man solch einen Tag auch herum. Um 22:00 Uhr, also in 38 Minuten, werde ich mir noch ein zweites Bier gönnen. Und dann legen wir ja auch schon bald an, in 60 Minuten.

    Das zweite Bier habe ich gar nicht mehr gebraucht. Dann, auf einmal war Land in Sicht, und damit gab es wieder Empfang, und ich konnte mir die Zeit so vertreiben.

    Um 22:50 Uhr durften wir Fuß Passagiere schon vom Schiff. Um kurz nach 23:00 Uhr habe ich das Hotel erreicht. Leider meinte der nette Nachtportier, dass man hier in der Gegend zu dieser Zeit kein Bier mehr bekomme. So ging ein interessanter Tag zu Ende.
    Read more