• Auf der Via Baltica nach Estland

    28.–29. Juni in Estland ⋅ ☁️ 17 °C

    Der Wind bläst heute sehr stürmisch, wir verlassen unseren Übernachtungsplatz direkt am Meer früher als geplant. Die Wellen donnern mit dicken Schaumkronen auf den Strand. Von daher fällt auch unsere Strandwanderung zu den roten Klippen und dem Leuchtturm von Kumrack aus.
    Wir cruisen weiter nach Norden auf der Via Baltica, der A1, die uns schnurgerade nach Estland bringt. Auf der Strecke sind sehr viele Wohnmobile unterwegs. Ich bin gespannt wie sich diese weiße Armada in dem kleinen Land wohl verteilt. Wir landen in dem kleinen Städtchen Sindi mit einer interessanten Stadtentwicklung.

    Am Ufer des Flusses Pärnu finden wir einen schönen Platz. Hier ist alles neu gestaltet, eine üppige Blumenwiese erfreut das Auge. Wir sind ganz alleine, später kommt noch ein kleines Wohnmobil aus Tschechien dazu. Ein Rundgang am Ufer entlang bringt uns zu den in 2020 neu angelegten Stromschnellen des Flusses. Auf den Schautafeln ist zu lesen, dass hier vorher eine Talsperre war. Nach dem Abriss wurden Fischlaichgebiete eingerichtet und der Fluss Pärnu für die Fischwanderung geöffnet. Die Stromschnellen sind einzigartig im Baltikum und ideal für Paddling, Rafting und mehr. Hier ist auch der Start und Zielpunkt für Wasserwanderungen. Eine Besonderheit sind die variable Strömung und der große Höhenunterschied.
    Unser Weg führt weiter vorbei an dem riesigen, verfallenen Gelände einer ehemals erfolgreichen Tuchfabrik, die den Leuten im Ort Arbeit und Wohlstand brachte. In dem kleinen Museum um die Ecke gibt es die Geschichte dazu.
    Der Ort Sindi wurde 1833 als Arbeitersiedlung einer Tuchfabrik gegründet. Diese war von dem deutsch-baltischen Geschäftsmann Johann Christoph Wöhrmann errichtet worden. Sie entwickelte sich erfolgreich, es kamen andere Fabriken hinzu, Sindi wurde an das Eisenbahnnetz angeschlossen und bekam sogar die Stadtrechte. Sindi sollte auch einen neuen, estnischen Namen erhalten. Dazu ist es wegen der sowjetischen Besetzung Estlands 1940 nicht mehr gekommen.
    1993 wurde die Tuchfabrik für bankrott erklärt und Sindi wurde eingemeindet.
    Dem Gründer, der die Stadt reich gemacht hatte, wurde eine Straße gewidmet, mit einer langen Baumallee versehen. Einige Arbeiterhäuser sind restauriert worden und säumen die kleine Straße. Das große Fabrikgelände liegt verlassen da, ein trauriger Anblick.
    Wir kaufen im örtlichen Supermarkt ein und lassen uns am Fluss Pärnu mitten in der Blumenwiese unser Abendessen schmecken. Die Geschichte des Ortes hat uns bewegt.
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