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  • Day 202

    Tag 202: Tongariro NP

    August 22, 2017 in New Zealand ⋅ ☀️ 6 °C

    Am Tag 2 haben wir eine grandiose Wanderung zum Fuße des Tongariro unternommen. Auf dem Weg dorthin haben wir, Dank des schönem Wetters, einen Blick auf die schneebedeckte Spitze des Mount Taranaki an der Westküste der Nordinsel erhaschen können. Doch der Anblick des majestätischen Tongariro bleibt unübertroffen und die Liebeslegende der Maõri, welche die Geschichte der Vulkane erzählt, lässt die Landschaft noch lebendiger und beeindruckender erscheinen:

    Vor langer Zeit waren noch alle grossen Berge der Nordinsel einträchtig im Zentrum versammelt: Tongariro,westlich davon Taranaki – wo heute die runden Tama-Seen zu finden sind – ebenso Tauhara und Putauaki, letzterer Mt. Edgecumbe von uns genannt – an der Stelle des jetzigen Rotaira-Sees. Bis auf eine Ausnahme waren die Berggötter alle Männer und grosse Krieger, kraftvoll standen sie da mit schneebedeckten Gipfeln und feurigen Herzen. Nur Pihanga war eine Frau von betörender Schönheit. Dieser letzte, sanftgerundete Gipfel der Kakaramea-Bergkette war in reichgefärbte Waldgewänder eingekleidet. Sie wurde von allen anderen wegen ihrer Schönheit verehrt und zur Ehefrau begehrt. Die Berge reckten ihre Gipfel in den goldenen Himmel und schmückten sich mit Wolken, um sie für sich zu gewinnen. Die entfachte Leidenschaft führte schliesslich zu kämpferischen Auseinandersetzungen um Pihangas Gunst. Zuerst war es lange still, denn die Berge sammelten Kraft in ihren Bäuchen. Nach einigen Tagen brach mit gewaltigem Donner das Feuer hervor, und mit diesen Waffen überschütteten sie das Land mit glühenden Steinen. Die Erde bebte viele Tage unter diesem Kampf, aus dem letztlich Tongariro als Sieger hervorging. So wurde er oberster Herr des Landes und stolzer Ehemann der lieblichen Pihanga. Er erhielt das höchste tapu; die Augen von Neugeborenen richten sich nach ihm und die Verstorbenen erschauen ihn in seiner ganzen Grösse auf ihrem Weg zum Versammlungsort der Seelen. Tongariro zwang nun seine Rivalen, fortzuziehen. So diskutierten die Unterlegenen, wohin sie aufbrechen sollten: „Pihanga gehört zu Tongariro, also sollten wir uns trennen“. Tauhara und Putauaki entschieden sich sofort, „zu der See, die zur aufgehenden Sonne schaut“ zu gehen. Während sie sich Richtung Nordosten orientierten, folgte Taranaki der Richtung des Sonnenuntergangs. So trennten sie sich, lösten ihre Wurzeln und wanderten weit hinweg. Voller Schmerz sagten sie weinend Lebewohl zu Pihanga, die nun Tongariros Frau war.

    Die Berge reisten die ganze Nacht hindurch. Es war eine magische Pilgerfahrt in den Stunden der Dunkelheit, die einzige Zeit, in der Zauberwesen und Berge umherziehen können. Taranaki zog schnell und verbittert nach Westen und erreicht vor Sonnenaufgang die Küste. Dort steht er majestätisch und blickt oft zurück zu seiner Verehrten. Hüllt sich sein Gipfel in Wolken und fallen Regentropfen, so seien dies die Tränen eines Liebenden. Putauaki und Tauhara zogen gleichzeitig nach Nordosten, dem Morgenrot entgegen. Am Südende der Kaingaroa-Ebene, nach 160 Km Wanderung, kam Putauaki zur Ruhe und ist heute ein heiliger Berg der Ngati-Awas. Tauhara war der langsamste der unterlegenen Werber. Er zog zögerlich von dannen und blieb viele Male stehen, um sich nach seiner verlorenen Liebe umzuschauen. So schaffte er es bis Sonnenaufgang nur auf die andere Seite des Taupo-Sees, über den er für immer sehnsuchtsvoll auf die reizende Pihanga blickt. Die alten Standorte der Berge markieren heute einige Seen. Auf ihren Wegen hinterliessen die Berge ebenfalls markante Spuren. So schürfte Taranaki eine tiefe Wunde in die Landschaft, die heute der Whanganui-Fluss füllt.
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