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  • Day 153

    Il castello incantato

    January 29 in Italy ⋅ ☀️ 15 °C

    Von Porto Empedocle geht es durch abwechslungsreiche und wieder etwas hügeligere Landschaft westwärts, u.a. durch das ausgedehnte Orangen-Anbaugebiet von Ribeira. Schön, dass man am Strassenrand die schmackhaften Orangen gleich kistenweise (5 Euro) erstehen kann; morgen gibt's wieder frischen Orangensaft, mmmh.

    Am Orsteingang von Scaccia stoßen wir wieder mal auf ein anfänglich unscheinbares Highlight. Das "castello incantato" (das verwunschene/verzauberte Schloss) ist ein "art-brut-Gesamtkunstwerk", ein faszinierendes Zeugnis eines beharrlichen (besessenen?) Lebens.

    Filippo Bentivegna (1888 bis 1967) wurde in Sciacca in eine sehr arme Großfamilie hinein geboren, konnte keine Schulen besuchen und verdingte sich deshalb früh in der Navy. Danach arbeitslos, versuchte er sein Glück in Amerika. Ob der rüden Bedingungen, der Unterdrückung und des erlebten Rassismus krank geworden, kehrte er schließlich enttäuscht in die Heimat zurück. Hier lebte er künftig alleine und zurückgezogen ("il pazzo, der Spinner") auf einem kleinen Bauernhof, wo er sich mit unermüdlicher Schaffenskraft eine eigene Welt schuf - und förmlich auch grub.

    Aus vorgefundenen und ausgegrabenen Steinbrocken gestaltete er unzählige naive Gesichter, die nach und nach das ganze Areal bevölkerten. Von den 20'000 schlichten Steinfiguren wurden viele nach seinem Tod geplündert.
    Mittlerweile hat der Staat das Gelände aufgekauft, einfühlsam hergerichtet und noch 3000 dieser Köpfe ausgestellt. Der Olivenhain, das Amphitheater, die von Hand gegrabenen Höhlen können besichtigt werden.

    Einzelne Objekte von Filippo Bentivegna seien im Museum für Outsiderkunst und Art-Brut in Lausanne ausgestellt. Diese besondere Atmosphäre am ursprünglichen Wirkungsort lässt sich aber definitiv nicht verschiffen. Ich empfinde Hochachtung vor soviel Hingabe.
    Wahrscheinlich drückt da meine "deformation professionelle" durch; solche Art Ver-rückt-heit hat jedenfalls Originalität und ist mir grundsätzlich sympathischer als langweiliger Zwang zur Normalität.
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