• Lektion in marokkanischer Gelassenheit

    Feb 8–11 in Morocco ⋅ 🌙 14 °C

    "Denn erstens kommt es anders,
    und zweitens als man denkt."
    (Wenn's nicht von Wilhelm Busch ist, dann erfinde ich dieses Sprichwort halt selbst, weil's gerade passt.)

    Gedacht war, dass ich mich heute von Zaïd verabschiede und nach N'Kob weiterfahre. Doch nach 200m, unmittelbar vorm Einschwenken auf die Hauptstraße, geht plötzlich nichts mehr: Kraftabfall und der Motor stirbt ab. Keine Zündung mehr möglich. Nach dem Check von Sicherungen, Batterie, Luftfilter etc muss der Mechaniker kommen - und später noch der Diagnostiker. Also erstmal drei Stunden warten. Dann kommt der Eine und 1 Std später auch der Diagnostiker. Das Problem finden die beiden aber schließlich von blossem Auge:

    Generatorriemen gerissen. Und wie sich herausstellt, hat sich dieser arg verhaspelt, auch den Keilriemen beschädigt und in der Folge seien auch irgendwelche "Zähne" abgebrochen. Die Mechaniker liegen unterm - notdürftig aufgebockten - Auto, und kommen schliesslich zum Schluss, dass der Pannendienst kommen muss. Morgen (Sonntag), in der Garage, wird alles repariert. Kein Problem, kommt schon gut.

    Allein schon den gelassenen und zuversichtlichen Handwerkern zuzuhören und zuzusehen ist ein Lehrstück in Lebenskunst.
    (Ich mache mich derweil auf dem Gelände nützlich und sammle zwei grosse Säcke Müll ein.)

    Nach angemessener Wartezeit kommt der Abschleppdienst. Ich habe meine Zweifel, aber nichts da, es wird angehängt und aufgefahren .... bis auch den drei Marokkanern klar ist, dass der Pritschenwagen schlicht und einfach zu kurz ist für mein 6.36m Gefährt.

    Ok, wieder runter von der Pritsche und kurzes Abschleppen zurück an jenen Platz vor dem Museum, an dem ich die letzten drei Nächte gestanden hatte. Makenmushkil - macht nix - dann kommt der Mechaniker halt morgen mit allem Werkzeug auf den Platz und montiert die ganze Chose. Kommt schon gut.😉

    Ich trinke mit Zaïd ein wohlverdientes Feierabend-Bier und lasse den abenteuerlichen Tag Revue passieren. Ob am Ende all dies geschehen musste, weil die Maus einfach mal richtig Action erleben wollte?😜

    SONNTAGMORGEN. Der freundliche Mechaniker des Vertrauens (von Zaïd) ist da. Ich fühle mich gut umsorgt, aber die Geschichte geht weiter: mittlerweile ist der Zylinderkopf (frz "culasse") geöffnet, acht der sechzehn Zylinderkopf-Finger (frz "doigts de culasse") seien gebrochen. Generatorriemen (frz "courroie d'alternateur") und Keilriemen (frz "courroie") wären zwar an Lager, aber die Finger müssen bestellt werden und kommen erst am Dienstag, inshallah. C'est la vie. (Dafür ist inzwischen ein weiterer Abfallsack gefüllt. Und heute Abend krieg ich vielleicht ne Dusche bei Zaïd und seiner Familie.)
    Schönen Sonntag allseits. 🌞🤗

    SONNTAG-SPÄTNACHMITTAG: Zu dritt (der Mech, sein Kollege mit klapprigem Auto und ich mit dem Geldbeutel) unterwegs nach Tinghrir. Ein Ersatzteilladen hat die beiden Riemen und ein Hinterhof-Händler hat einen baugleichen alten Ducato-Motor, aus dem der Mech die nötigen Ventilteile gleich selbst ausbaut. Unterwegs noch ein Mittagshalt bei einer Tankstelle und ehrliche Gespräche. Beeindruckend und herausfordernd gleichermaßen.

    Zurück beim Bus: Ich gebe mir alle Mühe, meine "confiance" zu mobilisieren, während Monsieur Lahbib gelassen seiner "experience" vertraut. Eine Stunde später und kurz vor Sonnenuntergang ist der Zylinderkopf mit all seinen Ventilen wieder aufgesetzt. Morgen um 9Uhr wird dann noch der Rest montiert, inshallah.😉🥱

    MONTAGABEND: Pünktlich um 9 startet der Mechaniker wieder an seinem Freiluft-Arbeitsplatz, nach kurzem Kaffee bei mir. Das Ganze zieht sich aber dann doch noch in die Länge. Wie sich herausstellt, hat sich in der gestrigen Eile beim Aufsetzen des Zylinderkopfs ein Ventil verschoben. Also nochmals öffnen und ganz sorgfältig aufsetzen.

    Ich bin derweil mit Müll sammeln und Musizieren beschäftigt. Doch dann zahlt die Geduld sich aus: am frühen Abend kann ich die Probefahrt machen und siehe da, der Motor läuft wie am Schnürchen. Fantastisch, wie er diese gefühlt tausend Teile wieder zu einem funktionierenden Ganzen zusammen puzzeln konnte. Nun rutscht mir doch eine ordentliche Geröll-Ladung vom Herzen. Umso mehr als Monsieur Lahbib, der Mechaniker einen Preis nennt, der trotz grosszügigem Trinkgeld noch mindestens viermal günstiger ist als in der Schweiz.

    Also, sollte jemand im Raum Erfoud - Tinjedad mal Bedarf nach einem äusserst kompetenten, hilfsbereiten und freundlichen Mechaniker haben, so hätte ich die unbedingte Empfehlung.
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