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  • Day 148

    Am Kap des Trübsals

    June 28, 2019 in Australia ⋅ ⛅ 23 °C

    1770 lief Kapitän James Cook mit seinem Schiff auf ein Riff an der nördlichen Spitze Australiens auf, was beinahe zum Untergang führte. Er notierte in sein Logbuch: „I name this point Cape Tribulation (Kap des Trübsals), cause this is where all my troubles began.“ Und weil er grad schon so richtig in Stimmung war, setzte er mit dem Berg des Kummers (Mount Sorrow) noch einen drauf. Eine Frohnatur, dieser Cook.

    Trotz des verheißungsvollen Namens steuere ich mit meinem kleinen Campervan von Cairns die Küste entlang Richtung Norden zu besagtem Kap. Dort treffen der Regenwald und das Great Barrier Reef aufeinander. Die Straße führt mitten durch den Regenwald, sie ist teilweise so kurvig wie in den Alpen und hinter mir in den Schränken scheppert jedes Mal das Geschirr, wenn ich in die Kurve fahre. Ich freue mich über meine wiedergewonnene Freiheit. Couchsurfing spart zwar Geld, aber man ist halt doch immer Gast bei jemandem und auf dessen Wohlwollen angewiesen. Auch dadurch, dass ich nicht mobil war, war ich immer auf meine Mitbewohnerin angewiesen.

    Ich habe gemerkt, dass es mir nicht ganz so gut ging in Cairns. Dieses Abhängen, nur so in den Tag hinein leben ist irgendwann unbefriedigend und zog mich runter. Ich habe ehrlich gesagt auch die Hoffnung bzw. Erwartung aufgeben, hier auf andere Reisende zu treffen, mit denen ich was anfangen oder mich zusammen tun kann. Australien ist unbestritten das Backpackerland schlechthin. Es wimmelt hier nur so von ihnen. Aber: der Großteil hat kürzlich die Schule abgeschlossen und gönnt sich nun das mittlerweile fast schon als Muss angesehene „Gap Year“. Ist also in einer Altersspanne sagen wir mal 18-22. Ich fühle mich hier wirklich alt... und ich gehöre da nicht mehr zu. Ich habe keine Berührungspunkte mit diesen Reisenden und kann keine Verbindungen knüpfen. Ich fühle mich immer ein wenig abseits. Dass ich meist die Älteste bin, bin ich ja mittlerweile fast schon gewöhnt. Und in Kapstadt habe ich mich ja auch trotz des Altersunterschieds super mit den Leuten verstanden.

    Ich frage mich schon, wieso das so anders ist hier. Meine Theorie dazu ist folgende: Australien mit seiner fast schon zu perfekten Infrastruktur serviert Reisenden alles auf dem Silbertablett. Das Land ist komplett auf Backpacker eingestellt. Und Die Aussies sind noch verliebter in Regeln, Verbote und Kontrolle als wir Deutschen! Das macht es einerseits zu einem der sichersten Länder, ist auf der anderen Seite fast schon lächerlich und manchmal sogar langweilig. In der Konsequenz ist es aber ein super einfaches Reiseland, und somit attraktiv für Schulabgänger jeglichen Reifegrads (und das beziehe ich jetzt auf den persönlichen und nicht auf den Schulabschluss).
    Ganz anders Südafrika. Dort funktioniert so gut wie gar nix. In Öffentlichen Verkehrsmitteln ist nur eines sicher: du verlässt sie um einiges leichter als du eingestiegen bist. Wenn überhaupt. Dort gibt es Armut, Townships, Kriminalität, als Weißer ist man per se ein potenzielles Ziel. Ich glaube, wer dieses Land als Reiseziel auswählt, hat schon einiges mehr an Reife. Ganz ehrlich, mit 18 wär ich ja auch nie auf die Idee gekommen, allein nach Afrika zu reisen! Jedenfalls ist das so mein Gedanke dazu, warum ich Australien und Südafrika so unterschiedlich erlebe.

    Mit reicht es hier jetzt auch. Ich bin nicht wirklich glücklich hier. Vielleicht habe ich dieses Land in meiner Vorstellung zu sehr idealisiert, zu hohe Erwartungen gehabt. Aber dieses Gefühl von „hier bin ich richtig und hier will ich sein“ hat sich viel zu selten eingestellt. Ich habe gestern ein Interview für einen Workaway Job gehabt, an einem ganz anderen Flecken der Welt. Ich würde mich feuen, wenn das klappt. Ich berichte...

    Und um das Thema Campervan nun noch abzuschließen - ich habe die Tage genossen. Das Campen, das frei sein, die Spontaneität und die Flexibilität. Leider gilt jedoch immernoch: egal, wohin und wie weit ich reise, mein emotionales Gepäck schleppe ich weiter mit mir herum.
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