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  • Day 119

    Zwischen Hochhäusern, Gärten und Dünen

    April 26, 2019 in Chile ⋅ 🌙 13 °C

    Der Sand steht zentimeterhoch in meinen Schuhen als ich mich wieder die steilen Sandberge hinaufkämpfe. Der Sand ist butterweich, ich versinke bei jedem Schritt, fast wie in Pulverschnee. Und trotzdem bin ich kläglich gescheitert, mit einer improvisierten Rutschmatte (in Wirklichkeit eine Plastikschale), den Hang hinunterzudüsen. Ob es an der Reibung des Sandes oder doch an der nicht ganz optimalen Aerodynamik meines Turbo-Gefährtes liegt, kann ich schwer sagen, aber trotz des steilen Hanges bleibe ich etwa jeden Meter im Sand stecken und komme nur mit Händen und Füßen vorwärts. Meine Versuche sehen dabei wahrscheinlich extrem lächerlich aus. Immerhin hat Susi was zu lachen, die mich ermutigend von hinten anfeuert. Enttäuschend, aber auf diese Weise bleibt mehr Gelegenheit, die beeindruckenden Sanddünen der „Dunes de Cocon“ zu bestaunen. Nördlich von Vina Del Mar erheben sich diese hohen Dünen einige Kilometer weit zwischen Hochhäusern und der Küste des pazifischen Ozeans. Feiner Sand soweit das Auge reicht, der dazu verlockt, wieder Kind zu sein. Ich hüpfe die Dünen hinab, schmeiße mich in den Sand und lasse mich einfach auf die weichen angenehm warmen Hänge fallen. Dabei immer den fantastischen Blick auf die Küste von Vina Del Mar und Valparaiso. Obwohl die Dünen relativ gut und schnell mit dem Bus erreichbar sind, ist es hier angenehm ruhig und leer. Bis zum Sonnenaufgang verteilen sich nur noch wenige andere (hauptsächlich junge Pärchen, die den Sonnenuntergang genießen möchten) in den weiten Dünen. Von Massentourismus fehlt hier jede Spur. Vielleicht haben wir aber auch einfach Glück, dass die Hauptsaison schon lange vorbei ist und die Tage spürbar kühler werden. Wie auch immer, die Dünen sind eine echte Oase der Ruhe und wir verbringen hier den gesamten Nachmittag als würdigen Abschluss unseres Aufenthaltes in Vina Del Mar.

    Unsere Woche in Vina Del Mar neigt sich dem Ende und damit bereits die zweite Woche meines Spanischkurses. Während ich am Vormittag stets in der Schule büffele, kann Susi die Zeit für sich genießen und den Tag ganz entspannt angehen lassen. Wir haben mit unserer Unterkunft eine gute Wahl getroffen, ein Appartment in einem großen neuen Appartment-Hochhaus. Modern, hell und sauber und sehr zentral gelegen. Einziger Wermutstropfen ist mal wieder der Krach aus der Umgebung, denn den lauten Verkehr von der anliegenden vielbefahrenen Hauptstraße hört man doch deutlich, auch wenn wir uns im 10. Stockwerk befinden. Was soll’s, das sind wir ja von Santiago inzwischen schon gewohnt und die Nächte schlafen wir trotzdem ganz gut durch. Neu sind allerdings die vielen kleinen Erdbeben, die mich nachts immer mal wieder wachrütteln. Komisches Gefühl, aber wie mir die Chilenen beigebracht haben, wird in Chile jede Erschütterung unterhalb von Skala 7 gar nicht als Erdbeben gewertet. Erst darüber verdient es den Namen „Terremoto“. Vina del Mar ist spürbar entspannter als Santiago, ein beliebter chilenischer Urlaubsort mit vielen Grünflächen und Parks, Kneipen, Restaurants Cafés und natürlich einigen schönen Stränden, an denen man wunderbar nach Feierabend entspannen und „abhängen“ kann. Zudem bekommt man den Herbst hier nicht mehr nur am kühleren Klima zu spüren, sondern auch an den sich buntverfärbenden Blättern der vielen Bäume zu sehen. Ein Stück weit erinnert die Szenerie an einen schönen sonnigen Herbsttag in Deutschland und lässt uns für einen Moment auch wieder an unsere schöne Heimat zurückdenken, in der jetzt wohl gerade erst die ersten Blüten des Frühlings zu sprießen beginnen. Die Herbststimmung wird natürlich gebührend von uns genutzt und wir machen einen kleinen obligatorischen Ausflug in den gefühlt 247ten botanischen Garten unserer Reise 😂 Zu unserer Verteidigung muss jedoch gesagt werden, dass der Ausflug diesmal von meiner Schule organisiert wurde und als kleines i-Tüpfelchen noch ein schönes BBQ im Garten veranstaltet wurde. Lecker chilenische Bratwurstbrötchen 🙂 (die aber leider nicht ganz an das gute deutsche Original heranreichen).

    Ansonsten verbringen wir die Woche relativ entspannt: an den beiden kühlen Regentagen machen wir es uns in unserem Apartment gemütlich und schauen seid langem mal wieder etwas mehr Fernsehen (aber natürlich auf Spanisch 🙂), ich lerne wie man Sopapillas macht (eine Art frittiertes Kürbisgebäck, anscheinend der chilenische Klassiker für Regentage), wir machen ein ausgiebiges Picknick am langen Sandstrand, Susi stattet am Vormittag dem lokalen Fischmarkt einen Besuch ab (und kann das Spektakel beobachten, wie fette Seelöwen gierig die Fischreste verschlingen) und ich komme in das Vergnügen, meinen ersten „Terremoto“ zu verkosten (gar nicht mal so schlecht und Susi hält mich fürsorglich davon ab, die 1 Liter Kanne vollständig zu leeren 😊).

    Wir haben durchaus eine schöne Woche in Vina Del Mar, merken aber auch, dass die zwei Wochen „Großstadtleben“ uns erstmal wieder reichen. Wirsing wohl doch Naturburschen und freuen uns wieder auf Ruhe, Natur und beeindruckende Landschaften. Es wird Zeit für uns weiterzureisen. Wir fahren in die Wüste. Atacamaz, wir kommen...
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