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  • Day 148

    Love Story Cartagena

    May 25, 2019 in Colombia ⋅ 🌧 28 °C

    Cartagena, ich bin verliebt, auf den ersten Blick. Ich habe Dir in die Augen geschaut und es hat nur Minuten gedauert, bis mich Dein Pfeil mitten ins Herz getroffen hat. Als ich Dir an meinem ersten Abend begegnet bin, hatte ich die feste Absicht, nur schnell einen kleinen Happen zu essen und wieder ins Bett zu verschwinden, doch Du hast mich gepackt und eingeladen, den Abend ausgiebig mit Dir und Deinen Einwohnern zu verbringen. Auf Deinen Straßen ist bis spät abends Musik, Leben und Temperament, aus Deinen Restaurants strömen appetitanregende Düfte und Deine Bars locken für wenig Geld mit kalten fruchtigen Cocktails und Cerveza. Du bist südamerikanisches karibisches Feeling pur, Deine Bewohner sind fröhlich und strahlen, sie haben Rhythmus im Blut, lachen und tanzen gerne, sei es auf der Straße oder in einer der ursprünglichen Salsa-Bars, in denen jung und alt zusammenkommen. Du bist ein guter Mix aus weithergereisten Touristen und ursprünglichen kolumbianischen Einheimischen.

    Cartagena, ich liebe es wie Du Dich kleidest. So geschmackvoll und farbenfroh hüllst Du Dich in Dein koloniales Sommerkleid. Du schmückst Dich mit süßen kleinen Balkonen, herrschaftlichen Haustüren und mit bunten Blumen, über Deine kleinen Gassen wandeln hübsche exotische und graziöse Frauen in farbigen Gewändern, altertümliche Pferdekutschen und Karren mit fruchtigem Obst und Säften kreuzen Deine Wege. Ich liebe Deine kreative Ader, Deine vielen Künstler und Deine außergewöhnlichen Wandgemälde an jeder Straßenecke. Du bist eine einzige durchgehende Beauty-Fotostrecke. Kein Wunder, dass Dich die UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt hat. Und es könnte wohl kaum einen geeigneteren Ort als Dich geben, um in Deinem Schoß jedes Jahr die schönste Frau Kolumbiens zu krönen.

    Du bist heiß, Cartagena, damit muss man umgehen können, wenn Deine Luft bereits am frühen Vormittag zu kochen beginnt und nachts nur unmerklich abkühlt, und wenn sich Dein feuchter Atem rund um die Uhr auf meine Haut legt. Zum Glück hast Du mir eine sehr schöne Unterkunft mit einer gut funktionierenden Klimaanlage und einem kleinen Jacuzzi auf der Dachterrasse zum Abkühlen bereitgestellt, in der ich mich immer wieder nach unseren warmen Begegnungen erfrischen kann.

    Ich hatte nun einige Tage Dich näher kennenzulernen. Deine Schönheit und Reize stehen außer Frage. Aber bei genauerem Hinsehen hast Du auch Deine Schönheitsmakel. Dass ich im Minutentakt den vielen Zigarrenverkäufern, Getränkehändlern, Hutverkäufern und Touristenagenturen ausweichen muss, dass sich die Ausrufe „Ey, mi amigo, where are you from?“ bereits hundertfach in mein Gehör eingebrannt haben und dass ich an einigen Plätzen jeden Abend zur gleichen Zeit die exakt gleichen künstlerischen Darbietungen gegen einen kleinen Obulus vorgeführt bekomme, kann zwar manchmal anstrengend werden, aber das verzeihe ich Dir. Schließlich möchten Deine Einwohner auch ein wenig an den Besucherströmen und am Wohlstand Cartagenas teilhaben. Aber muss es wirklich sein, dass mir nahezu alle Verkäufer „unter der Ladentheke“ dubiose Angebote für Hasch, Kokain und sonstige Drogen machen? Muss es wirklich sein, dass sich junge Menschen neben mir auf einem öffentlichen Platz eine Line ziehen? Ziemlich unsexy, Cartagena. Warum drücken Deine Gesetzeshüter hier offensichtlich ein Auge zu, obwohl sie an jeder Straßenecke ihre Präsenz zeigen und patrouillieren? Bitte ändere das, Du könntest noch so viel attraktiver sein...

    Ich wünsche Dir, dass Du diese Probleme zukünftig in den Griff bekommst, sowohl im Interesse Deiner Besucher, aber auch Deiner eigenen Menschen, die hiermit tagtäglich umgehen müssen. Dann komme ich sicherlich wieder. Bis dahin sei gewiss, dass ich Dich trotz Deiner Makel in guter Erinnerung bewahren und in meinem Herzen tragen werde.
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