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  • Day 97

    Tag 96 & 97

    August 27, 2022 in Norway ⋅ ☁️ 10 °C

    Mitten in der Nacht zu Tag 96 wurde ich wach. Die Zeltplane drückte mir gegen den Kopf und die Zeltstange an den Rücken. Der Hering vom Eingangsbereich hat sich auch gelößt. Es war sehr stark windig. Also musste ich raus und die Sturmleinen spannen. Dann war alles wieder in Ordnung. Die Stange kann sich dann nicht mehr nach innen biegen. Morgens ging ich los, weiter Richtung Trondheim. Die Berge im Rücken. Ich schaute ein paar mal zurück und verabschiedete mich von den Bergen. Nach ein paar Kilometern, sah ich in einen kleinen Holzkasten der am Baum hing. Ein Gästebuch und Bonbons befanden sich darin. Ich schrieb ein paar Sätze und freute mich wie ein Kleinkind über die Bonbons. Ich ging viel auf Schotterwegen an diesem Tag. Irgendwann kam ein kleiner lokaler Wanderweg. Nur 2,5 Km lief ich auf diesem Weg. Storfurru hieß er glaube ich. Ein verwunschener Weg. Er schien mir so, als ob er aus einem Märchenbuch entsprungen ist. Oder als Vorlage für eines diente. Mit alten Baumleichen die für mich fast menschlich wirkten. Auf kleinen zugewachsenen Pfaden neben Bächen entlang. Nach diesem Weg kam ich wieder auf eine Schotterstraße, gesäumt von endlos vielen Himbeer Sträuchern. Die mich eine Zeit lang aufgehalten haben, denn die waren extrem lecker. Nach fast 23Km kam ich in ein kleinen Ort mit dem Namen "Å". Was ungefähr wie "Oh" ausgesprochen wird. Nur ein Buchstabe 😅 Dort gab es einen Supermarkt wo ich mir Bananen, Weintrauben, Apfel, Kekse, Tortillas, Nüsse, braunen Käse und Kakao kaufte. Danach lief ich durch eine kleine Siedlung. Vorbei an einem schönen Haus mit einem liebevollen Garten. Am Haus hingen zwei Schilder mit der Aufschrift "life is beautifull" und "i love chocolate". Da kann ich nur zustimmen 😁 Nach der Siedlung kam ich auf den Pilgerweg, der mich die letzten Tage in Norwegen nach Trondheim bringen wird. Pilgerwege sind meist einfach zu gehen und führen viel auf/neben Straßen und Waldwegen. Es ist einer der Olavswege. Der Olavsweg in Norwegen geht auf den norwegischen König Olav Haraldsson II zurück. Ihm zu Ehren wurde der Nidarosdom im heutigen Trondheim errichtet. Seit der Heiligsprechung des ehemaligen Wikingerkönigs Olav Haraldsson II. im Jahr 1031 ist der Sankt-Olav-Schrein im Nidarosdom der wichtigste Wallfahrtsort der nordischen Länder.
    Noch etwa 12Km hatte ich zu meinem angepeilten Tagesziel. Eine Schutzhütte. Auf dem Weg dorthin sah ich viele Kraniche. Eine Stunde bevor ich die Schutzhütte erreichte, fing es an zu regnen. Ich lief in shorts weiter und wurde bis auf die Boxershorts nass. Das störte mich wenig, denn es war 18°C warm und ich wusste ich komme an einer Schutzhütte an. Jedenfalls hoffte ich es, dass sie noch existiert. Nach gut 35Km kam ich an der Hütte an. Wie schön es war, im Regen an einer so guten Schutzhütte anzukommen. Sehr gemütlich, mit breiten Bänken, wo man seine Isomatte gut drauf legen kann. Es war sogar eine komplett geschlossene Hütte, also mit Tür. Ausstattung der Schutzhütte: Ein kleiner Klappspaten, ein Topf, ein Besen, ein Gästebuch mit Stift, ein paar Fäden die an der Decke hingen um nasse Klamotten aufzuhängen, eine batteriebetriebene Lampe, die sogar funktionierte. Und es hat jemand eine menge Suppen da gelassen. Für die ich mich jedoch nicht interessierte. Ich freute mich sehr über diese tolle Hütte.

    Weiter ging es an Tag 97 auf dem Pilgerweg. Nach etwa einer halben Stunde traf ich Simone aus Stuttgart. Ich lief ein bisschen mit ihr mit. Sie läuft seit Anfang August auf dem Olavsweg von Oslo nach Trondheim. Danach wird sie eine Woche Pause machen und dann geht es für sie nach Nepal und Indien wo sie eine Zeit lang in einem Yoga Ashram verbringen wird. Fast 16Km ging ich nur auf Straßen. Dann kamen schöne Wege durch Wälder. Nach etwa 20Km kam wieder eine Schutzhütte, doch ich wollte noch weiter gehen. Es war noch zu früh zum bleiben. Also lief ich noch etwas, bis ich am frühen Abend einen Platz für mein Zelt fand. Auf dem Pilgerweg hat man Zeit nachzudenken und man kann sich sogar beim gehen umschauen. So blickte ich dir letzten zwei Tage oft zurück auf die gesamte Fernwanderung. Wo ich bloß überall durch gelaufen bin und was für super tolle Menschen ich getroffen habe. Beim Wandern im Gebierge lebte ich größtenteils im "hier und jetzt", also in der Gegenwart. Eines der Dinge, die mir bei einer Fernwanderung gefallen. Desto anspruchsvoller ein Weg war, desto mehr traf dies für mich zu. Man muss sich halt auf den Weg konzentrieren und hat überhaupt keine Zeit zum denken. Eine Art Meditation finde ich. Und wenn zwischendurch mal Zeit da war, dann dachte ich an Essen 😅
    Schon seit vielen Wochen war mir klar, das wird nicht die letzte Fernwanderung bleiben. Ich habe schon einige auf der Liste. Ganz oben stehen momentan der "Via Dinarica", ein 2000Km langer Fernwanderweg durch die Dinarischen Alpen. Er führt durch Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Albanien. Und bis nach Slowenien kann man ja auch gut gehen. Der 800Km lange Fernwanderweg "Haute randonnée pyrénéenne" durch Spanien und Frankreich der über die Pyrenäen vom Atlantik bis zum Mittelmeer, oder eben anders herum, führt. Der Internationale Bergwanderweg der Freundschaft Eisenach–Budapest. Ein 2690Km langer Fernwanderweg, der durch Deutschland, Tschechien, Polen, die Slowakei und Ungarn führt. Und noch einige andere 😅

    Liebe Grüße, Gena
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