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  • Day 32

    Das Erbe der Staufer

    April 14, 2023 in Italy ⋅ 🌬 14 °C

    Wir sind rund 80 km nördlich von Alberobello bei Andria. Unser Ziel ist das Castel del Monte, ein ´schwäbisches´ Wahrzeichen Italiens, stammt es doch vom Stauferkaiser Friedrich II, erbaut von 1240 bis 1250. Berühmt ist es durch seine Bauform. Es ist vom Grundriss her achteckig und an jeder der Ecken steht ein ebenfalls achteckiger Turm. Über die Funktion der Burg rätselt man noch heute. Es könnte einst ein Jagdschloss gewesen sein, ein astronomisches Zentrum oder es diente zur Aufbewahrung des Staatsschatzes. Auch die Deutung als steinerne Krone Apuliens, mit der der Kaiser seine Macht demonstrieren wollte, hat Anhänger. Gern bezeichnet man es auch als Wehrbau und Lieblingssitz Friedrich II. Nichts genaues weiß man nicht, es gibt kaum Informationen aus der Zeit. Es einen sich heutzutage keine Arsenale mehr, oder Gräben und Mannschaftsräume, die man bei einer Festung erwartet. Für ein Schloss fehlen Zugbrücke, Graben, Ställe und mehr. Dafür sind am Hauptportal und den Fenstern Verzierungen vorhanden, im Inneren die Reste aufwändiger Sanitäranlagen und mehrere Kamine. Passt alles nicht so richtig zusammen. Dennoch scheint es eine ganz normale Burg gewesen zu sein. So gibt es einen Reisebericht aus dem 17. Jahrhundert, der von Resten von hölzernen Ställen und Hütten im Umfeld spricht. Die heute nicht mehr existieren und nur scheinbar fehlen. Da die Burg zudem auf einem Hügel liegt, war ein Graben nicht existenziell. Außerdem war Friedrich II ein reisender Kaiser, der mit seinem Hof in seinem Reich umherzog. Wohl kaum eines seiner Schlösser konnte den gesamten Hof beherbergen. Dafür baute man vielmehr bei jedem Besuch ein provisorisches Lager auf, mit allem, was für die Anwesenheit erforderlich war. Also war Castello presso Santa Maria del Monte – so der volle Name, wohl einfach alles: Burg, Wohnsitz, Schloss und Repräsentationssitz.
    Im Laufe der Jahre wechselten die Besitzer, relative lange, von 1522 an gehörte es der Familie Carafa, Herzöge von Andria und Castel del Monte. 1876 erwarb der italienische Staat das Castel nach vielen Jahrzehnten des Leerstands und der Plünderung. Um 1900 begann die Restaurierung. Leider achtete man nicht so sehr auf Originalität, man ersetzte beschädigte Steine kurzerhand durch Nachbildungen. Ein um das Kastell befindlicher Schuttkegel mit Mauersteinen und skulpierten Elementen wurde einfach abgeräumt. Irgendwann stand das Kastell äußerlich wie neu da. Seit 1936 ist es ein Nationaldenkmal Italiens, 1970 und 1980 erfolgten weitere Restaurierungen, 1996 wurde es Weltkulturerbe der Unesco.
    Das von allen Seiten auf einem Hügel thronende, weithin sichtbare Bauwerk lohnt den Besuch. So sehen es jährlich mehr als 200.000 Besucher. Fast alle in der Saison, momentan ist es recht ruhig. Innen ist kaum etwas vorhanden und die Säle sind recht schmucklos. Zumal das Kastell im Innenbereich wohl nie ganz fertiggestellt wurde - so vermutet man. Der originale Mosaikfußboden ist nur an wenigen Stellen zu sehen. Aber ein beeindruckendes Bauwerk, das ist das Kastell allemal. Auch wenn nicht einmal nachgewiesen ist, dass Kaiser Friedrich II von Hohenstaufen jemals hier war. Er gab es aber in Auftrag, das ist sicher. So existiert ein Schreiben vom 28. Januar 1240 vom Kaiser an Riccardo von Montefuscolo, Justitiar der Capitanata, in dem er befahl, Vorbereitungen für den Bau des Kastells zu treffen. In einem späteren Schreiben befahl der Kaiser, ihn über die Fortschritte der Baustelle zu informieren und zugleich die anderen Burgen und Schlösser der Capitanata für seine Ankunft mit dem nötigen Proviant vorzubereiten. Insgesamt hat Friedrich II während seiner 30-jährigen Herrschaft als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches über 100 Burgen errichten oder wiederherstellen lassen. Auf der anderen Seite soll Apulien, seit er es zum ersten Male im März 1221 besuchte, sein Herz erobert haben und er machte die Region zu seiner Wahlheimat. Bis zu seinem Tod reiste er mindestens einmal im Jahr her, so ist es wohl nicht unwahrscheinlich, dass er auch das Kastell besuchte.
    Als Friedrich II am 13. Dezember 1250 verstarb, war er Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, König von Deutschland, von Italien, von Sizilien und formal auch König von Jerusalem. Der Philosoph Nietzsche betrachtete ihn als ersten Europäer. Die Geschichte, auch ein Grund, nach Andria zu reisen und das faszinierende Bauwerke zu betrachten. Und im Geiste mit Friedrich II zu reisen.
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