• Strecke machen

    12 Mac 2023, Chile ⋅ 🌬 13 °C

    Durch unser kleines Versteckspiel in den chilenischen Fjorden hinken wir unserem „Fahrplan“ ein Stück hinterher. So haben wir nun - nach abschließender Seelöwen-Zodiac-Cruise in einem malerischen Fjord bei Chaiten - eine ziemliche Distanz vor der Nase, die wir in den nächsten zwei Tagen zurücklegen müssen, damit wir pünktlich in Valparaíso einlaufen.
    Seetage sind traditionell Tage, an denen die einzelnen Rettungsteams ihre Auffrischungsübungen machen, und so lerne ich viel über Feuerklassen und die unterschiedlichen Löschsysteme an Bord. Jedes Crewmitglied muss sich zwingend mit den Sicherheitsprozeduren vertraut machen und dieses Wissen dann auch in zwei schriftlichen Tests nachweisen. Ich habe zum Glück beide bestanden und darf weiter an Bord bleiben.

    Wie weiter oben schon erwähnt, gibt es an Bord deutlich mehr Aufgaben als Crewmitglieder, sodass es auch immer Möglichkeiten gibt, sich anderweitig einzubringen. Unser 1. Offizier, der Ober-Ingenieur an Bord, spricht nur Englisch, und so begleite ich heute als Übersetzer eine kleine Gruppe von Gästen in den Bauch des Schiffes zur Besichtigung des Maschinenraums. Etwas aufgeregt bin ich im Vorfeld, weil das technisch durchaus anspruchsvoll werden kann, aber bis auf die chemischen Details der Trinkwasseraufbereitung kann ich alles gut verständlich machen und freue mich natürlich, auch diesen Teil des Schiffes zu sehen, den auch nur wenige Crewmitgleider zu sehen bekommen. Neben „dem Motor“, also den vier riesigen Dieselgeneratoren, die den Strom für sämtliche Vorgänge an Bord bereitstellen (und denen man sich nur mit Gehörschutz nähern darf), beeindruckt mich vor allem der effiziente Umgang mit dem an Bord anfallenden Müll. Alles wird bis aufs Kleinste getrennt, Glasflaschen werden geschreddert und verlieren so ein Vielfaches ihres ursprünglichen Volumens, bevor sie im nächsten Hafen entsorgt werden. Essensresten wird die Feuchtigkeit entzogen, um sie besser lagern zu können.
    Auch wenn dieses Schiff eines der saubersten und modernsten der Welt ist (NoX-Katalysatoren, nur Leichtöl, Nutzung von Landstrom), will ich an der Stelle nicht verschweigen, dass am Tag ungefähr 20 Tonnen Treibstoff verballert werden. Umgerechnet auf Gäste und Crew sind das 55l pro Person/Tag. Die Entwicklung hin zu alternativen Antrieben/synthetischen Kraftstoffen gibt es, aber die Mühlen mahlen langsam. Dass das Schiff diesen ökologischen Footprint ganz unabhängig davon hinterlässt, ob ich hier an Bord Klavier spiele oder nicht, tröstet mich zwar etwas, aber natürlich bleibt auch das ungute Gefühl, dass ich eigentlich die nächsten 732 Jahre lang ausschließlich Fahrrad fahren dürfte, um das wieder halbwegs auszugleichen.
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