• Disembarkation Day - ab nach Hause

    1 апреля 2023 г., Панама ⋅ 🌬 30 °C

    Während ich bei meinen kürzeren Schiffsreisen immer auch ein bisschen Wehmut hatte am letzten Tag, freue ich mich heute einfach nur wahnsinnig darauf, wieder nach Haus zu kommen.

    Ich sitze nochmal oben an Deck, schaue auf die anderen Schiffe hier im Hafen von Colon und bemerke, dass es mir gar nicht so leicht fällt, einen „abschließenden“ Beitrag zu verfassen.
    Klar, ich bin unglaublich dankbar für all das, was ich erleben durfte – so viele Begegnungen.
    Begegnungen mit eindrucksvoller Natur, mit Menschen anderer Kulturen aber auch hier an Bord mit Leuten, die eigentlich um die Ecke wohnen im richtigen Leben und aus den buntesten Gründen auf diesem Dampfer gelandet sind.
    Gleichzeitig fühl ich mich auch irgendwie leer-erlebt gerade und mehr als bereit, die Kinder Montag wieder in die Schule zu bringen. Die werden sich bedanken, sind doch Ferien, Papa!

    Fünf Wochen sind für die meisten hier an Bord gerade mal ein Viertel ihrer Dienstzeit. Für mich fühlt es sich genau richtig (bis fast schon ein paar Tage zu spät) an, heute abzusteigen.
    Fast 11.000 km haben wir von Ushuaia bis hierher zurückgelegt. Das lässt sich für mich gerade genauso wenig fassen wie die einzelnen Erlebnisse als Gesamtheit.
    Kennt ihr das, wenn ihr die fertig gewaschene kleinteilige Wäsche ohne Wäschekorb zum Wäscheständer bringen wollt und bei jedem Schritt mindestens eine Socke runterfällt – egal, wie gut man den Berg auch vor den Bauch geklemmt hat? So ungefähr fühle ich mich gerade bei dem Versuch, meinen März in wenigen Worten zusammenzufassen.

    Nicht zuletzt deswegen bin ich echt froh, die Reise hier in diesem Penguin-Ding etwas aufbereitet und festgehalten zu haben. So kann ich bei der lieb gemeinten, aber immer etwas undankbaren „Und, wie war’s?!“-Frage gegebenenfalls auf die kleine Sammlung an Eindrücken verweisen und damit der Unmöglichkeit entkommen, den Trip wahrheitsgetreu aber knackig in drei Sätze zu packen.

    Smalltalk-Floskeln wie „die Zeit ist wie im Flug vergangen“ wären auch einfach nicht wahr. Die Tage waren mal kurz und mal quälend lang.
    Lang zum Beispiel, wenn eins der Kinder krank war zu Haus und ich einfach nix machen konnte außer ihrer großartigen Mutter die siebte Sprachnachricht schicken, dass ich in Gedanken dabei bin und auf Besserung hoffe.
    Kurz, wenn Leute bei mir am Klavier saßen und es offensichtlich toll fanden, was ich mache. Wenn ich nicht glauben konnte, dass der spannende Vortrag gerade wirklich eine ganze Stunde gedauert hat oder auch, wenn mal wieder Pläne umgeworfen wurden und alle im Team die Extrameile gegangen sind.

    Standardmäßig bekommt man am Ende des Vertrages ein detailliertes Feedback und meines war gestern fast schon unangenehm gut. Es wird hier sehr geschätzt, wenn man über seinen eigentlichen Job hinaus ansprechbar/einsetzbar ist und einfach mitdenkt.
    Natürlich hat mich das enorm gefreut, weil ich gleich in den ersten Tagen an Bord gemerkt hab, dass ich das Miteinander hier mag und gern mehr Verantwortung tragen will als nur für meine 88 Tasten.
    Aber ich merke auch, dass dieses hellwach sein über einen längeren Zeitraum mich zu genau dem Typen gemacht hat, der sich gerade ein bisschen matschig in der Birne fühlt und dringend dreimal hintereinander gegen eine Vierjährige im Uno verlieren will.

    Aus meinem über die Jahre angelegten „Ehe für Dummies“-Wissensfundus weiß ich natürlich, dass mein erster Satz zu Hause eher nicht „Ich bin echt erschöpft von meiner Zeit auf dem Luxuskahn.“ sein sollte, während die Powerfrau mit Kind und Kegel jonglierend einen Monat lang Einrad gefahren ist. 😉

    Tatsächlich ist es ja auch eher eine Kopf-Erschöpfung, die Sehnsucht nach den vertrauten Abläufen und Menschen zu Haus. .. und nach einem Bett, das sich nicht permanent bewegt.

    Wenn ich gleich meine Koffer die enge Gangway hinunter und in den Airport-Shuttle gewuchtet haben werde, geht es entlang des Panamakanals zurück nach Panama Stadt und von dort dann über Amsterdam nach Berlin, wo ich (hoffentlich) schon in weniger als 24h meine Liebsten wieder in die Arme schließen werde.
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