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  • Day 251

    Mardi Himal & Annapurna Sanctuary

    April 19, 2019 in Nepal ⋅ ☀️ 2 °C

    Namaste :-)

    Nach 15 Tagen im Himalaya und 3 Tagen Regeneration in Kathmandu steigen wir wieder in den Kleinbus um nach Pokhara zu fahren. Wir mögen die Fahrten im Bus. Man sieht aus dem Fenster und ist kaum in der Lage alles aufzunehmen, was alles am Fenster vorbei huscht. Fast alles was man sieht wirkt einem so fremd, dass man über das Gesehene überrascht ist und sich darüber seine Gedanken machen muss.

    Ein Blick aus dem Fenster:

    Die Straßen sind gefüllt mit hunderten Menschen. Ein faszinierend buntes Bild. Frauen tragen fast ausschließlich farbenfrohe wunderschön genähte Saris. Dabei ist es egal, ob sie zu einer Feierlichkeit gehen, oder mit Schaufeln im Straßengraben schuften, oder Federn rupfend ein Huhn auf dem Schoß halten. Das Leben findet auf und an der Straße statt. Menschen waschen sich am Morgen am Straßengraben, oder putzen sich die Zähne mit Baustellenwasser, liegen mit Schraubenschlüssel unterm Auto, oder schweißen nach Auftrag allerlei Konstruktionen. Es vergehen kaum 100m ohne dass an Straßenständen Waren angeboten werden. Gemüse, Hühner, Möbel, oder Werkzeug sind an jeder Ecke zu haben. Die Infrastruktur ist katastrophal, die Straßen sind eine Qual: laut, staubig und voll Müll! Es wird gehupt und gedrängelt. Der Weg nach Pokhara, der zweitgrößten Stadt Nepals, ist eine mit LKWs und gammeligen Bussen vollgestopfte und kurvenreiche Landstraße. Und dennoch stört man sich nicht daran, seine Wäsche an der von Abgasen getränkten Straße zu waschen und auf den dreckigen Geländern der Treppen und Balkone zu trocknen. Es ist ein kaum vorstellbares Gewusel und überall wo man hinsieht, geschieht irgend etwas, auch wenn einfach nur herumgesessen und geguckt wird. Naturraum ist entlang der Strecke kaum vorhanden. Flüsse sind regelmäßig überspannt von riesigen mehr, oder weniger vertauenserweckenden Seilbrücken und dienen als Sandgrube und zugleich Abwassersystem für jedermann. Und zwischendurch arbeiten unzählige Menschen auf den wassergetränkten Reisfeldern.

    Wir kommen in Pokhara an und uns empfängt eine für uns sehr beruhigende Stimmung, ohne Lärm und ohne das Gefühl durch die Stadt getrieben zu werden. Es ist ja fast Entspannung pur und wir genießen 'Lassi' und das vielfältige Essen an den tollen Essensständen abseits des Zentrums...

    Wir bleiben für zwei Nächte, bevor wir uns wieder ins Abenteuer mit 21 Leuten im Kleinbus nach 'Phedi' wagen, dem Ausgangspunkt unserer nächsten Bergwanderung. In den kommenden 10 Tagen wollen wir entlang des 'Mardi Himal Trek' zum Fuße des 'Machapuchare', einem in den Bergreligionen heiligen Berg, welcher nicht bestiegen werden darf sowie zum Annapurna Base Camp wandern.

    Kurz bevor wir aus dem Bus steigen, sehen wir im Straßengraben einen geschlachteten Büffel ausbluten und sind darüber etwas verwundert, was sich nur eine Stunde später noch aufklärt: Übermorgen ist der 14. April 2019, zumindest nach unserer Zeitrechnung. Hier in Nepal gilt der 'Vikram Sambat' - Kalender und das Neujahrsfest ins Jahr 2076 steht vor der Tür. Im traditionellen Bergdörfchen 'Dhampus' werden entlang unseres Weges zur Vorbereitung Ziegen und Büffel geschlachtet. Es ist Aufgabe der Männer und hierzu versammeln sich ein Dutzend Leute, um die Tiere nach vollendeter Tat in fair aufgeteilte Portionen zu teilen. Für jede Familie eine Portion.

    Das Neujahrsfest wird hier eher in den Familien gefeiert und so ziehen wir weiter unseres Weges. Wir studieren unsere Landkarte und stellen fest, dass darin Fehler keine Seltenheit sind. Höhenangaben weichen bis zu 600 Metern von der Realität ab und zum Teil gibt es Angaben zu Übernachtungsmöglichkeiten, die einfach nicht existent sind. Aus unserer Sicht sind die fehlerhaften Angaben hier in den Bergen manchmal wirklich gefährlich. Wir fragen uns somit lieber bei Einheimischen durch, als dass wir uns auf die Karten verlassen! Worauf man sich leider auch nicht immer stützen kann, merken wir und somit machen wir ein Mischmasch aus all' unseren gesammelten Informationen.

    Kaum an unserem ersten Tagesziel angekommen, fängt es kräftig an zu regnen. Es ist ein sich täglich wiederkehrendes Wetterspiel und man kann fast die Uhr danach stellen. Spätestens gegen 13 Uhr sollte man sein gestecktes Tagesziel erreicht haben, sonst wird einen garantiert der Himmel duschen. Was für uns heißt früh aufstehen. Mehr als 6 Stunden gehen macht aber auch wenig Sinn, da man sonst zu hoch aufsteigt. Der Höhenkrankheit wegen! So bleiben wir vom Regen fast immer verschont :-) Vom Nebel jedoch nicht... doch wenn er sich mal kurz verzieht, beschenkt er uns immer wieder mit einen neuen beeindruckenden Blick auf den nahezu perfekten dreieckigen Gipfel des 'Machapuchare' (6.996 m) und des 'Annapurna Süd' (7.200m).

    Wir haben die 3. Nacht in einer einfachen Berglodge in 'High Camp' geschlafen und starten um 5:30 Uhr, um über den schneebedeckten Bergkamm zu einem Aussichtspunkt zu gehen um den Blick auf die Bergriesen zu genießen bevor wir den Weg nach 'Landruk', 2.000 m bergab antreten... Und das Wetter ist perfekt :-)

    Heute schaffen wir es leider nicht rechtzeitig vor dem Regen in 'Landruk' anzukommen. Es fängt schon früh an zu regnen. Dieses Mal gepaart mit einem kräftigen Gewitter und Hagel. Wir schaffen es gerade noch uns am Ortseingang an einem kleinen Bauernhaus unter die Veranda zu retten. Nach einer guten Stunde gehen wir in die Herberge der Schwester des Bauern ;-) Es hat uns heute Mittag einfach das Glück verlassen und wie das der Teufel so will, hat Ariane auch noch ein Blutegel ergattert. Die Viehcher sind echt ekelig. Die Chefin der Unterkunft ist oben drauf dann auch noch ein "Halsabschneider".

    In den kommenden Tagen wollen wir in den Bergkessel des Annapurna Himal ("himal" - Gebirge)
    Der Annapurna Himal thront wie ein zinnenbewehrter Eiswall und hat neun Gipfel, die über 7000m hoch sind. Der höchste, der Annapurna I, ragt 8. 091 m in die Höhe. Es ist mit der Hauptgrund mal nach Nepal zu kommen: Einmal Berge mit über 8.000 m zu sehen.

    Unser Weg geht steil hinauf. Siedlungen gibt es nun keine mehr. Es geht bis zum Camp 'Bamboo' und das interessante ist, dass ab diesem Punkt das Tal als Heilig gilt. So steht es auf einem Schild geschrieben. Ab diesem Punkt darf kein Büffel-, oder Hühnerfleisch mehr gegessen, oder gar mit sich geführt werden. Für uns kein Drama, da wir das Fleisch eh meiden, nachdem wir die Lagerungspraktiken für Fleisch der Nepalesen kennen gelernt haben ;-)

    Bei bestem Wetter erreichen wir das 'Machapuchare Base Camp' bereits vor 10:00 Uhr und wir entscheiden uns, unsere Rucksäcke gleich hier in einer der Lodges zu lassen und nur mit leichtem Gepäck zum Annapurna Base Camp (ABC genannt) auf 4.200 m zu gehen. Am ABC wurden alle Hütten im Frühjahr diesen Jahres von einer Lawine völlig zerstört und so haben wir bereits gestern morgen hier im Machapuchare Base Camp einen Schlafplatz im Speiseraum telefonisch ergattern können...
    ...Wir stapfen durch den Schnee und erreichen das ABC gegen 11:00 Uhr. Es ist ein kaum beschreibbarer "Bergkessel" und wir sind umgeben von einem faszinierenden, aber auch ein wenig erdrückenden Panorama auf die großen Berge der Welt. Egal in welche Himmelsrichtung man sieht, vor uns tront eine mehrere tausend Meter hohe Wand aus Schnee und Eis. Wir können den Anblick noch etwa 1 1/2 Stunden genießen, bis erst Nebel und dann dichte Wolken uns zum Rückweg bewegen. Ein atemberaubendes Erlebnis :-)

    Nachdem wir dann doch noch das Glück hatten, in ein 7er Bettenlager umverlegt zu werden und nicht unter 20 Bergführern und Trägern im Speiseraum übernachten zu müssen, fallen wir recht früh ins Bett. Morgen früh geht es für uns um 5:30 Uhr zurück ins Tal. In die 2.000m tiefer und 20km entfernt liegende Ortschaft 'Chomrong'.

    Es ist uns ein Rätsel warum dieses 'Gurung'-Bergvölkchen solch einen Spaß am Treppenbau hat. Die letzten Meter nach 'Chomrong' sind schon eine kleine Qual... Aber, wir sind Stolz auf uns als wir ankommen. Wir sind gut drauf und fühlen uns fit...

    ...Grund genug auf dem Rückweg noch einen Umweg über die entlegeneren Dörfer zu machen und wir werden belohnt. Das einzige, was uns entgegen kommt, sind Pferde- und Mulikarawanen mit allerlei Waren für die umliegenden Dörfer. Hier will man nur selten Verwandte im Nachbarort besuchen, ist es nicht selten ein ganzer Tagesmarsch. Und wir sind beeindruckt von der grandiosen Dorfstruktur, der Architektur der alten Gurungdörfer. Besonders 'Ghandruk' hat es uns angetan. Natursteinwände mit Lehmfugen, Dachdeckung aus großformatigen Granitplatten und die Holzfenster und -türen sind kunstvoll mit newarischen Schnitzereien verziert. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Im Ortskern findet gerade eine Dorfversammlung statt, streng geordnet! Wir können dieser leider nicht beiwohnen. Ein toller Ort, idyllisch, mittelalterlich, sauber, Die Männer tragen Röcke und einen Hut. Hühner, Ziegen und Ochsen, Esel und Pferde, alles ist in den Gassen an Tieren zu finden. Aber der Tourismus kommt auch hier langsam an (man sieht es ja an uns!) So werden wir von bettelnden Kindern meist auf Schokolade angesprochen. Und wenn wir es wie immer ablehnen, zeigen sie auch mal auf Arianes Armbanduhr... !

    Wir sind zurück in Pokhara, gehen wieder in unsere Straßenrestaurants abseits der Hauptstraßen und sind einfach nur froh...:-)

    Namaste
    Ariane & Marco
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