Hungary
Őr-kő

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Travelers at this place
    • Day 117

      Die längsten 300m

      September 24, 2023 in Hungary ⋅ 🌧 13 °C

      Als ich gestern mit dem Bus in Malyinka ankam, war es bereits gegen 12:00 Uhr. Es regnete, so wie die 2 Tage zuvor schon ununterbrochen. Die Temperatur war auf 12⁰C gesunken und mir war kalt. Der Weg. Der nun vor mir lag, hielt 800 Höhenmeter für mich bereit und meine Beinmuskulatur hatte noch nicht mitbekommen, dass die 5 tägige Zwangspause in Aggtelek nun beendet war. Entsprechend schwerfällig stieg ich die ersten Meter den Waldweg am Orstausgang von Malyinka hinauf und betrat den Bükk Nationalpark. Da ich dort nicht zelten durfte, hatte ich mich bereits im Vorfeld dazu entschlossen, für die Strecke bis nach Bélapátfalva, einem Ort außerhalb der Schutzzone, einem kürzeren Wanderweg zu folgen, um vor Einbruch der Dunkelheit am Ziel zu sein. Trotzdem waren die 18km immer noch sportlich. Für die erste, willkomme Abwechslung sorgte ein Feuersalamander. Den ersten und letzten hatte ich vor gut 40 Jahren in Questenberg gesehen. Nun lief hier einfach einer über den Weg. Begeistert zückte ich mein Handy und fotografierte und filmte darauf los. Gut gelaunt ging es weiter Berg auf. Schon seit einiger Zeit passiert es mir immer wieder, dass ich in einer Art Autopilotenmodus durch die Gegend wandere. Gedankenverloren oder vertieft in innere Selbstgespräche, laufe ich minutenlang, ohne dies wirklich mitzubekommen. Das funktioniert sogar bei Steigungen. Ähnliches kannte ich bisher nur von längeren Autofahrten. Wenn dich dann in so einem Moment jemand plötzlich von hinten anspricht, genügt das, um vor Schreck einen lauten Schrei auszustoßen. Heiliger Bimbam, knapp am Herzinfarkt virbeigeschrammt. Ein junger Mann hatte sich mit seinem Hund genähert, ohne dass ich ihn bemerkt hatte. Er wollte wissen, wohin ich heute noch laufe und ich zeigte es ihm auf meinem Handy. Er fragte mich, warum ich nicht dem Kektura folgen würde. Ich erklärte ihm, dass ich noch vor Anbruch der Dunkelheit wieder aus dem Nationalpark raus sein möchte, um im Zelt übernachten zu können. Das wäre aber sehr schade, meinte er, da ich so ja die beiden schönsten Aussichten verpassen würde, außerdem gäbe es eine Höhle am Weg, in der man übernachten darf. Ausgestattet mit Holzbetten und einem Ofen. Na klar, Aussichten, dachte ich mir. Mit Aussichten bekommt mich momentan keiner mehr hinterm Ofen vor. Außerdem haben es Aussichten irgendwie an sich, dass man vorher immer ordentlich Berg auf laufen muss. An die Höhle konnte ich mich aber erinnern. Ich hatte bereits Bilder im Internet gesehen und mir damals geschworen, dass ich da unbedingt übernachten werde. Also verabschiedete ich mich vom ursprünglichen Plan und lief auf dem original Weg weiter. Meter um Meter stieg ich weiter in die Höhe, meine Wasserreserven nahmen erschreckend schnell ab, verließen meinen Körper aber direkt über die Haut um dann an meinen Beinen herab in meine Wanderstiefel zu laufen. Großartig, ich war durch Bus auf die Knochen. Eine Quelle, um nachzutanken war auch nicht in Sicht. Mein Ziel war es, bis 17:30 Uhr an der Höhle zu sein. Um das zu erreichen, musste ich ordentlich Gas geben. Trotz der Steigung kam ich auf 5km in der Stunde. Als ich auf 800m angekommen war, stand ich in den Wolken. Der Wald war in dichte Nebelschwaden gehüllt und die einsetzende Dämmerung tauchte langsam alles in Grautöne. Es war bereits 18:00 Uhr und ich hatte noch 3km vor mir. Der Regen wurde immer stärker, aber nun setzte auch noch heftiger Wind ein. Der nächste Kilometer Waldweg war von Forstfahrzeugen frisch ümgepflügt wurden und hatte sich durch den Regen der letzten Tage in einem Sumpf verwandelt. Zusätzlich lagen, die von den Bäumen abgetrennten Äste, kreuz und quer über den Weg verteilt. Auf 1km Länge kämpfte ich mich im Halbdunkeln über diese Hindernissbahn. Meine Kraftreserven sanken rapide. Mittlerweile war es richtig dunkel. Meine Stirnlampe befand sich natürlich in den Tiefen meines Rucksacks und ich hätte selbigen bei strömenden Regen auspacken müssen. So musste das Handy als Taschenlampe herhalten. Dies hieß aber auch, dass ich nur noch eine Hand für einen Wanderstock frei hatte und den Regenschirm wieder am Rucksack verstauen musste. Ohne Wanderstock wäre es nicht möglich gewesen, sicher vorwärts zu kommen. Nach dem ich dem Schlammparcours entronnen war,hatte der Weg nochmal extrem an Steigung zugelegt und führte jetzt über Felsen. Aus dem Wind war in der Zwischenzeit ein respektabler Sturm geworden und immer wieder vielen brachen dicke Äste von den Bäumen um mich herum ab und fielen krachend zu Boden. Ich war noch nie so erschöpft. Es regnete, es war dunkel und neblig und der Griff meines Regenschirms griff ständig gierig nach herabhängenden Ästen und riss mich dabei jedesmal energisch wieder zurück. Wegmarkierungen waren schon lange nicht mehr zu erkennen und der Weg hatte sich zwischen den Felsen in ein Labyrint verwandelt. Nur noch 300m bis zur Höhle, oder 80m, wenn ich doch nur diese Abkürzung finden könnte. Ich war mir sicher, nie im Leben noch 300m laufen zu können. Verzweiflung und Angst krochen mir langsam den Rücken hinauf. Ich ließ mich einfach zwischen die Felsen fallen, streifte meinen Rucksack ab und blieb regungslos liegen. Ich wollte nicht mehr, aber das war keine Option. Ich atmete tief durch, kramte meinen Tabakbeutel hervor und versuchte mir, mit nassen Händen, halbwegs von meinem Schirm geschützt, eine Zigarette zu drehen. Nach drei Versuchen hatte ich tatsächlich etwas rauchbares zu Stande bekommen. Ich sog den Tabakqualm tief in meine Lunge, schloss die Augen und ließ mir den Regen ins Gesicht laufen. 5 Minuten später, stand ich wieder auf den Beinen und schleppte mich bis zum Höhleneingang. Dieser war mit einer Metalltür verschlossen, an deren Rändern Licht aus der Höhle drang. Ich öffnete die Tür, stolperte die kleine Treppe hinunter und blieb sofort auf selbiger sitzen. In der Höhle saß bereits ein Wanderer auf einem Bett. Er hieß Heiko und kam von der schwäbischen Alb. An diesem Abend jemanden zu haben, mit dem man sich in seiner Muttersprache unterhalten kann, war ein großartiges Geschenk. Damit mein Rucksack etwas leichter wurde, stießen wir mit einer guten Portion Palinka an, den ich nun schon eine Weile mit mir herumtrage. Wenig später schliefen wir beide auf unseren Nachtlagern ein. Die Nacht war kalt, da sich die Daunen in meinen Schlafsack durch die Nässe zu großen Klumpen zusammengeballt hatten und ich mich größtenteils nur mit einer dünnen Nylonschicht zudecken konnte. Mehr als 2 Stunden Schlaf waren in dieser Nacht nicht drin. Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen, verabschiedeten uns und gingen unserer Wege. Es regnete noch immer, oder schon wieder. Der Wind hatte auch nur unmerklich nachgelassen und die Temperatur schrie nach Handschuhen. 2 Stunden später erreichte ich eine Quelle, an der ich eine längere Pause einlegen und endlich meine Wasserflaschen. Auffüllen konnte. Die verbliebenen 200ml hatte ich seit gestern Abend wie einen Schatz gehütet. Wenn ich auf dieser Wanderung eines gelernt habe, dann dass es ein großer Luxus ist, einen Wasserhahn aufdrehen zu können und so viel trinken zu können wie man möchte, wenn man durstig ist. Am Orsteingang von Bélapátfalva fand ich eine Wiese, die von einer Jugendorganisation als Zeltlager genutzt wird. Hier konnte ich einen Teil meiner Ausrüstung zum Trocknen aufhängen und abwarten, bis es aufhörte zu regnen. Ich Entschloss mich, heute ein Mirtagskind zu sein und baute bereits gegen 13:00 Uhr mein Zelt auf. Wenig später kuschelte ich mich in einen trockenen Schlafsack und hielt ausgiebig Mittagsschlaf. Morgen sind Sonnenschein und 25⁰C angesagt. Ich bin gespannt.Read more

    You might also know this place by the following names:

    Őr-kő, Or-ko

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