• 28. Juni

    June 28, 2024 in Norway ⋅ ⛅ 18 °C

    Was war das für eine warme Nacht! Erst weit nach Mitternacht hat es sich etwas abgekühlt. Am Morgen frühstücke ich mit Petra und Frank zusammen und packe danach meine Sachen ein. Nachdem wir uns verabschiedet haben, nehme ich noch ein Bad im Bach gleich hinter dem Rastplatz und ziehe dann recht spät gegen halb elf los. Es ist blauer Himmel mit einigen Schleierwolken und nicht mehr so heiß wie gestern, allerdings ziemlich drückend. Erst mal steuere ich im drei Kilometer entfernten Høylandet den Supermarkt an, um ein paar frische Sachen dazuzulegen. Von hier aus geht es dann den ganzen Tag auf einer kleinen, wenig befahrenen Straße, die es nicht mal zu irgendwelchen Streifen geschafft hat. Aus dem Ort raus höre ich mal wieder seit einiger Zeit Kraniche und wenig später steht tatsächlich eine recht große Gruppe auf dem Feld, natürlich nur so lange, bis ich in ihre Nähe komme. Aber mal wieder schön zu betrachten und mich wundert es ein bisschen, dass ich soweit im Norden noch welche sehe. Es zieht sich durch die Täler und kleine Pässe einiger Bergketten Richtung Nordwesten. Um eins beginnt es langsam zu regnen, anfangs noch mit ein paar Pausen, ab um drei regnet es durchgehend und auch heftig und wird bis um sechs nicht aufhören. Obwohl der Morgen so angenehm und schön war, sitzt mir heute am Nachmittag irgendwas quer, ich steh mir selbst im Weg. Ich komme mit nichts klar, bin völlig unzufrieden, sei es der Regen oder die Bremsen, die mich nerven oder der Rucksack, der heute Nachmittag quietscht. Ich kann es selbst nicht genau sagen und gake hier und da laut durch die Landschaft, weil ich von wirklich allem total genervt bin. Ich kann mich nirgends hinsetzen, bin total durchgeschwitzt….. Mann, Mann, Mann…hab ich meine Tage oder abgebrochene Fingernägel? Sag’s mir einer.
    Dann laufen irgendwann diese scheuen Schafe darum, als sie mich sehen, geben sie Fersengeld und laufen wie ein paar gestörte ewig vor mir auf der Straße her, ich trotte wie ein griechischer Schafhirte hinter ihnen her. Mal nach rechts oder links in die Landschaft abzubiegen wäre doch… naja, sind halt Schafe. Irgendwann fange ich an, länger mit ihnen zu sprechen und siehe da, bleiben sie tatsächlich auf der Straße stehen und gucken mich an. Ich vermute, sie hören auch zu und so kann ich auf der anderen Straßenseite unter schärfster Beobachtung an ihnen vorbeigehen. Wie ich immer wieder feststelle: Kaum macht man’s richtig, schon funktioniert’s.
    Die Straße führt seit einiger Zeit schon an einem Fluss entlang, rechts und links ragen die Berge hoch auf. Gegen halb sechs habe ich mein Tagespensum voll und schiele umher, wo ich denn das Zelt hinsetzen könnte, aber da ist nur hohes nasses Gras oder unpässliches Gelände. So laufe ich noch anderthalb Stunden weiter, bis ich an einen Aussichtspunkt komme, an dem der Wasserfall Skrøyvstadfossen zu betrachten ist. Ich habe mir geschworen, als ich das Hinweisschild auf 1km vorher gesehen habe, dort das Zelt hinzustellen, egal wie es dort aussieht, hatte nämlich heute schon 32km unter den Sohlen. Und naja, es ist ein kleiner Parkplatz an der Straße, auf dem ich mich auch platziere. Die paar wenigen Autos, die hier vorbeifahren, tun mir nicht weh. An die Rückseite einer großen Hinweistafel schnalle ich meine Wäscheleine und hänge alle nassen Sachen in die inzwischen wieder scheinende Sonne. Dann gehe ich los, um den Wasserfall zu beäugen, hole Wasser und verkrieche mich erst mal schleunigst im Zelt, da die Knots hier scheinbar die Landgrafen sind. Zum heiligen Freitag gibt es heute Abend Fischsuppe, natürlich mit Nudeln. Vielleicht aber auch, weil ich einfach Bock drauf habe.
    Und wie hieß es früher im Märchen? Rugge di guh, Blut ist im Schuh. Ich habe nachgesehen, die Ferse ist noch dran, aber irgendwas hat meinen rechten kleinen Zehnagel in Mitleidenschaft gezogen, ohne dass ich irgendwas davon mitbekommen hab. Ich werde das jetzt mal genauer untersuchen, wird ja draußen nicht dunkel, so kann ich die ganze Nacht operieren…
    Read more