• 12. Juli

    12 luglio, Norvegia ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Tag beginnt um Mitternacht. Das geht den Menschen wie den Leuten, allerdings macht die Helligkeit und eine gewisse Geräuschkulisse doch irgendwas anders heute. In dieser Nacht, in der ich gute 2 km vom Ende des Oksfjorden entfernt liege, platscht es immer wieder aufeinanderfolgend laut und ich denke so bei mir: „Es war kein Boot zu hören und irgendwie ist auch nicht die Zeit für ins Wasser zu springen.“ Denn genau nach Arschbomben vom Dreier hört sich das an, was ich höre. Vielleicht 8-10 mal recht schnell hintereinander, dann ist wieder Ruhe. Nach einer guten Viertelstunde höre ich es wieder und raffe mich aus dem Zelt raus, um nachzusehen. Und da sehe ich einen recht großen Fisch, der immer wieder in Vorwärts-Richtung springt. Dass Fische nach Mücken schnappend aus dem Wasser springen ist mir nicht so neu, aber in der Größe habe ich es noch nie gesehen und immer wieder hintereinander. Das Schauspiel ist auch schon wieder vorbei und ich lege mich doch mit ein bis zwei Fragezeichen auf der Denkerstirn wieder hin. Eine Viertelstunde später beginnt es wieder, diesmal bin ich etwas schneller draußen und was müssen meine müden Augen da sehen? Es sind Delfine, die da immer wieder springen. Sie waren bis zum Ende des Fjords und sind jetzt wieder umgekehrt. Ich stehe noch eine Weile und sehe ihnen nach, weil auch ohne die Sprünge immer mal wieder der Rücken aus dem Wasser taucht und aus der Schlaftrunkenheit ist totale Verzückung geworden. Husch, jetzt aber wieder ab in die Koje. Am Morgen stehe ich erst gegen neun auf, frühstücke draußen und dusche drinnen. Am Ende halte ich mit Wenche und Oddbjörn noch einen Schwatz, so wird es fast halb zwölf, bis ich loskomme. Die lieben Leutchen hatten sich angeboten, mich mit dem Auto auf den Pass hochzubringen, waren sich ziemlich sicher, ich würde Stunden für den Aufstieg brauchen. Vielen Dank Euch beiden für die Gastfreundschaft. Tatsächlich ist der eigentliche Aufstieg, der sich sogar recht moderat anfühlt, in genau einer Stunde getan. So sitze ich um Dreiviertel eins am Kvænangsfjellet auf 401 Metern Höhe, freue mich, dass die beiden Tunnel durch die Berge für Radler gesperrt sind und nachdem ich Wasserfälle, hohe Schneezäune und Schneefelder passiert habe, eine Aussicht kilometerweit über den Kvænangen-Fjord und rundum in die Berge habe. Gerade eben noch ist ein ganzer Convoy von mindestens zehn Trucks von Hugo‘s Tivoli entgegengekommen, das ist das größte Wanderkirmesunternehmen hier im hohen Norden. Also auf zur Kirmes! Die doch etwas längere Pause ganz hier oben ist natürlich obligatorisch, schließlich brauche ich Zeit, um all diese Schönheit rundherum wirklich zu sehen. Das ganze bei teils bewölktem, teils blauem Himmel ist natürlich traumhaft. Ich komme auf der Höhe noch an einem Gasthaus vorbei, das allerdings geschlossen ist und ab dann startet die längste Abfahrt, die ich bisher hatte. Glücklicherweise die Windjacke vorher noch übergezogen, denn es zieht sich von hier an nun gute 10 km bei 40-50 KMH runter zum Badderfjorden. In Sørstraumen gehe ich kurz in den Supermarkt und bediene mich an der Gruschkiste zweier Bananen, so wie ich sie liebe im reifen Braunkohle-Look, und einem gerade abgelaufenen Quark, beides zum halben Preis. Wer die Preise in Norwegen kennt, versteht das. Das ganze gleich draußen auf der Holzbank vertilgt lässt mich wieder etwas aufgezuckert weiterreiten. Kaum 1 km weiter komme ich über die Sørstraumen bru, die den 300 Meter breiten Sund in den dahinter liegenden Sørfjorden überspannt. Hier ist gerade dank der Flut ein Naturschauspiel zu beobachten, dass ich schon nahe Bodø am Saltstraumen in Vollendung sehen konnte. Der enge Durchlass macht durch die Unmengen von Wasser, die Ebbe & Flut hin und her spülen, eine heftige Strömung wie in einem Fluss, die von starken Strudeln begleitet ist. Hier nicht so stark ausgeprägt, aber trotzdem sehenswert. Gegen vier, es zieht sich gerade wieder über eine Anhöhe rüber zum Burfjord komme ich zum wievielten Male an einem alten Zetor vorbei. Treckerfreunde aufgemerkt! Das ist das Modell aus Brno in der früheren ČSSR, das auch bei uns in der heutigen DDR weit verbreitet war. Ich sehe diese Traktoren in recht gutem Zustand gefühlt auf jedem dritten Hof hier. Und dachte immer, dass es die nur im Ostblock gab. Den deutlichen immer wiederkehrenden Hinweisschildern auf Rentiere und Elche tun dieselben heute tatsächlich mal Genüge. Nachdem ich vorhin ein Rentier direkt auf der Straße hatte, sehe ich nach der Abfahrt vom letzten kleineren Pass in einem weitflächigen Sumpfland vier total entspannte Elche. Es ist in einiger Entfernung zur Straße, genau das lässt sie wohl so ruhig dastehen. Gegen halb sechs bin ich gerade in Burfjord aus dem Supermarkt raus, um für morgen etwas Futter nachzulegen, da treffe ich auf Linus. Ein junger Schwarzwälder, dem ich gestern schon dreimal begegnet bin und der mit seinem selbstgebauten Rad ebenso auf dem Weg zum Nordkap ist wie ich. Wir unterhalten uns eine gute Stunde, dann breche ich noch mal auf, unwissend, wie weit ich überhaupt noch fahren will. Was ich bis dahin noch nicht weiß, ich habe noch einen längeren Anstieg rüber zum Langfjorden vor mir, der zwar in der Höhe gar nicht so gewaltig ist, sich aber für mich ewig zieht und viel schwieriger anfühlt als der morgendliche Pass. Wird wohl sicher der fortgeschrittenen Zeit geschuldet sein. Von oben her wirkt es seit dem späten Nachmittag, als wolle es nun doch gleich regnen, aber die paar Tropfen, die ich abkriege, sind wohl nur Petrus’ens Schweiß. Auch an diesem Fjord zieht es sich für mich noch ziemlich lange hin, gescheite Plätze sind rar, da neben der Straße meistens nur ein paar Meter bis zum Wasser sind. Zu steil, zu steinig, Privatgelände oder was auch immer dagegen spricht. Aber um neun, da habe ich genau an einem kleinen Leuchtturm den Platz gefunden. Oben an der Straße 2 Wohnmobile und nach einer kleinen steilen Böschung ein flacher Platz direkt unten am Wasser, den vor mir wohl auch schon viele andere zum Zelten genutzt haben. Perfekt, hier bleibe ich und werde wahrscheinlich auch morgen den Ruhetag halten.Leggi altro