• Wenn's so schön losgeht...
    Sie arbeiten sich Tag für Tag weiter durchs Land...Alle auf Speed heute früh.Heute keine Kartenzahlung!Ein Wegweiser samischer Bauart.Pure Faszination.Der Kautokeinoelva.Rentierpferch.Wie aus dem Bilderbuch.Einer fällt immer aus dem Rahmen.Blick über Kautokeino......und aus der Sauna.Es ist nur noch ein Schritt zu dir selbst...Wirklich schönes Sami-Symbol.

    13. August

    13 augustus, Noorwegen ⋅ ☁️ 13 °C

    Ooooh Petrus, das ist nicht gut für deine Blase, wenn du es so lange einhältst. Hat der alte Mann doch wirklich die ganze Nacht durch Besuch von seiner alten Freundin Inkontinenzia gehabt. Mehr als 24 Stunden hat es bis auf eine halbe Stunde durchgehend geregnet, in der Nacht sogar noch deutlich stärker. Respekt. Das Geprassel auf dem Zelt hat mich erst spät schlafen lassen und so ist es schon halb neun durch, als ich heute aufwache. Immerhin, es regnet. Einen Moment die Augen gerollt, dann ein Blick raus. Da hinten ist Azur dabei, sehr beruhigend. Tatsächlich hört der Regen während des Frühstücks mehr und mehr auf, ich bin guter Dinge und würde jetzt eh weiterfahren, egal welcher Segen da niederkommt. Nachdem ich alles vorbereitet habe, schaffe ich es ausgerechnet heute unter diesen Umständen, die straffe Haut des Dachstuhls mit einem Mal trockenzuwischen ohne noch einmal dranzumüssen. Jetzt nichts wie einpacken und los geht’s gegen elf bei 13 Grad. Was ich vor mir so rumschweben sehe, ist durchaus für weitere Wolkenbrüche brauchbar, aber die paar hellen blauen Stellen sagen mir, es wird gut. Und tatsächlich schieben sich unglaublich tolle Formationen von tief dunkelgrauen Wolken durch, die aber immer wieder durchschnitten oder zerrissen sind und das Sonnenlicht dazwischen nicht verbergen können, so sehr sie sich auch mühen. Ich merke, das wird ein echter Panoramatag. Würde mir wünschen, einen Schwanenhals zu haben, weil meiner für die unglaubliche Szenerie nicht ausreichend ist oder ich ständig im Kreis fahren würde. Diese Landschaft Richtung Südwesten mit ihren weichen Formen, so unheimlich weit überschaubar, gesäumt von Birkenwald, auf einigen der Höhen ist es auch nur noch am Boden grün, da die Baumgrenze schon überschritten ist. Immer mal wieder Seen oder ein Fluss, der sie miteinander verbindet. Nun ist mir diese Gegend nicht völlig unbekannt, denn in Kautokeino, dem Ziel des heutigen Ausritts, habe ich letztes Jahr am 25. September meine Wanderung beendet, nachdem der Winter mich einige Tage vorher eingeholt hatte. Aber in diesem Licht und aus dieser Richtung habe ich es natürlich nicht gesehen, umso schöner. Gegen halb zwölf sehe ich schon vom weiten auf dem Vuottašjávri ein Wassertaxi stehen, natürlich biege ich pro forma von der Straße ab, um mal zu sehen, ob hier was los ist. Aber rund ums „Mosquito Air Taxi“ ist Totenstille und extra jemanden anrufen will ich nicht. Es rollt sich heute Morgen übrigens unglaublich toll, die Aufs und Abs der Straße nehme ich nicht als schwierig war, sondern fühle mental enormen Rückenwind. Immer wieder bremse ich aber auch schnell runter und steige ab, um ein Foto zu machen. Versuche, diese Wolkengebilde und -gebäude irgendwie festzuhalten, aber wenn schon meine Augen kaum in der Lage dazu sind, wie kann es dann die schnöde Linse dieses kleinen Telefons sein? Je nachdem, in welche Richtung ich blicke, ist es schon heller und blauer, vor mir haben die Wolkenkontraste alles von weiß bis fast schwarz angenommen. In weiterer Entfernung sehe ich schon höhere Erhebungen, schließlich sind in 50-60 Kilometern auch schon die wunderschönen Berge, durch die ich im letzten Herbst Richtung Norden gewandert kam. Das Gebiet hier ist typisches Samiland, recht deutlich an den einzelnen Häusern und Gehöften mit all den ebenso typischen Sachen wie Schneemobilen, Sixwheelern und einer Menge „Hausrat“ außenrum zu erkennen. Aber auch immer mal wieder an den seitlich der Straße gelegenen Rentierpferchen zu sehen, die meistens eine Verladerampe haben. Um kurz nach eins komme ich an und dann auch über den Fluss Kautokeinoelva, es ist inzwischen Zeit, bei gut 18° alles an Klamotten von mir zu werfen, was nicht zwingend benötigt wird.. Nachdem ich ihn überquert habe, endet hier die Inlandsstraße 92, ich biege links südlich auf die Europastraße 45 ab, die gleichzeitig als EuroVelo 7 die Sunroute nach Malta ist. Ein paar Kilometer darauf habe ich ja weiter nördlich schon gefahren, als ich auf dem Weg zum Kap war. Gegen halb drei reizt mich linkerhand die Zufahrt zum Skuvlajávri, ich will gerne bis an diesen See heran fahren. Ein ziemlich sandiger Weg führt von der Straße ab und nachdem ich ein Stück weit gefahren bin, sehe ich von weitem erst einen Hund und etwas später auch das Herrchen dazu. Die beiden allerdings recht weit auseinander, der Hund deutlich näher bei mir. Es ist eine Husky-Hündin, die mit aufgestellten Ohren dort steht, mich schon von weitem anbellt und dann stracks auf mich zukommt. Inzwischen angehalten konzentriere ich mich darauf, was wohl jetzt passiert. Der Hund bleibt immer noch mal stehen, bellt und knurrt. Ich bekomme langsam ein Gefühl dafür, dass er es doch nicht gar so ernst meint. Irgendwann schleicht er in den seitlichen Büschen eher um mich herum und als sein Herrchen dann in meiner Nähe ist, gibt der mir zu verstehen, dass sie eine sehr liebe ist, er aber trotzdem versteht, dass ich jetzt unsicher war. Der kleine Ausflug lohnt sich am Ende nicht wirklich, da dieser Weg gar nicht bis an den See rangeht und so habe ich diesen Kilometer hin und zurück für Volk und Vaterland gefahren. Gegen halb vier erkenne ich schon aus einiger Entfernung ein paar Häuser von Kautokeino, unter anderem die Kirche. Direkt am Ortseingang neben einem Schnellimbiss sitze ich noch mal kurz auf einer Bank, unterhalte mich mit ein paar Leuten hier aus dem Ort und bin dann gegen vier tatsächlich am Ziel. Die 3 km durch das kleine Städtchen geht es nur bergab und schon spreche ich bei Ole, dem Betreiber des Duottar(Tundra)-Camping vor, checke für diese Reise mit dem Zelt ein. Ein kurzes Schwätzchen zum Auffrischen unserer letztjährigen Bekanntschaft, ein kleiner Einkauf im nahen Supermarkt und noch das Zelt aufgebaut, schon bin ich fertig für die Sauna um 18 Uhr. Darauf habe ich mich den ganzen Tag gefreut und genieße diese halbe Stunde in vollen Zügen. Anschließend schwimme ich noch durch den direkt angrenzenden See und mache mir dann in der Gemeinschaftsküche mein Abendessen. In der Hütte, in der wir letztes Jahr gemeinsam in so internationaler Runde ums Feuer saßen, ist heute außer mir niemand anwesend und so schleiche ich mich gegen neun zurück in meine Behausung. Da der Himmel heute Abend klar ist, der Mond abnehmend, aber noch gut dreiviertel voll, fällt mir wieder einmal sehr stark auf, wie dunkel es doch gefühlt jetzt an den Abenden schon wird. Und obwohl ich bis vorgestern im heißesten Sommer rumgetanzt bin, kann es in vier Wochen hier schon den ersten Schnee geben. Die Jahreszeiten sind so deutlich anders als in Mitteleuropa, das beeindruckt mich wie auch letztes Jahr immer wieder ziemlich.Meer informatie