19. August - Tourende
8月19日, スウェーデン ⋅ ☁️ 7 °C
Dies ist der letzte Tag meiner Tour. Heute geht es noch einmal nach Kiruna, das sich von mir und ich von ihm mit diesem besonderen Ereignis des seit Jahren vorbereiteten Kirchenumzugs verabschiedet. Bei bestem sonnigen, aber ziemlich windigen Wetter fahren wir gegen zehn noch dichter an die Stadt heran, ich kenne an der alten geschlossenen Mine einen Punkt, von dem aus wir mit den Fahrrädern gegen halb zwölf in die Stadt reinfahren. Die Hauptstraße in die neue Stadt hinein ist erwartungsgemäß gesperrt und die Menge an Fahrzeugen und Wohnmobilen, die sich hier rumquält, lässt erahnen, wie groß das Interesse an diesem weltweit einzigartigen Ereignis ist. Auf dem Stadshustorget (Vorplatz am Stadthaus) ist eine große Bühne aufgebaut, in diesen Tagen sind viele Veranstaltungen und Konzerte, Kiruna bietet insgesamt ein sehr reichhaltiges kulturelles Programm das ganze Jahr über. Unser Ziel soll als nächstes die Altstadt sein, konkret der Platz, an dem die Kirche bis vor wenigen Stunden gestanden hat. Je nach Zeit und Umständen wollen wir noch den einen oder anderen Ort besuchen, den ich aus dem Winter schon kenne. Massen an Leuten sind zu Fuß oder mit Fahrrädern unterwegs, Auto- und Busverkehr sind ziemlich stockig, die Stadt insgesamt ist aber keineswegs gesperrt oder abgeriegelt. Habe ich mich am Morgen noch gefragt, welchem der vielen mir bekannten Gesichter ich denn wohl heute begegnen werde, macht schon gleich nach der Neustadt das von Ilnur den Anfang. Ein Tatar, der nicht in seine Heimat nach Russland zurück kann und hier im Museum arbeitet. Wir werden uns nach einer kurzen Begrüßung später noch mal wiedersehen und ziehen jetzt erst mal weiter. Dann kommen wir schon vorbei an dem großen neu geschaffenen Platz, an dem morgen am Nachmittag die Kirche ankommen soll. Breite geteerte oder aufgeschüttete Flächen sind geschaffen worden, um den riesigen Tieflader bis hierher zu lotsen. Auf dem Weg durch die alte Stadt müssen wir ein kurzes Stück die Räder schieben und wer sitzt da ganz vorn links als Chauffeur im Stadtbus und kommt genauso wenig voran wie alle anderen Fahrzeuge? Es ist Charlie, der mir über den Winter ein guter Freund geworden ist und der sich im Frühjahr von hier Richtung Norwegen verabschiedet hatte. Wir haben nur eine halbe Minute Zeit, uns über die Straße kurz auszutauschen, er ist von mir hier genauso überrascht wie ich von ihm. Um zwölf haben wir dann den Platz erreicht, der jetzt groß wie leer gähnt und an dem lediglich noch der Glockenturm bis nächste Woche daran erinnert, dass hier bis vorhin auf 40×40 m das 670 Tonnen schwere hölzerne Gotteshaus stand. Dem Umzug von hier aus zu folgen ist natürlich nicht schwer, die teils extra verbreiterte oder gebaute Straße ist leer, wir kommen an einigen Punkten vorbei, an denen ich letztes Jahr ein- oder mehrmals übernachtet habe. Einige der schönen großen, alten schwedischen Häuser stehen noch hier in dem Gebiet, wo alles andere schon Stück für Stück abgerissen wurde. Es lässt vermuten, dass sie wie schon viele andere auch noch angehoben und in die neue Stadt umgesetzt werden. Gut 20 Minuten später haben wir den rollenden Tempel erreicht, es geht gerade relativ steil bergab und ist für uns völlig überwältigend, das zu sehen. Durch die langsame Fortbewegung wirkt es so, als würde die Kirche einfach an einem falschen Platz rumstehen. Ein immenser Tross Schaulustiger ebenso wie an technischem und Begleitpersonal sowie Sicherheitskräften begleitet den Schwertransporter, der auf zwei mal achtundzwanzig Achsen eine große Stahlträgerkonstruktion und darauf das Gebäude trägt. Fenster, Heiligenbilder, Altar und sämtliche Inneneinrichtung sind trotz anfänglicher Überlegungen nicht entfernt worden, sondern werden original mitgeführt. Das ist wirklich imposant anzusehen. Wie sie langsam, aber stetig auf ihren neuen Platz zu- und um einen Teil der Stadt rumsteuert. Nach einiger Beobachtung setzen wir unseren Weg durch die Altstadt fort und kommen Richtung Supermarkt, wo wir uns einiges zum Essen zusammenkaufen und lang und breit Vesper halten. Auf dem Weg begegnen uns Linda und Markus aus Lannavaara, sie haben wir vor Wochen zuletzt schon mal in Norwegen am Fjord getroffen. Ich sag nur Welt, Dorf, Scheibe… Aus dem Laden wieder raus ist der Transport gegen halb drei direkt neben uns und kurz davor, einen Kreisverkehr zu durchqueren. Da stellen wir uns direkt vorn an und haben einen wirklich guten Platz. Noch im laufenden Betrieb werden große Stahlplatten von zwei Radladern verlegt und erst kurz vor der tatsächlichen Passage wird der Verkehr vorübergehend umgeleitet. Diese Organisation ist wirklich sehenswert, keine Hektik, kein Gehupe, jeder hat seine Aufgabe in dieser einmaligen Aktion. Viele Mitarbeiter, die normalerweise irgendwas untechnisches bei der Minengesellschaft LKAB arbeiten, sind in grellen Anzügen zum Absperren und Ordnen dabei. Und dann zieht sie direkt vor uns vorbei, Zentimeter für Zentimeter auf zweihundertvierundzwanzig Rädern. Ich bin sooo happy, dass ich meine Nord-Tour genau hier und heute nach gut zweieinhalbtausend Kilometern beenden kann. Alles hat sich so toll gefügt und verdammt gut funktioniert. Keine Stürze, keine Pannen, alles wie in einem aufwendig kolorierten Bilderbuch. Gut, aber noch bin ich ja hier. Das falunrote 1912 eröffnete Fachwerkgebäude ist an uns vorbeigezogen und so ziehen auch wir weiter Richtung Stadthaus, wollen dort einen Kaffee trinken und sehen, welche Ausstellungen es gibt. In dem heute natürlich ziemlich vollen Café deute ich Verena auf einen Tisch, an dem gerade noch zwei Plätze frei sind, während ich den Kaffee einlasse. Als ich zurückkomme, ist sie mit den Leuten am Platz schon kräftig am Erzählen und wie ich mich hinsetze, denke ich so: „Nanu, du denkst doch sonst nicht Nanu. Die Gesichter kennst du doch?!“ Und ja, wir kennen uns. Es sind die zwei Hamburger Detlef und Gabi, wir haben uns vor einigen Tagen in Finnland an der Straße getroffen und sehr angenehm unterhalten. Ein schönes Kaffeekränzchen ist das jetzt mit den beiden. Wenige Meter entfernt treffe ich dann auch Kristina wieder, eine Russin, die hier arbeitet und jetzt gerade eine Führung durch die Ausstellung zum Altarbild der Kirche startet. Da schließen wir uns doch direkt an, können am Ende zusammen mit ihr und Ilnur noch ein bisschen erzählen, wie es jedem so im Laufe der Monate ergangen ist. Aus dem Gebäude heraus ist der Platz brechend voll, auf der Bühne spielt eine schwedische Band, die wohl hier sehr beliebt zu sein scheint. Es ist schon zu Fuß kaum ein Durchkommen, die Fahrräder lassen wir konsequenterweise direkt angebunden stehen, es wäre jetzt unmöglich, sie hierdurch zu schieben. Zumal ich nach einem kurzen Anruf bei Charlie erfahre, dass er in 5 Minuten genau so weit von hier entfernt vorbeikommt und wir auf die Linie „Röd“ aufspringen können. Gesagt, getan. Als meistens einzige Gäste im Stadtbus sind wir natürlich ganz vorne bei ihm und haben uns gut was zu erzählen. Auf genau diese Weise habe ich ihn im Winter kennengelernt, als ich zwei komplette Runden mit ihm durch die Stadt gefahren bin. Jetzt wird es nur eine, da er dann vorübergehend ins Depot fährt. Aber die Situation, daß er vor lauter Erzählerei auch heute verpasst, einigen Passagieren die Türen zu öffnen, ist mir nicht neu. „Sorry, I‘m dreaming, my friends are here, we have a party! ;)“ Mit diesen vor Freude strotzenden und lachenden Worten hat er sie alle auf seiner Seite… Es ist inzwischen halb acht und nachdem wir uns herzlich verabschiedet haben, kaufen wir etwas für den Abend ein, es gibt noch ein paar Leute, die wir treffen wollen. Die Räder wieder im Fahrzeug verzurrt geht es jetzt raus durch den dank des Eishotels recht bekannten Ort Jukkasjärvi bis an den südlichen Rand der Esrange-Zone. Ein gutes Stück abseits der Asphaltstraße kommen wir nach einem sandigen Weg an den Tolppajärvet. Hier treffen wir die Münchnerin Kim und den Österreicher Gerhard, zwei liebenswerte Individualisten, die Verena vor einiger Zeit drüben in Norwegen kennengelernt hatte. Gemeinsam sitzen wir bis spät in die Nacht ums Feuer und genießen die Zeit miteinander bei Friedenspfeife, Gerhard‘s selbstgemachtem Zirbellikör und unseren selbsterlebten Geschichten. Das ist so was von ein Geschenk zum Abschluss. Ab morgen heißt es für uns ein paar Tage lang nach Deutschland zurück zu fahren. Was demnächst dann genau kommt, das weiß ich noch nicht. Gleichwohl etwas in meinem Kopf rumschwebt, das mich ziemlich lockt: Den Winter weit im Norden an Norwegens Küste zu arbeiten und zu erleben. Mal schauen… Für heute aber schließe ich dieses Buch, bin allem und jedem unendlich dankbar für Inspirationen, Unterstützung und jedes Lachen. Ebenso dankbar aber auch dafür, wenn ich irgendwas davon geben konnte.もっと詳しく






















旅行者Danke, dass wir dich auf deiner Reise so nah begleiten durften. Es war ein Vergnügen, deine Texte zu lesen und sich an den Fotos zu erfreuen.
旅行者Fabian ich bedanke mich für deine tollen Reiseberichte.Es war eine aufregende Zeit mit dir durch die Polarkreiszonen zu reisen. Auf eine gute Heimreise und schau mal vorbei wenn du zuhause bist.
旅行者
Das ist erstaunlich wie so etwas möglich sein kann. Es ist einfach nur Wahnsinn das zu sehen...😊