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  • Day 11

    Jodhpur: Anreise & Fort Mehrangarh

    April 10, 2019 in India ⋅ 🌫 28 °C

    Der Tag begann nach einer kurzen Nacht: Um 4:30 Uhr klingelte unser Wecker, damit wir um 6 Uhr unseren Bus nach Jodhpur erwischen konnten. Um diese Uhrzeit sahen wir bei unserem Hotel zum ersten Mal eine ruhige indische Strasse, wohingegen am Busbahnhof bereits die mittlerweile altbekannte indische Strassenkakophonie dröhnte.

    Unseren Bus fanden wir direkt, waren aber bei Begutachtung unseres Reisegefährts etwas konsterniert. Wie wir bereits im Voraus wussten, verfügte unser Bus, ein typischer Reisebus in Indien, statt Sitzen über eine Reihe von Stockbetten, also zwei Ebenen mit Matratzen, welche die langen Fahrten in Indien erträglich machen sollten. Tatsächlich hatte unsere Online-Reservation eines solchen "Sleepers" (einer Matratze) auch funktioniert. Allerdings liessen die Hygienebedingungen dann doch etwas zu wünschen übrig: Unser Sleeper war von bräunlichen Fettflecken übersät. Mangels besserer Alternative legten wir uns trotzdem angeekelt hin. Die Müdigkeit besiegte bei mir auch relativ bald den Ekel, sodass mich kurz nach Abfahrt das Tuckern des Busses in den Schlaf wiegen konnte (Ines hatte da weniger Glück).

    Nach 6.5 Stunden Fahrt durch eine Art Halbwüste, die landschaftlich nicht viel hergab, kamen wir gegen 13 Uhr in Jodhpur an. An der Bushaltestelle wollten wir sogleich einen Uber bestellen, fanden allerdings zu unserer Verwunderung keinen Fahrer, der uns zu unserem Hotel bringen wollte. Als wir kurz darauf mit einer Rikscha auf unser Hotel zufuhren, wurde uns auch klar, weshalb: Unser Hotel lag mitten in einem Gewirr enger Gässchen, das ein Auto niemals hätte meistern können. Diese Gassengewirre, eigentlich die Wohnquartiere indischer Stadtbewohner, hatten wir zuvor aus Misstrauen immer gemieden. Da wir aber nun anscheinend ein Hotel in einem solchen Gebiet gebucht hatten, mussten wir uns wohl oder übel dorthin wagen...

    Wir wurden positiv überrascht: Wir fanden ein sauberes und schmuckes Hotel und einen freundlichen Besitzer vor. Zwar bewegt sich das Quartier auf dem üblichen indischen Hygienelevel (Abfallberge und nicht näher definierte Flüssigkeiten auf dem Boden), was uns allerdings nach anderthalb Wochen in Indien nicht mehr abschreckt. Andererseits macht der lokale Brauch, die Häuser in blau zu streichen (soll gegen Insekten helfen), das Quartier optisch ganz interessant und die engen Gässchen scheinen das Verkehrs- und demnach auch das Lautstärkevolumen etwas zu drosseln.

    Nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel stiegen wir aus der "blauen Stadt" empor und hinauf ins Fort Mehrangarh, einer eindrücklichen Befestigung aus Sandstein, die auf einem Hügel majestätisch über der Stadt Jodhpur thront. Gemäss Legende war der Hügel einst vom Namensgeber Jodhpurs (König Rao Jodha) als Bauplatz für sein Fort auserkoren worden. Dafür musste allerdings erst der Einsiedler weichen, der auf dem Berg hauste und an den Umzugsplänen keinen Gefallen fand. Aus Rachsucht belegte der Einsiedler den Hügel mit einem Fluch, der dafür sorgen sollte, dass unbändige Hitze und Dürre den Hügel plagen. Gebrochen wurde der Fluch erst, als sich ein mutiger Freiwilliger aus den Reihen des Königs lebendig einmauern liess. Als wir allerdings in der prallen Nachmittagssonne den Hügel zum Fort hinaufstiegen, waren wir alles andere als überzeugt, dass der Hitzefluch tatsächlich gebrochen war...

    Die Ausstellung im Fort Mehrangarh war erstaunlich gut gemacht und informierte auf gut verdauliche Art und Weise über das Leben der Herrscher Jodhpurs (der sogenannten Rathoren) im Fort. Auf eine schockierende Weise interessant: Die Frauen eines Rathorenkönigs waren verpflichtet, sich bei Tod ihres Ehemannes mit ihm auf den Scheiterhaufen zu legen. Noch 1843 nahm Rathorenkönig Man Singh so seine 6 Ehefrauen und seine 58 Mätressen mit in den Tod.

    Nach Besuch des Forts besuchten wir ein Restaurant mit Dachterrasse, wo wir mit Blick auf das Fort und bei einem Glas indischen Weisswein auf unsere bisherigen 11 Tage in Indien zurückblickten. Indien ist sehr anstrengend, wobei die Reizüberflutung des indischen Strassenlebens Ines etwas mehr ausmacht als mir. Allerdings freuen wir uns beide auf die etwas ruhigeren Gefilde, die noch vor uns liegen: die Wüstenstadt Jaisalmer und der indische Süden.
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