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  • Day 36

    Roadtrip I - Viña del Mar, Casablanca

    December 6, 2017 in Chile ⋅ ☁️ 15 °C

    Am Morgen kamen wir nach zehnstündiger Busfahrt etwas müde und verspannt in Santiago de Chile an. Die Hauptstadt empfing uns laut und chaotisch, doch dank der Metro fanden wir den Weg nach Bellavista, wo das Mietauto der nächsten fünf Tage auf uns wartete.
    Wir wollten Santiagos Umgebung unabhängiger und flexibler erkunden und freuten uns auf die Freiheit, anhalten zu können, wo wir wollten.
    Die Stadt heizte sich langsam auf und uns war nach Strand und Meer. Im Reiseführer hatten wir von einem Ort namens „Quintay“ gelesen, wo sich einer der schönsten Strände Chiles befinden sollte. Also packten wir unsere sieben Sachen (und die Badehose) in den Kofferraum und fuhren los.
    Der Weg führte uns aus der Stadt heraus, an Bergen vorbei hinein ins Valle de Casablanca, einem der Weinanbaugebiete des Landes. Auf dem Standstreifen der Autobahn sahen wir immer wieder Menschen mit großen und kleinen Rucksäcken auf Wanderschaft und wir wunderten uns ein wenig. Dieses Rätsel sollte jedoch erst Tags darauf gelüftet werden.
    Wir fuhren weiter Richtung Meer, die Landschaft wurde waldiger, steiler und die Wolkendecke zog sich plötzlich immer weiter zu. In Quintay angekommen, zeigte sich die Ortschaft wie ausgestorben. Wir fuhren an den Strand, der uns mit Klippen an irische Küsten erinnerte. Hinter uns streckten sich jedoch einige Hostelblocks in die Höhe, die in der Vorsaison noch auf Gäste warteten.
    Wir standen eine Weile da, blickten auf die Weiten des Pazifiks hinaus und ließen uns den Wind entgegen peitschen, bis die frischen Temperaturen uns wieder ins Auto trieben.
    Wir beschlossen, die Küste weiter herunterzufahren, doch auch hier waren die Ortschaften verlassen und warteten noch auf die Gäste aus Santiago während der Sommerferien. Leere Hotelburgen, Vergnügungsparks und Billigrestaurants säumten die Strände und wir fanden nicht die schönen Orte vor, die wir uns gewünscht hatten. Die Zeit zog dahin, wir brauchten noch einen Ort zum Schlafen und in dieser Gegend kam uns nichts einladend vor, also fuhren wir die Küste gen Norden Richtung Valparaiso und Viña del Mar auf der Suche nach einem Campingplatz außerhalb der Stadt oder einem Hostel. Eigentlich wollten wir mit dem Auto nicht zum Übernachten nicht in Städte fahren, doch es wurde dunkel und wir hatten noch immer nichts gefunden. Also landeten wir nach Viña Del Mar, da uns berichtet wurde, dass diese Stadt sicherer sei.
    Auf dem Weg nach Viña machte Joni noch eine aufsehenerregende Entdeckung: Das Auto hielt mitten auf der Straße und er stammelte: „Jose, Jose; schau doch mal.“ Ich blickte nach draußen und sah das große Exemplar eines der Tiere, wegen derer ich nicht nach Südamerika gekommen war: eine behaarte Vogelspinne. Von Ekel geschüttelt, während Jonathan eher fasziniert war, ging die Fahrt weiter.
    Die Hostels, die im Lonely Planet empfohlen wurden, stellten sich leider als nicht länger existent heraus. Mittlerweile war es halb elf und wir waren noch immer ohne Platz für die Nacht. Nachdem wir bei einem Hostel, das bereits ausgebucht war und fälschlicherweise bei einem Stundenhotel (diese sind wohl in Chile üblich für junge Paare, die beide noch bei ihren Eltern leben) geklopft hatten, fanden wir endlich eine Unterkunft in einem familiengeführten Hostel, die zu später Stunde noch Schönheitsreparaturen an der Außenfassade leisteten.
    Glücklich fielen wir in das einigermaßen saubere Bett und buchten uns schnell noch eine Unterkunft für den nächsten Tag.
    Am Nikolaustag erwachten wir, beglückwünschten das Geburtstagskind Ingrid und machten uns auf den Weg zum Auto. Dort mussten wir leider feststellen, dass die Nacht nicht ohne Folgen verlief und wir einen der Scheibenwischer verloren hatten. Total verbogen hatte dieser eine neue Heimat auf dem Asphalt gefunden und stand uns fortan nicht mehr zur Verfügung. Glücklicherweise war Regen schon seit Wochen kein Problem mehr.
    Am Vortag lasen wir von einem Botanischen Garten vor den Toren der Stadt, der ein lohnenswertes Ziel zum Picknicken und Verweilen ist. Wir fuhren dorthin und machten einen Erkundungsrundgang vorbei an Kakteen, Palmen und einem französischen Rosengarten. Zwischendurch setzten wir uns an eine der Picknickbänke und nahmen unser neues Lieblingsfrühstück ein: Chilenische „Brötchen“ mit Salatblättern, Tomaten- und Gurkenscheiben und Avocado gewürzt mit Merkén (geräucherte Chiliflocken nach Art der Mapuche), Salz und Pfeffer und frischem Zitronensaft.
    Voller Eindrücke setzten wir uns wieder in unseren kleinen Flitzer und wollten zum Abendessen nach Valparaiso fahren, die neben Viña Del Mar gelegenen bunte Künstler- und Hafenstadt.
    Hinein ging es in die Stadt und damit ins Verkehrschaos, Hügel rauf und Hügel runter mit drängelnden und überholenden Autofahrern. Angekommen, stellten wir das Auto ab und wollten gerade losziehen, als ein alter Mann mit herunterhängender Warnweste auf uns zu kam. Er wollte Geld dafür, dass er auf das Auto aufpassen würde. So genau verstanden haben wir ihn nicht. Uns kam das ein wenig merkwürdig vor und nach der Erfahrung der letzten Nacht mit dem abgebrochenen Scheibenwischer begaben wir uns lieber wieder auf den Weg.
    Mittlerweile war es nun auch Zeit, zu der gebuchten Unterkunft zu fahren. Nach einem kleinen Suchspiel war sie bald gefunden und wir freuten uns auf einen Abend am Swimmingpool. Blöderweise schien niemand vor Ort zu sein. Wir klingelten, klopften und riefen, doch das Tor blieb verschlossen.
    Es schien schon wieder solch ein Abend zu werden, an dem wir nicht wissen, wo wir die Nacht verbringen würden.
    Mittlerweile war es halb sieben und der Hunger trieb uns auf der Suche nach einer Gelegenheit, eine Mahlzeit zu erhalten, weiter. Die nächste Stadt war Casablanca, wo es zwar kein Restaurant zu geben schien, dafür aber einen Supermarkt. Wir deckten uns mit Obst, warmen Kartoffelbällchen, deutschem Rotkraut und deutschem Marmorkuchen ein, aßen im Auto und stellten uns die nun so drängende Frage nach einem Schlafplatz.
    Fehlender Zugang zum Internet erschwerte die Beantwortung immens, auch die zwischenzeitliche Fahrt durch den Ort auf der Suche nach einer Unterkunft blieb ergebnislos.
    Uns blieb nichts anderes übrig, als wieder zum ursprünglichen Hotel zu fahren und zu hoffen, dass nun jemand die Türe öffnet. Und tatsächlich, beim zweiten Versuch kam nach dem Läuten ein Mann ans Tor und öffnete. Nach der freundlichen Begrüßung und dem Abstellen des Autos inspizierten wir die Räumlichkeiten. Es schien sich offensichtlich um eine von zwei Männern geführtes Hotel zu handeln, erst vor wenigen Monaten in Betrieb gegangen und rustikal eingerichtet. Basis der meisten Einrichtungsgegenstände war die gute Holzpalette, nicht nur Kopfteil des Bettes und Regale bestanden daraus, auch die Liegen am Pool waren eine Abwandlung davon.
    Die Sonne begann langsam zu sinken und wir steckten unsere Füße ins kühle Wasser des Pools, schauten den am Grundstück zahlreich vorbeirauschenden Autos und Lastwagen nach und ließen den Abend, der schlussendlich doch noch ein glückliches Ende genommen hatte, ausklingen.
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