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  • Day 118

    Auf ein neues... Jahr. Start: Kolumbien

    January 2, 2010 in Colombia ⋅ 26 °C

    Wow, was für ein Land!!! Hier kommt man wirklich in Südamerikastimmung!!

    Ich bin immer noch in Bucamaranga. Sightseeing hab ich (noch) nicht gemacht (wir erinnern uns: laut LP gibt es hier nichts zu sehen), aber mein zweites Ziel hier ist: Leute und Kultur kennenzulernen. Und das mache ich. Ich kenne nun etwa 50 Freunde von Julio und ungefähr genauso viele Verwandte - was natürlich nur ein kleiner Teil der Familie ist.

    Nun aber erstmal zu Silvester. Wir haben bei Julios Cousin gefeiert. Der wohnt in einer der besten Gegenden Columbiens auf einer Anhöhe nahe Bucamaranga. Wie schon erwähnt, waren etwa 50 Brüder, Schwestern, Onkel, Tanten, Cousins, Omas, etc. da. Dann noch das Personal, dass die Häppchen servierte (jetzt kenne ich auch kolumbianische Empanadas. Ich finde, die argentinischen sind bislang am besten), und eine Band von etwa 10 Leuten.

    Es gab Whisky (das ist DAS Getränk unter den "reichen" Kolumbinanern -> Statussymbol), Baileys und Smirnoff Ice! Smirnoff habe ich schon eine Ewigkeit nicht mehr getrunken - seit in Deutschland die Steuern für Alcopops so immens angehoben wurden. Da ich den ich-wasche-einen-Aschenbecher-aus-Geschmack von Whisky nicht mag, bin ich bei letzteren Getränken geblieben. Und da die so süß sind, und ich bin ja nicht so eine Süße, hab ich auch nicht sehr viel getrunken.

    Natürlich wurde den ganzen Abend lateinamerikanische Musik gespielt. Das witzige daran: die sind hier total verrückt nach dem Akkordeon!! Bei uns ist das ja im Moment nicht (mehr) so trendy aber hier kann das fast jeder spielen und ist in jeder Band dabei. Exportschlager aus Deutschland! ;-)

    Und wie man sich so eine Feier unter Kolumbianern vorstellt, wurde die Tanzfläche beim ersten Takt der Musik erobert. Der Sohn fordert die Mutter auf, der Enkel die Oma, der Bruder die Schwester, der Cousin die Ausländerin. Und wer nicht aufgefordert wird tanzt einfach so. Und alle machen mit. Und das geht die ganze Zeit so. Leider weiß ich nicht mehr genau, was für Tänze ich alles getanzt hab, so viele verschiedene Arten gab es. Aber zumindest hab ich mich nicht ganz doof angestellt und alle waren verwundert, dass eine Ausländerin mithalten kann :-)
    Dazu wird noch der Text zu all den Lieder gesungen, die gespielt werden. Langsam kenne ich auch schon die Texte. Es wiederholt sich eben doch irgendwann.

    Ich muss an meine 12-stündige Busfahrt von Bogota nach Bucamaranga zurückdenken, wo die letzten 2 Stunden eine DVD eines mexikanischen Sängers aufgelegt wurde. Das war in etwa so wie unser Musikantenstadel. Aber alle haben mitgesungen. Ich hatte nach einer halben Stunden schon genug (und es war ein Wunder, dass ich es so lange ausgehalten hab) und wollte meinen i-pod zum Einsatz bringen. Aber die haben die Musik so laut gedreht, dass ich einfach nichts von meiner Musik gehört habe.
    Ich muss auch noch was zur Busfahrt hinzufügen: Ich hätte ja nie gedacht, dass ich das jemals Zustande bringen würde, aber ich habe es auf dieser Busfahrt tatsächlich gemacht - NICHTS!! Einfach nichts!! 12 Stunden lang!! 12 Stunden lang saß ich, wie im übringen alle anderen im Bus auch, aber das waren alles Kolumbianer, einfach da und habe nichts gemacht. Gut, es kamen ein paar Filme, die aber alle ziemlich schlecht waren (u.a. 2012 und ein nationaler Film über südamerikanische Beziehungskonflikte) und ich habe versucht, mein Spanisch damit etwas aufzupolieren. Aber sonst... Keine Kreuzworträtsel, keine Blogeinträge vorbereitet (was bei der wilden Fahrweise des Busfahrers auch schier unmöglich war), kein Lesen irgendwelcher Bücher oder Zeitungen.
    Eigentlich hätte die Fahrt ja nur 8 Stunden dauern sollen. Aber wir haben eine lange Pause eingelegt, in der ich weiter meine Spanischkenntnisse auf die Probe stellen konnte, da ich mit dem Busfahrer, einem netten jungen Mann, der unser Gepäck ein- und ausgeladen hat und einer Portugiesin den Tisch geteilt hab und etwas Konversation betreiben "musste". Leider muss ich feststellen, dass die Kolumbianer keineswegs schöner sprechen als die Chilenen. Anders halt. Und ich hab mich schon so an die chilenische Aussprache und die Eigenheiten gewöhnt ("si po" ("po" wird einfach mal überall angehängt, heißt in diesem Fall einfach ja), "cachai?"-> verstanden?, bzw. die Verniedlichung von allem) dass es mir jetzt schwer fällt, die Leute hier zu verstehen. Aber kurz bevor ich das Land verlasse, verstehe ich bestimmt auch die Kolumbianer ("si senora"), um dann wiederum Probleme in Peru zu haben... Oh je!!! ;-)
    Nun ja, um 17 Uhr sollten wir eigentlich in Bucamaranga eintreffen. Julio wollte mich dort vom Bahnhof abholen. Als um kurz vor 17 Uhr immer noch kein Bucamaranga in Sicht war, frage ich mal vorsichtig an, wann wir denn wohl am Ziel ankommen werden. Aha. Um 7. Blöd. Aber die tolle Geschäftsidee in Kolumbien ist: man kaufe sich ein Handy mit Flatrate (bzw. viele Handys mit unterschiedlichen Verträgen unterschiedlicher Mobilfunkanbieter) und verkaufe dann die Minuten für 200 Pesos (etwa € 0.06). An der nächsten Haltestelle habe ich mir diesen Service zu nutzen gemacht, um Julio von der Verspätung zu berichten. Am Ende waren wir dann erst um halb 9 da - GENAU SO HABE ICH MIR SUEDAMERIKA VORGESTELLT. Chile und Argentinien versauen einem das Bild, indem die Busse meist pünktlich ankommen und auf die Minute genau abfahren. So manchen Bus habe ich gerade noch so erwischt... Trotzdem verstehe ich überhaupt nicht, wie die Verspätung zustande kommen konnte! Ich habe auf der Fahrt durch die Berge das ein oder andere Mal schon damit gerechnet, dass wir aus der Kurve fliegen, so ist der Fahrer die Serpentinen entlanggeprescht. Und das mit dem Bus! Gott sei Dank sind die Straßen relativ neu und gut instand gehalten.

    Genug vom Abstecher zur Busfahrt und zurück zu unserer Silvesterparty. Wir sind gegen 21 Uhr dort eingetroffen. Um 24 Uhr gab es dann für jeden eine Umarmung und ein "Feliz Ano Nuevo" und dann wurden ein paar von den selbstgebastelten Böllern in die Luft gejagt. Seit etwa einem Jahr ist es hier, wie auch in Chile, verboten, privat Böller zu verschießen. Aber natürlich gibt es illegal alles zu erwerben und so hatten wir (Julio, ein paar Freunde und ich) am Nachmittag ein paar Rakenten aufgetrieben. Und man glaubt gar nicht, wie einfach es ist, Raketen zu basteln. Man nehme: einen Bambusstock, ein paar alte Rechnungen, die man um ein bißchen Pulverzeug wickelt, ein streichholzähnliches Zündmaterial, fertig! Die Dinger fliegen was das Zeug hält - und zwar aus der Hand.

    Nun ja, ich hab hier so einige Dinge gesehen, die ich in Deutschland so noch nicht gesehen habe. Ich hab oft lachen müssen, als wir durch Bucamaranga gefahren sind und uns etwa ein Mofa entgegenkam, wo hinten einer drauf saß, in je einer Hand einen Autoreifen. Dann düsten wir an einem Mofafahrer vorbei, der einen Mitfahrer hatte, der einen Koffer in der Hand hielt. Die Taxis, Busse und LKWs haben so viele blinkende Lichter, man meint, es kommt ein Casino an einem vorbeigefahren. Und Verkehrsregeln gelten hier sowieso nicht. Man fährt, ähnlinch wie in Surinam, kreuz und quer, links und rechts, wo eben grade Platz ist.

    Nach den Glückwünschen und den Raketen sind wieder alle auf die Tanzfläche gestürmt. Eine Frau verteilte unterschiedliche Papphüte, Masken, Tröten, etc. und kurze Zeit später waren alle wild geschmückt mit allerhand Zeug und alle tanzten und sprangen wild durch die Gegend - mindestens 1,5 Sunden lang! Zwischenrein wurde noch ein riesiger Luftballon, der an der Decke hing, zerplatzt und heraus sprangen weitere Spielsachen wie etwa Seifenblasendinger (wie heißen die Teile nochmal??), Schokolade, kleine Gummibälle etc.
    Danach ging es wieder "gesitteter" zu und alle tanzten "normal wild" zur Musik.

    Um 3 Uhr haben wir uns dann zusammen mit der Band verabschiedet. Wenn man aber meint, das wars schon, hat man sich geirrt. Weiter gings im Haus von Julio. Dort saß schon ein Freund vor der Tür, als wir ankamen. Der Rest der Truppe lief nach und nach ein. Am Ende, so gegen 4 Uhr, waren dann etwa 25 Freunde da und wir feierten vor der Tür des Hauses auf der Straße. Die Stereoanlage lief auf Hochtouren und alle sangen mit. Nebenan saß ein weiteres Grüppchen von 5 Leuten, ebenfalls mit Musik und Whisky. Und JEDER trank Whisky - außer mir. Ich bin ja nun echt nicht wählerisch, aber Whisky... Ich hab schon viele verschiedene probiert, auch welche die angeblich ganz toll sein sollen. Aber nein Danke! Nun ja, ich bin deutsch und dazu noch eine Frau. Ich kann mir erlauben, ein Bier zu trinken!

    Die Jungs haben noch ihr Hohner-Akkordeon (aus dem guten Trossingen in BWB), ihr ... (so ne Art Muskatreibe, nur als Instrument) und eine Trommel (Konga) rausgeholt und musiziert, während der Rest von Julios Verwandtschaft, die in dem Haus wohnen, bereits in die Federn gekrochen sind. Ob sie schlafen können bei dem Lärm?? Das ist hier aber Nebensache! Die Party vor der Tür ging dann so bis etwa 10 oder 11 Uhr, ich hab mich so gegen 8 Uhr davongestohlen und bin ins Bett. Gott sei Dank hab ich keine Probleme und kann eigentlich so gut wie überall und immer schlafen wenn ich müde bin.

    Am nächsten Tag ging das ganze dann weiter. Zwei von Julios Freunden haben auf Couches (ist Couchen oder Couches die Mehrzahl von Couch?? Oh man, ich hab echt keine Ahnung mehr von keiner Sprache!!) hier übernachtet. Als ich nach dem "Frühstück" (um 17 Uhr ;-)) dann ein paar Neujahrstelefonate geführt hab, ist im Esszimmer weitergesungen worden, bis wir abgedüst sind, um weiteren Freunden von Julio Besuche abzustatten. So langsam wird es mir auch fast zuviel vom hin- und herfahren zu 1000 Leuten. Nun ja, morgen gehts weiter nach Cartagena, wo wir dann auch den Karneval besuchen.

    Übrigens habe ich in Bucamaranga ein paar Outdooraktivitäten unternommen: Ich bin geklettert (einen Wasserfall runter!!!! oh Gott, hatte ich schiss, so steil ging das runter!!) und dann haben wir noch eine Höhlenexpedition gemacht. Es ging durch knietiefes Wasser, durch Fledermaushöhlen und am Ende ein Sprung 5 Meter tief in ein Höhlenbecken. Adrenalin pur! Nochmal!!! :-)

    So, genug von meinem Wirrwarr! Bilder folgen asap. Aber das soll schon mal ein kurzes Eintauchen in Kolumbien sein...
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