• 23.10. Morgenpuja und Monsterwespenstich

    Oct 27–Nov 1, 2024 in India ⋅ ☀️ 29 °C

    Puh, das wird jetzt schwierig: heute (27.10.) ist schon der 5. Tag, an dem ich nichts in den Blog geschrieben habe... Ob ich das jetzt noch zusammen kriege? Heute IST "später" , nämlich schon der 5.11. und ich sitze in Nepal im Bus nach Pokhara.
    Der "Tag der bösen Wespe" (frei nach Nick Hornby's Buchtitel "Der Tag der toten Ente") war ein sehr langer: Er begann frühmorgens um 4.45 Uhr, als in meinem leeren, kalten Achtbettzimmer der Handywecker klingelte. Um 5.30 h waren Anja und ich zur " Morgenpuja" im Tempel direkt VOR unseren Schlafzimmern angemeldet. Es war dunkel und kalt da draußen im Freien. Zuerst bekam die glockenartige Konstruktion im Zentrum des runden, käfigartigen Kalitempels ein neues grellpinkes Kleid vom Priester umgewickelt. Dann startete derselbe junge Mönch nur für uns beide die Puja mit diversen Mantren, Glockenläuten, Wassersprenklern, selbstgedrehten Wattedochtölkerzen, Farbpülverchen, Reiskörnern. Manches warf er selbst durch eine Öffnung im Zaun um das Allerheiligste. Anders sollten wir reinwerfen, reinstellen (Lichter) oder reinlegen (z.B. kleine Spiegelscherben). Da die Schönheit der Göttin Kali gepriesen und erhalten werden sollte, wurden auch kleine Armreifen, Mini- Kämmchen und sogar Schächtelchen mit Kosmetika da hinein geworfen. Stück für Stück wurde es draußen heller und die Spatzen flogen um uns herum und rein in den Stoffhimmel über dem Drahtkäfig- Tempel ( siehe Bilder). Als nach einer knappen Stunde alle Mantren gechantet waren, die Lichter geschwenkt, Tikas auf unseren Stirnen platziert und schließlich wieder rotgelbe Fäden um unsere Handgelenke gebunden waren UND wir jede 500 Rupien gezahlt hatten, mussten wir noch eine Abschlussrunde im Uhrzeigersinn ( !) um die neu gewandete und frisch beschenkte Kali gehen - dann waren wir entlassen. Kavita meinte, dass von jeder von uns mindestens 1000 INR erwartet worden wären. Wir wussten aber weder, dass die Puja eigens für uns veranstaltet wurde noch etwas über die erwartete Spendenhöhe. Das hätte man uns früher sagen bzw. genauer erklären müssen.
    Nach dem üblichen einfachen, aber leckeren Ashramfrühstück (nur Aluparatha - Pfannkuchen mit Kartoffel- Kräuterfüllung und Milchtee) ging's los . Eine lange, holprige, wieder gruselig steile Fahrt bis zu unserer letzten Destination Rishikesh. Unterwegs teils tolle Ausblicke. Wir holten auf diesem Rückweg auch zwei Programmpunkte nach, die wir auf der Hinfahrt nicht geschafft hatten. Zuerst den Tempel, der malerisch mitten im Anaknanda- Fluss liegt, d.h. der nun auf Stelzen steht. Die Menschen hatten irgendwann das Flusswasser mit einem Damm gestaut, so dass der uralte Tempel, der genau HIER stehen musste (lange Extrageschichte...) plötzlich überschwemmt wurde. Die Einwohner entschieden, den Tempel einfach hoch zu heben. Als 2013 eine riesige Flut die ganze Gegend überschwemmte und immense Schäden verursachte, wurde das Unglück darauf zurück geführt: : niemals hätte die Lage des ursprünglichen Tempels auch nur um wenige Meter verändert werden dürfen. Den unberechenbaren Zorn der Göttin bekam ich hier auch gleich zu spüren.
    Denn: In der Mittagshitze stellten sich die Frauen unserer Gruppe (Achim verzichtete wie meistens dankend) barfuß in die lange (!) Warteschlange auf den Steg zum Tempel. Ja, ich hatte rechts am Steg den Haufen weggeworfen er Göttergabe-Zuckerkügelchen mit Scharen von riesigen Wespen gesehen. Aber ich war so abgelenkt von den vielen Ledergürteln, die rechts und links am Zaun hingen. Ich hatte davon gehört, dass in manchen Tempeln nicht nur die Schuhe, sondern alles aus Leder draußen bleiben muss. Hatte das aber bisher noch nicht gesehen. Es ging hier aber nur sehr langsam voran...
    AUUUuu! Ein fieser Stich in die rechte Fußsohle holte mich aus meinen zähledernen Gedanken zurück. Mist!
    Es tat wirklich schlimm weh, aber nun musste ich den gesamten " Einbahn Wartehinweg" noch ausharren bis wir IM Tempel und dort AM Altar angekommen waren. Sofort humpelte ich wieder raus und flüchtete so rasch wie möglich barfuß zurück über den endlosen Steg. Hüpfend suchte ich mir einen Weg zum Flussstrand vor bzw. unter dem Steg und kühlte meinen böse brennenden Fuß. Leider trieb mich meine Gruppe schon wieder zur Eile an: Apropos Eile - ich fasse mich nun kürzer. -

    Der Bus rüttelt seit 3 Stunden derartig, dass ich kaum die Tasten treffen kann. 2 Plätze weiter hält ein Junge krampfhaft seine Kotztüte fest ...

    Ich zog also die Schuhe an, kaufte zwei verpackte Stieleis an einem Stand, humpelte ins Auto. Ein Stieleis war schon fast geschmolzen und die Verpackung zerplatzte am Rücksitz meines Vordermannes... Nice try! 😂😜 Als wir endlich eine Apotheke am Straßenrand gefunden hatten, schmierte ich Cortisonsalbe drauf und schluckte eine Ibuprofen. Es dauerte trotzdem bis zum Abend, bis der Schmerz und die rote Schwellung nachließen. Unser letzter Halt an der Meditationshöhle in einem auch von Affen bewohnten Ashram am Ganges kam daher wie gerufen. Die tempelartige kleine Höhle selbst war wenig beeindruckend, das Gangesufer mit feinem Sand und großen Steinen dagegen sehr: Kühlung - herrlich!!! Gut eine Stunde später checkten wir im Niketan- Ashram ein. Wir bekamen sogar noch ein Blechtablett- Abendessen.
    Karin und ich drehten noch eine erste kurze Abendrunde unten am Ghat am Ganges. Dafür musste man sich extra in eine Liste eintragen und spätestens um 22 Uhr wieder zurück sein. Das Tor nach unten wird dann geschlossen. Aber weil wir müde waren und Karin etwas ängstlich im Dunkeln an den Ghats, waren wir schon vorher wieder zurück.
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