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  • Day 47

    Kranktag + Reisterassen & Tempel

    October 29, 2019 in Indonesia ⋅ ☀️ 27 °C

    Als wir am Montagmorgen aufwachten, entschied diesmal Tobias` Körper, dass er keine Lust auf Aktivitäten hat und ihn stattdessen lieber mit einer extra Portion Kopfschmerzen und leichtem Fieber schlapp und müde fühlen ließ. Nachdem ich es grad wieder überstanden hatte, war er jetzt leider dran und demnach legten wir zwanghaft einen Tag Ruhe ein und hofften, dass es schnell vorbeigehen würde.
    Da ich allerdings noch zwei bereits bezahlte Kurse in der Yoga Barn auf meiner Kurskarte offen hatte, wir Ubud in zwei Tagen verlassen wollten und Tobias größtenteils für seine Genesung schlafen wollte/musste, verabredete ich mich am Nachmittag mit Rosan für eine Meditationsklasse. Die Mitarbeiter von der Unterkunft fuhren mich netterweise mit dem Roller zur Yoga Barn, denn anderenfalls hätte ich bei der Hitze sicher 45 min gebraucht und war demnach sehr froh über den kostenlosen Bring- und Abholservice!

    An diesem Tag nahm ich zum ersten Mal an einer Active Consciousness Meditation teil, welche eine uralte und kraftvolle Methode ist, um mit der Kombination aus Atem-und Meditationstechnik die Chakren (Energiekanäle) zu reinigen und aktivieren. Die Meditation soll außerdem zu tiefem Bewusstsein führen und ein Gefühl von Ganzheit und Wohlbefinden schaffen. Die 90 Minuten wurden von der Lehrerin mit einem kurzen Intro eingeleitet, danach übten wir einige verschiedene Atemtechniken, um uns einerseits zu mobilisieren und andererseits zu entspannen und anschließend ging es fließend in eine längere Mediation über. Wie ich die 90 Minuten erlebt habe, kann ich im Nachhinein gar nicht mehr so richtig rekonstruieren. Ich bin nicht eingeschlafen (wie manch anderer) aber fühlte mich im Geist fernweg von Raum und Zeit, irgendwie schwebend und tiefenentspannt aber irgendwie auch nicht richtig anwesend im Körper - es ist irgendwie schwer dies zu erklären aber als die Klasse vorbei war, überkam mich eine Leichtigkeit, die ich so noch nicht gefühlt hatte. Es ist wie immer etwas, was man selbst durchleben muss, um es zu greifen aber ich war froh, die Erfahrung hier wieder gemacht haben zu dürfen. Einen Kaffee und erneuten Abschied von Rosan (es sollte nicht der letzte sein) später wurde ich wieder abgeholt und fuhr zurück in die Reisfelder. Ich freute mich, dass es Tobias mittlerweile ein wenig besser zu gehen schien und somit bestellten wir uns noch etwas zu Essen auf unsere Veranda bevor wir uns schließlich für noch mehr Regeneration extra zeitig in die Waagerechte begaben.

    Am nächsten Morgen schien auch Tobias sein Kranktag überstanden zu sein und da wir noch nicht allzu viel vom Umland erkundet hatten, mieteten wir uns vom Hotel einen Roller und düsten nach einem entspannten Frühstück los.
    Erster Stop: Tegallalang Reisterassen.
    Dass Balis Landschaftsbild ohne die sattgrünen Reisfelder unvollständig wäre, war uns definitiv bewusst aber dass diese sich immer wieder an Schönheit selbst übertreffen, stellten wir spätestens bei der Ankunft bei den Tegallalang Rice Terraces fest. Bereits nach dem Parken unseres Rollers und dem Überqueren der Hauptstraße raubte uns der erste kleine Blick durch die freien Spalten zwischen den zahlreichen Warungs und Cafés den Atem. Die Terassen waren unglaublich schön anzusehen und um die ersten Eindrücke in Ruhe verarbeiten zu können, gönnten wir uns nach der ohnehin schweißtreibenden Fahrt zwei Mango Shakes mit dem wohl besten Terassenausblick von Bali. Nachdem wir uns mental angekommen fühlten, liefen wir los, um das beeindruckende Areal in Ruhe zu erkunden. Der Eintritt für die Terrassen kostete uns jeweils 10.000 IDR (ca. 60 Cent), wobei man auf dem Weg durch die Felder mindestens noch zweimal nach Spenden für die Community gefragt wird - da man die Summe selbst wählen kann, war dies aber auch in Ordnung.

    Jegliche Reisterrassen werden von den Balinesen übrigens in Handarbeit an den Hängen des hügeligen Landes angebaut. Teilweise können noch nicht einmal Nutztiere zum Pflügen der Felder eingesetzt werden, da die einzelnen Stufen der Reisterrassen zu schmal und zu steil sind. In größeren Feldern auf ebenerem Untergrund werden hingegen auch Traktoren eingesetzt, die die Arbeit erleichtern. Mauern und Dämme stützen hier jeweils die Felder, denn geflutet werden diese über ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, das sein Wasser aus Quellen und Bächen bezieht. Das Faszinierende für mich ist immer wieder, dass die Felder bepflanzt werden, indem kleine Reispflanzen einzeln per Hand in die gefluteten Reisbecken gesetzt werden. Die Bepflanzung geschieht in Reih und Glied und ist sehr interessant zu beobachten (wie in meiner ersten Unterkunft in Ubud von meinem Balkon aus). Bereits nach ca. drei Monaten kann der Reis von Hand geerntet werden, um anschließend in der Sonne zu trocknen. Sobald der Reis trocken genug ist, werden die Ähren gedroschen und die Reiskörner gelöst. Die nährstoffreichen Vulkanböden Balis bieten optimale Bedingungen für das Reis-Wachstum, sodass jährlich ca. drei Reisernten möglich sind. Daher ist Reis eines der Grundnahrungsmittel auf Bali und sichert vielen Familien den Lebensunterhalt. Um die balinesische Fruchtbarkeitsgöttin Dewi Sri zu ehren, werden an den Rändern der Reisfelder Schreine aufgestellt, an denen kleine Opfergaben zu finden sind. Dies sollen den Balinesen eine sichere und gute Ernte sichern - Dewi Sri wird daher auch als Reisgöttin bezeichnet.

    Nachdem wir beeindruckt durch die Reisfelder spazierten, verschlug uns noch etwas anderes die Sprache - die Preise für die Nutzung der sog. Bali Swings. Wenn man Instagram oder soziale Medien benutzt, sieht man im Bali Feed überall Bilder von schönen Frauen im langen, meist roten Kleid auf einer einsamen Schaukel mit Blick auf den Dschungel über einem Meer aus Palmen oder endlosen Reisterassen. Alternativ gibt es Motive von verliebten Paaren, sitzend in einem Vogelnest oder liegend auf einem Bett mit purer Natur im Hintergrund sowie lachenden Freunde in einem Hubschrauber oder auf einer Tandemschaukel (...) und das Ganze kostet einen sage und schreibe 30€ - zumindest wenn man den eigens in Ubud angelegten Bali Swing Park mit seinen über 20 Fotospots (darunter 15 Einzelschaukeln) aufsuchen möchte :D!!! Bei den Tegallalang Terrassen bot man uns an für "nur" 150.000 IDR (ca. 10€) zu schaukeln - man bedenke, dass der Eintritt für die Reisterassen umgerechnet 60 Cent betrug...!
    Es ist schon etwas belustigend zu wissen, dass die bunten, langen Kleider vor jeder Schaukel auf einem Bügel hängen und über die eigenen Sachen gesteift werden können, damit das inszenierte Bild von hinten noch mehr nach dem perfektem Paradies aussieht - es existieren vor allem bei den Bali Swings vor den einzelnen Spots regelrecht Schlangen von Fotowütigen, was das Ganze für uns noch absurder macht. Paradiesisch und einsam im Dschungel ist hier nur der kurze Moment vor dem Auslöser und eine Frage der perfekten Inszenierung - der offensichtlich große Drang nach dem perfektem Shot und öffentlicher Bestätigung lässt dafür aber die Kassen der Betreiber ordentlich klingeln :D!

    Nach dem Besuch der Reisterassen fuhren wir weiter zum nächsten Stop, den Königsgräbern von Gunung Kawi. Diese wurden erst 1920 entdeckt und befinden sich im fruchtbaren, von Reisterrassen durchzogenen Tal des Pakerisan-Flusses. Nachdem wir uns beide für das Betreten der heiligen Stätte einen Sarong und eine Schärpe umbinden mussten (vor allem zur Freude von Tobias, meine Hosen waren lang genug haha), führten uns rund 300 Treppenstufen hinunter zum Fluss und zu den Gräbern - wie immer war der Weg gesäumt von zahlreichen Souvenirshops, jeder versucht einem wie gewohnt irgendwas von seinem Trödeltisch zu verkaufen aber man kannte es ja mittlerweile und somit konzentrierten wir uns auf den Weg und freuten uns, als wir ankamen. Der untere Bereich der Stätte ist in zwei Teile augebaut, die durch einen Fluss mittig getrennt werden. Die eine Seite beherbergt die Hauptgruppe der Königsgräber von Gunung Kawi - die fünf Meru-förmigen Monolithe samt der mit Rundbögen versehenen Nischen soll der Legende nach der Riese Kebo Iwo mit seinen Nägeln aus dem Fels gekratzt haben. Tatsächlich stammen die Gräber von Gunung Kawi aus dem 11. Jahrhundert und wurden unter König Anak Wungsu zu Ehren seiner Familie errichtet. Für den Vater und früheren Herrscher Balis, König Udayana, dessen Frau Mahendradatta und dessen Söhne Airlanga, Marakata und Anak Wungsu selbst. Da die Gräber keine sterblichen Überreste der Familienmitglieder bergen, handelt es sich eher um Gedenksteine als um Gräber.
    Auf der gegenüberliegenden Flussseite gibt es vier weitere Felsengräber. Sie sollen den weniger bedeutenden Königinnen und Konkubinen König Udayanas gewidmet sein, waren aber für uns nicht weniger beeindruckend!
    Auch hier spazierten wir andächtig durch die Anlage, anschließend durch ein paar kleine Reisfelder und zurück zu einem Tempel, an dessem Rande uns ein älterer Herr eine frische Kokusnuss köpfte. Jeder Tag auf Bali fühlt sich irgendwie manchmal so (im positiven Sinne) unreal an, wenn man bedenkt, was man beim Reisen tagtäglich erlebt. Hier ist es normal, dass jemand mit seinem Sebel im Dschungel wartet, um eine Kokusnuss zu schälen, zu köpfen und dem nächsten durstigen Touristen für umgerechnet 1,50€ in die Hand zu drücken - damit verdient dieser Herr schließlich seinen Unterhalt - für uns zu Hause absolut Undenkbar!

    Obwohl wir hier schon voll mit Eindrücken und super verschwitzt nach dem hitzigen Aufstieg das Ausgangstor erreichten, peilten wir schließlich noch einen dritten Stopp auf unserer Tagestour an: den Tirta Empul Tempel. Dieser gehört zu einem der 9 Staatstempeln auf Bali und ist vor allem durch die heiligen Quellen bekannt. Der Name „Tirta Empul“ bedeutet auf Indonesisch „sprudelnde Quelle“, wobei das heilige Wasserbecken den Kern der Stätte bildet. Der Tempel wurde einer heiligen Schrift zufolge bereits im Jahr 962 errichtet. 1954 wurde neben diesem eine moderne Villa gebaut, die für den damaligen Besuch des Presidenten Sukarno bestimmt war. Seither wurden hier Staats-Gäste verschiedener Nationen beherbergt - selbst Angela Merkel war im Rahmen eines Staatsbesuchs bereits hier untergebracht. Ein Bad in den heiligen Quellen des Tirta Empul Bali bringt nach hinduistischem Glauben eine geistige und seelische Reinigung. Es hilft vor allem zur Heilung von Krankheiten und soll vor Kummer, Ärger, Problemen sowie dem Zorn von Göttern und Dämonen schützen.
    Das Tragen eines Sarongs ist im Tirta Empul Bali ebenfalls Pflicht. Frauen ist es zudem untersagt, während ihrer Menstruation den Tirta Empul Temple zu betreten (gilt übrigens für alle Tempel) und sofern man lange Haare hat, sollte man diese zusammenbinden (ich fand leider nicht heraus, warum). Das heilige Badebecken besteht aus zwei Teilen - zur linken und rechten Seite befindet sich je ein Badebecken mit jeweils 10 Wasserfontänen. Jede einzelne Wasserfontäne hat eine spezielle Bedeutung mit eigener Heilungskraft. Welche Kräfte die einzelnen Quellen genau haben, ist aber leider nicht vollständig übermittelt. Um die volle Heilungskraft zu erhalten, vollziehen die hinduistischen Gläubigen das Reinigungsritual unter allen 20 Quell-Krügen. Vorbereitet wird dies durch entsprechendes Beten und Meditieren im sich anschließenden Tempel.

    Den Tempel und auch die Becken darf man als Tourist ebenfalls betreten und sogar an dem Reinigungsritual entsprechend gekleidet teilnehmen. Die Idee, dies demnach auch zu tun, verwarfen wir nach unserer Ankunft aber ziemlich schnell, denn was hier passierte, hatte leider nicht viel mit Spiritualität oder Ernsthaftigkeit zu tun. Es gab auf dem Gelände eigens für die Touristen eine große Umkleide, in denen man spezielle Badesarongs ausleihen und seine Sachen in den Schließfächern verstauen konnte. Anschließend gab es die Möglichkeit für 50.000 IDR (3,50€) einen Guide in Anspruch zu nehmen, der einem etwas mehr über das Prozedere erzählt und dich anschließend bei deinem "Ritual" fotografiert...! Denn darum ging es auch hier wieder: das perfekte Foto im heiligen Tirta Empul - was interessiert mich denn die Bedeutung dessen (...). Wir verzichteten aufgrund der für uns komischen Situation auf die Teilnahme und beobachteten lieber die sich im Becken aufreihenden Touristen, meist mit ihren Smartphones schon in der Hand, um sich bereit für das nächste Shooting unter dem Wasserkrug zu machen. Hätte es die Möglichkeit gegeben, das Ritual komplett durchzuführen, wäre es sicher etwas anderes gewesen aber so empfanden wir die Badeaktion im Wasserbecken als nicht angemessen und erfreuten uns lieber mit trockener Kleidung an der wunderschönen Stätte und blendeten irgendwann die Shootingstars um uns herum einfach aus.

    Zufrieden und etwas platt von den ganzen Eindrücken schwungen wir uns wieder auf den Roller und machten uns schließlich auf den Heimweg. Unterwegs hielten wir noch in Ubud für ein spätes Abendessen und traten dann den Heimweg in die Reisfelder an - was ein ereignisreicher Tag mal wieder :)!
    Heute sollte unsere letzte Nacht in Ubud sein, da wir morgen die Reise mit dem Bus an die Nordküste der Insel, nach Lovina, antreten wollen - wir sind schon gespannt, was uns da Neues erwartet!!!
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