• Boisserée's Vermächtnis

    August 18, 2018 in Germany ⋅ ☀️ 21 °C

    Im Gegensatz zu den luftigen Höhen des Parkdecks, von dem mein letzter Beitrag handelte, befinde ich mich heute wieder in "sicheren Gefilden", sprich unterwegs in den Straßen der Stadt. Das heißt, eigentlich suche ich eine ganz bestimmte Straße: Blaubach, Hausnummer 14. Dort gibt es eine Gedenktafel an einen Mann, der bestimmt - nein, ganz sicher sogar - maßgeblich dafür gesorgt hat, dass unser Dom genau so da steht, wie wir ihn alle kennen und lieben. Sein Name: Sulpiz Boisserée. Ronald wies ja kürzlich darauf hin, dass ich euch von ihm berichten werde. Aber wer war dieser Mann?...

    Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass Köln ohne ihn heute nicht das wäre, was es ist. Denn ein nicht vollendeter Dom, eine seit Jahrhunderten verwahrloste Ruine hätte aus Köln nicht die Stadt gemacht, die sie heute ist. Womit ich all den vielen anderen geschichtlichen Reliquien nicht die Bedeutung absprechen möchte. Köln hat völlig ohne Zweifel sehr viele davon zu bieten. Nur würden diese allein vermutlich nicht diese Massen an Besuchern in die Stadt locken. Mal davon abgesehen, dass diese wunderschöne Kathedrale eine unglaubliche Ausstrahlung und Wirkung auf die Menschen ausübt.

    Sulpiz Boisserée, geboren am 2. August 1783, Kaufmannssohn aus Köln, ist selbst auch Kaufmann geworden, um mit seinen Brüdern in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Glücklich aber war er damit nicht. Er gab seinen Beruf auf und begann im Alter von 19 Jahren zu studieren. Heute gilt er als Gemäldesammler, Kunst- und Architekturhistoriker.

    Im Alter von 24 Jahren dann hatte Boisserée einen Traum, eine Vision, in deren Umsetzung er seine ganze Kraft steckte und die für ihn Lebensziel war. Die Vollendung des Kölner Domes.

    Einfach war dieses Vorhaben nicht, die Zeit der Gotik war längst vorbei. Seit bald 300 Jahren war die begonnene Kathedrale nur noch eine Ruine, lediglich der Chor war fertig geworden. Und dann mußte das ganze ja auch noch finanziert werden. Dennoch schaffte Boisserée es, Johann Wolfgang von Goethe, seines Zeichens Dichter, aber auch Naturforscher und Gelehrter der Rechtswissenschaft, dem der Sinn eher nach der feinen italienischen Kunst stand, als nach alten halbfertigen Gemäuern, von seinem Vorhaben zu überzeugen und mit seiner Unterstützung Begeisterung am preußischen Hof zu wecken.

    Auf einer seiner Reisen fand Boisserée in Paris eine Hälfte des über 4 Meter großen Fassadenplans des Dombaumeisters Johannes, nachdem sein Freund, der Oberbaudirektor Georg Moller in Darmstadt auf dem Speicher eines Gasthauses die andere Hälfte gefunden hatte. Er begann mit dem Baumeister Karl Friedrich Schinkel die Planung des Weiterbaus der Kathedrale, was sich natürlich aber auch nochmal über Jahre zog. Ab dem Jahr 1842 stand Boisserée dann Herrn Ernst Friedrich Zwirner, damaliger ausführender Dombaumeister, sowie König Wilhelm IV bei der Vollendung beratend zur Seite.
    Finanziert wurde der Weiterbau vom Staat Preußen, sowie vom unter anderen von Sulpiz Boisserée gegründete Zentral-Dombau-Verein zu Köln, wo auch im Rahmen einer Lotterie Geld gesammelt wurde.

    Ihr seht, er hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um seinen Traum wahr werden zu lassen. Erlebt hat er die Vollendung des Kölner Domes leider nicht mehr. Er starb am 2. Mai 1854.

    An der Stelle, wo jetzt das Haus mit der Gedenktafel steht, stand übrigens einst das Geburtshaus Boisserée's. Achtet mal darauf, wenn ihr daran vorbei kommt.

    Eure Ramona
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