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  • Day 16

    Polletts Cove

    July 26, 2023 in Canada ⋅ 🌙 20 °C

    Ein Inder aus Mumbai empfahl uns eine Wanderung von Pleasant Bay aus: "Drive of end of Red River Road. Very hard, one day, beautiful! Must do!" Das klingt doch vielversprechend, so einer detailreichen Beschreibung folgen wir doch gerne.
    Wir finden tatsächlich von Pleasant Bay den besagten Red River Road. Die asphaltierte Straße endet, wir fahren auf Schotter weiter, bis wir nur noch zu Fuß weiter können. Dort übernachten wir.
    Der nächste Tag begrüßt uns mit bestem Wetter! Schon früh am Morgen ist es mit 26°C recht warm. Unser Rucksack ist mit Regenjacken, 2l Sprite und Studentenfutter gepackt. Es kann also losgehen:
    Nach 100m sehen wir eine halb verfallene Hütte. Durch den offenen Eingang spähend erkennen wir, dass die Küche voll eingerichtet ist.
    Weitere 200m später ist der Weg schon so überwachsen, dass ich meine Arme vor dem Gesicht kreuze,damit ich die Äste nicht ins Gesicht bekomme. Jörg geht voran und ist im Nu im Unterholz verschwunden. Wir kämpfen uns voran. Aufgeben gibt es nicht! Und tatsächlich öffnet sich der Pfad wieder und verläuft jetzt unter einem niedrigen Blätterdach. Obwohl es dadurch schattig ist, sind wir schweißgebadet, denn es ist stickig-heiß. Ich fühle mich wie Bilbo Beutlin aus dem Buch "Der kleine Hobbit", es fehlen nur die riesigen Spinnen. Es geht steil bergauf, dann wieder bergab. Unten angekommen queren wir ein Bächlein. Dann geht es wieder aufwärts. Im Gegensatz zu Bilbo haben wir jedoch noch zu Hause eine Karte auf unser mobiles Endgerät heruntergeladen, so dass wir wissen, dass der Weg der Küstenlinie folgt und ein Verlaufen nicht möglich ist. Das erklärt auch die Wegführung: Rauf auf die Steilküste und wieder herunter in das Flusstal. Einen Blick über das Wasser erhalten wir jedoch erst nach 4 km, als sich vor uns eine Wildblumenwiese auftut und der Weg steil abwärts zu einem breiten Bachbett führt. Unter uns erkennen wir 2 Menschen! Noch bevor wir unserem Erstaunen Ausdruck verleihen können, stürzt einer der beiden. Das Geräusch, das dabei zu uns hochschallt, erinnert an brechende Knochen. Der Schreck lässt uns den Abhang hinunter geradezu fliegen. Aber die junge Frau hatte Glück: Blutende Schürfwunden sind sicher schmerzhaft, aber hindern nicht am Weitergehen. Vater und Tochter sind auf dem Rückweg von Polletts Cove. Sie hatten dort übernachtet.
    Wir überqueren den Fluß barfuß mit dem Wissen, dass wir die Hälfte des Hinweges geschafft haben und noch 3-4 km vor uns liegen. Polletts Cove muss schon sehr schön sein, um diese Anstrengung zu rechtfertigen.
    Und es ist schön! Wildromantisch liegt die weite Bucht schließlich vor uns: Blumenwiesen mit Knabenkrautorchideen, grasende Pferde, ein breiter klarer Bachlauf und eine frische Brise vom Meer her. Wir gönnen uns eine Stunde Pause im Paradies, dann machen wir uns auf den Rückweg.
    Die letzten Kilometer werden zu einer schmerzhaften Strapaze, aber Pollets Cove war sie wert.
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