• Mit Haien schwimmen

    4 août, États Unis ⋅ ⛅ 23 °C

    Zu meinem 29. Geburtstag hat mir meine Familie daheim ein nettes Geburtstags-Unternehmungs-Guthaben geschenkt. Tauchen wäre auch sehr cool gewesen, ist hier jedoch (wie eigentlich alles) deutlich teurer als anderswo. In den Küstengewässern der hawaiianischen Inseln gibt es viele verschiedene Haisorten, die auch in der einheimischen polynesischen Kultur eine wichtige Rolle spielen. Die Schnorchel-Angebote ohne Käfig klangen für mich irgendwie echter. Da dabei wohl noch nie etwas passiert ist, hatte ich wenig Hemmung, das geschenkte Geld für diesen Anlass in ein Abenteuer umzuwandeln.

    Um 6:00 Uhr legte das erste „One Ocean“-Boot dieses Tages vom Hafen in Hale‘iwa ab. Auf dem relativ kurzen Weg in Richtung offenes Meer erklärte uns, etwa zehn Passagieren, eine Meeresbiologin an Bord, wie man sich im Wasser verhalten muss, wenn einen die Haie umkreisen. (Alle Angaben ohne Gewähr, bitte nur in professioneller Begleitung nachmachen, danke.) Es ist eigentlich ganz einfach: durch reine Körpersprache und Augenkontakt, denn Haie können sehen, wohin man selbst blickt. Es geht um die Dominanz-Hierarchie im Wasser. Dominantere Haiarten schwimmen weiter oben im Wasser als kleinere und weniger dominante. Als Mensch gehört man selbstverständlich zu den Alpha-Prädatoren. Daher sollte man sich niemals unterhalb eines Hais aufhalten und immer den Augenkontakt halten – vor allem, wenn man nicht vorwärts, sondern rückwärts oder auf der Stelle schwimmt (dann auf den Rücken drehen). Gleichzeitig muss man aufmerksam in alle Richtungen sein (wie in einem unsicheren Viertel bei Dunkelheit), denn man weiß nie, von wo sich etwas mit wie vielen Zähnen aus den unscharfen blauen Tiefen nähert. Kurz gesagt: Man darf sich nicht wie ein Beutetier verhalten. Natürlich sollte man selbst auch nicht überaggressiv auftreten oder zu nah heranschwimmen.

    Nach etwa 15 Minuten Fahrt wurde das Boot an einem Ankerpunkt vor der Nordküste O‘ahus festgemacht. Während die Schnorchelausrüstung verteilt wurde, stand ich an der Reling und blickte auf das Meer. Auf den ersten Blick sah ich einen großen, dunklen Schatten nahe der Wasseroberfläche – die Haie waren schon da.

    Nach dem Guide war ich der Erste im Wasser auf meiner Seite des Bootes. Man musste sich an einem Seil seitlich des Bootes festhalten und durfte nur einzeln, unter Aufsicht des Guides frei in der Nähe des Bootes schwimmen. Auf Kommando konnte man auch bis zu fünf Meter freitauchen, um etwas näher heranzukommen oder besser Bilder zu machen. Ich hatte meine eigene 360°-Kamera dabei.

    Zunächst waren zwei Galapagos-Haie im Wasser, die gemächlich ihre Runden um das Boot und die vielen zappelnden Beine zogen. Sobald wir im Wasser waren, „trauten“ sie sich jedoch nicht mehr, oder nur sehr kurz, auf unsere Höhe. Auch beim Abtauchen blieben sie auf mehreren Metern Abstand. Später kamen zwei weitere hinzu, die teilweise in Formation schwammen, wie ich fand. Dann tauchte der viel größere Tigerhai auf – eine sehr dominante Art, an den Mustern zu erkennen, die ein wenig so aussehen, als würde sich die Wasseroberfläche nur wenige Zentimeter darüber auf dem glatten Hai-Rücken spiegeln. Ein wirklich großes Tier, das sehr interessiert an uns war und deutlich näher herankommen wollte. Laut Guide eher aus Alpha-Interesse als aus Jagdlust. Im Wasser war unser Guide jedoch ständig so präsent und immer zwischen uns und dem Hai, sodass man sich sicher gefühlt hat. Im Nachhinein erfuhren wir, dass es sich um ein „Baby“-Exemplar handelte. Die Galapagos-Haie blieben deshalb in der Nähe, anstatt, wie sonst üblich, zu verschwinden. Tigerhaie werden verdammt groß und wuchtig - schon dieses Jungtier war in etwa so lang wie ich.

    Ich beschreibe das hier so gelassen, aber es war hoch anspannend und trotzdem wunderschön und majestätisch anzusehen. Gerade der letzte Moment des Augenkontakts, bevor der Hai „nachgibt“ und zur Seite abdreht, ist heftig.

    Ein unvergessliches Geschenk!
    Um 9 Uhr zurück an Land, fuhr ich noch ein Stück die Ostküste hinunter und fand ein paar leckere Steaks und frische Maiskolben, die Malachi am Abend für uns grillte – ein hawaiianisches Bier hat er mir zum Geburtstag dazu gekauft.
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