• Rio de Janeiro - was für eine Stadt

    September 4 in Brazil ⋅ ☁️ 25 °C

    Der erste Tag in Rio war extrem – ich habe eigentlich schon alles geschafft, was ich mir vorgenommen hatte. Aber einmal von vorne: Am Mittwoch bin ich mit Marcelo die knapp 450 Kilometer lange Strecke durch hügelige Landschaften und auf nicht allzu großen Straßen von São Paulo nach Rio gefahren. Es gab ein gesperrtes Stück. Mit diesem Umweg und dem katastrophalen Verkehr in São Paulo und Rio haben wir gute neun Stunden gebraucht. Im AirBnB an der Copacabana angekommen, sind wir nur noch ein Stück die Promenade entlang spaziert und haben uns ein kleines Abendessen geteilt. Zu Fuß sind wir auch an den beiden alten Wohnungen von Marcelo vorbei gelaufen, denn er hat hier als Student mehrere Jahre gelebt.

    Der erste ganze Tag hatte es dann in sich. Marcelo hatte mittags einen Online-Deutsch­kurs, und weil er viele der touristischen Hauptspots schon oft gesehen hat, bin ich morgens um sieben allein mit einem Uber zum Fuß des Berges gefahren, auf dem die Christusstatue steht. Die Reservierung für die Zahnradbahn war zwar erst um acht, doch weil ich schon früher da war, ließ man mich mit der zweiten Bahn des Tages um 7:40 Uhr hochfahren. Das Wetter war perfekt. Die Statue ist zwar groß und stielvoll gemacht, aber nicht überwältigend beeindruckend. Generell ist die Sache mit den neuen sieben Weltwundern der NewOpenWorld-Foundation etwas kritisch zu sehen. Das Auswahlverfahren basiert nicht auf einer wissenschaftlichen Vorgehensweise, und damals gab es viel Kritik daran – das habe ich jetzt erst gelernt. Nun ist es aber so, dass diese Liste doch weitgehend Anerkennung findet, und irgendwie habe ich mir in den Kopf gesetzt, dabei zu bleiben. Vielleicht kann ich am Ende meiner Reise eine eigene Liste zusammenstellen.

    Dieses Weltwunder kann auch mehr als Symbol sehen: "Der Erlöser" (Redentor) steht auf dem höchsten Berg und wacht ausgebreiteten Armen übet die Stadt, denn die Aussicht über Rio de Janeiro wirklich atemberaubend. Von da oben kann man alle Stadtteile und viele Favelas, die meisten Strände, jede Menge Inseln nah und fern sowie Hunderte von Hochhäusern und die bekanntesten Merkmale der Stadt (Kirchen, Stadien etc.) sehen. Die Fahrt mit der Zahnradbahn nach oben und unten durch einen uralten Teil des atlantischen Regenwaldes hat sich ebenfalls gelohnt.

    Weiter ging es ins Stadtzentrum – das ist wirklich gefährlich, man muss sehr vorsichtig sein. Im örtlichen Büro meiner Firma trank ich ein paar Kaffees und schrieb die letzten Einträge meines Blogs. Die Aussicht auf die zentrale Kirche und den Cristo-Berg war super. Anschließend habe ich mir noch die Kirche (Catedral Metropolitana de São Sebastião) kurz von innen angesehen und bin durch die Innenstadt zur Königlichen Portugiesischen Bibliothek (Real Gabinete Português de Leitura) gelaufen.

    Mit dem Bus ging es erst mal zurück ins AirBnB. Von dort aus bin ich mit Marcelo direkt wieder zu Fuß aufgebrochen. Wir besuchten seine alte Universität im Stadtteil Urca. Ein schönes historisches Gebäude – leider sieht man die Folgen der Budgetkürzungen der letzten Jahre für öffentliche Universitäten. Die Wände sind voll von Fledermauskot, die unter der Decke hängen, und auch sonst müsste an vielen Stellen etwas getan werden. Irgendwie absurd, denn diese Universität zählt zu den besten nicht privaten des Landes. Nach einem kleinen Abendessen haben wir uns noch die überteuerten Tickets für die Gondelbahnen auf den Zuckerhut (Pão de Açúcar) gegönnt. Gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang oben angekommen, konnten wir zusehen, wie sich der Himmel langsam spektakulär verfärbte, immer dunkler wurde und in der ganzen Stadt Millionen von Lichtern die Nacht einleiteten.

    Das sollte noch nicht genug sein für den Tag, denn wir hatten uns Tickets für das WM-Qualifikationsspiel Brasilien gegen Chile gekauft. Im Stadion trafen wir ein paar Freunde von Marcelo – teils noch aus seinen Studienzeiten. Das Spiel war schön anzusehen, mit einem 3:0 vedient gewonnen und die Stimmung dementsprechen ausgelassen. Witzig fand ich, dass hier viele Leute mit den Trikots ihrer eigenen Sportmannschaften ins Stadion gingen (natürlich gab es auch unzählige Brasilien-Trikots), aber besonders war das schon, weil es so große Fußballrivalitäten zwischen den verschiedenen Vereinen, oft der gleichen Stadt, gibt. In São Paulo gibt es zum Beispiel drei Clubs in der ersten Liga und in Rio sogar vier. Teilweise dürfen bei diesen Derby-Spielen nicht beide Fangruppen ins Stadion – und hier war das irgendwie kein Ding. Im Maracanã Stadion, das zu Deutsch „Tempel des Fußballs“ heißt, gibt es deutsches Bier – für mich ein ganz persönliches Highlight dieses unglaublichen ersten Tages.
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