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  • Day 274

    EBC Trek 8: Von Lobuche zum Basecamp

    November 7, 2022 in Nepal ⋅ ⛅ -4 °C

    Diese Nacht war die schlimmste bisher, es war so unglaublich kalt und der wenige Sauerstoff führte dazu, dass ich so gut wie gar nicht schlafen konnte. Ein Gefühl der Panik kommt immer wieder auf, wenn man denkt, keine Luft zu bekommen und immer wieder ganz tief einatmen muss. Dazu habe ich nun auch starke Halsschmerzen und einen schmerzhaften trockenen Husten, die Kopfschmerzen kommen und gehen und ich weiß nicht, ob sie von dem verspannten Rücken oder der Höhe oder von beidem kommen.

    Ich bin froh, als es endlich hell wird und wir uns unten in den zwar noch kalten Gemeinschaftsraum setzen, aber immerhin heißen Tee trinken können. Wir lassen uns Zeit und die anderen Wanderer schon einmal starten und machen uns erst auf den Weg, als die Sonne unseren weiteren Weg aufwärmt.

    Die ersten 5 km gehen abwechselnd flach und steil über Geröll und wären eigentlich gut zu meistern, wäre hier jetzt nicht so unglaublich viel los, dass es sich regelrecht staut und einen immer wieder aus seinem Gehrythmus bringt, was gleich doppelt so anstrengend ist. Aber schließlich kommen wir in der letzten dauerhaft bewohnten Ortschaft vor dem Everest Base Camp, Gorak Shep, an. Hier suchen wir uns erst einmal eine Unterkunft für die Nacht, essen eine Kleinigkeit und können unser Gepäck abstellen, bevor wir nur mit dem Tagesrucksack die finale Etappe zum Base Camp in Angriff nehmen.
    Ich spüre heute die Höhe und den fehlenden Schlaf ziemlich stark, aber das Erreichen des Base Camps ist nun so nah, dass die letzten Kräfte mobilisiert werden 😮‍💨🥵😅.
    Die 3 km lange Wanderung ist ohne Gepäck deutlich angenehmer, aber jeder Schritt führt dennoch zu einer Schnappatmung. Wir laufen wieder in der ganzen Horde immer am Khumbu Gletscher entlang und hoffen nach jeder Kurve, endlich am Ziel zu sein. Und dann ist es auch endlich so weit. Vor uns glitzert ein großer vereister Gletschersee und dahinter können wir schon von hier oben den berühmten Stein des Base Camps (und all die Touristen) sehen. Also nehmen wir noch einmal die Beine in die Hand, vorbei an einer tiefen Gletscherspalte 😳 und haben es dann endlich geschafft 🥳🥳🥳🥳. Was für ein tolles Gefühl. Der Gipfel des Mount Everest zeigt sich uns immer wieder, die kleinen Wolken ziehen brav vorbei und wir stehen also nun hier, wo für die verrückten Bergsteiger das Abenteuer erst anfängt. Da die Saison der Bergsteiger erst im Frühjahr ist, sehen wir jetzt die zu dieser Zeit hier aufgebaute Zeltstadt nicht. Das macht aber gar nichts, der Ort ist auch so irgendwie magisch, hat sich hier doch schon so viel Erfolg und Tragik abgespielt.
    Wir machen freudestrahlend unser von Kathmandu bis hierher mitgeschlepptes Dosenbier auf und für den Moment sind alle Schmerzen und körperlichen Qualen vergessen 🍻.
    Und dann beginnt der Krieg um ein schönes Foto 🙈😆. Teilweise muss man wirklich mit dem Kopf schütteln, wie egoistisch sich die einen und wie selten dämlich sich die anderen verhalten, nur um DAS Bild zu bekommen. Wir quatschen mit zwei anderen Deutschen und versuchen uns nicht zu sehr aufzuregen, tauschen stattdessen schnell die Handys und dann hat auch schon jeder sein Photo ohne viel Aufregung im Kasten. Auf die Diskussionen mit den Leuten hier haben wir echt keine Lust und lassen uns lieber die gute Laune nicht vermiesen. Schließlich sind wir ja auch ein Teil der Touristenmasse 🙈🥲.

    Und dann heißt es auch schon langsam wieder den Rückweg antreten, denn windig und kalt ist es trotz der Sonne natürlich trotzdem hier oben. Leider kommt damit auch das schlechte Körpergefühl zurück und wir (aber besonders ich) kämpfen uns die letzten Kilometer zurück. Als wir in der Unterkunft ankommen, sind wir so kaputt, dass wir erstmal nur auf dem Bett sitzen können und tief ein- und ausatmen müssen. Die Kälte im Zimmer treibt uns dann allerdings schnell in den Speisesaal, wo immerhin allmählich der Ofen angemacht wird. So erschöpft habe ich mich wirklich lange nicht mehr gefühlt und auch der warme Tee und eine große Portion Nudeln hilft nur kurze Zeit. Denn obwohl es langsam schön warm im Raum wird, verspüre ich den unbedingten Drang, mich hinlegen zu müssen und schlafen zu wollen. Zwar genügen heute die gemeinsame Decke und unsere beiden Schlafsäcke, um uns im Bett warm zu halten, schlafen kann ich leider trotzdem so gut wie keine Minute. Wieder macht mir die Höhe zu schaffen und ich wälze mich nur hin und her, muss ständig husten und bekomme schlecht Luft. Manu geht es etwas besser, aber auch er ist immer wieder wach. Und so quälen wir uns durch eine weitere Nacht in fast 5.000 m Höhe und ich kann es kaum erwarten, wieder in lebensfreundlichere Höhen zu kommen.

    Heutige Wanderung von
    Lobuche 4.910 m
    über Gorakshep 5.190 m
    bis zum Mount Everest Base Camp 5.364 m
    und zurück nach Gorakshep 5.190 m

    Strecke insgesamt: 12 km
    Höhenmeter aufwärts: 501 m
    Höhenmeter abwärts: 273 m
    Reine Laufzeit: 5:02 h
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