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  • Day 65

    Kriminalität in Südafrika

    November 8, 2018 in South Africa ⋅ ☀️ 21 °C

    Heute mal ein kleiner Blogeintrag über eine nicht so liebenswerte Seite des Landes: Die Kriminalität.
    Bedauerlicherweise ist das Thema besonders in der Großstadt fast allgegenwärtig. Südafrika ist zwar drittstärkste wirtschaftliche Kraft in Afrika (nach Ägypten und Nigeria), aber dennoch lebt ein großer Bevölkerungsteil in Armut. Hinzu kommen Nachwirkungen der Apartheid und Rassismus, welche das Konfliktpotenzial enorm verstärken. PE gilt im Vergleich zu Kapstadt oder Johannesburg aufgrund seiner übersichtlichen Größe noch als ziemlich ungefährlich, dennoch gibt es einige Vorsichsmaßnahmen bei einem längeren Aufenthalt in der Stadt zu beachten.

    Grundregel Nummer 1 dabei: Niemals allein im Dunkeln draußen rumlaufen.

    Seit unserer Ankunft wurden uns so viel Sicherheitshinweise eingebläut, dass wir lange Zeit dachten, eigentlich wäre es gar nicht so wild hier und die Leute würden nur versuchen uns etwas Angst zu machen, damit wir nicht unvorsichtig werden. Zudem sind die meisten Menschen, denen wir bisher begegnet sind sehr freundlich und bemüht zu uns gewesen, ihr erinnert euch vielleicht noch an meinen anderen Blogintrag „Die Reise“, als ich festgestellt habe, dass Südafrika so voller Lebensfreude ist. Das täuscht etwas, denn bei Nacht verändert sich die Stadt. Bekannte Ecken können gefährlich werden und es müssen andere Regeln beachtet werden. Auch das konnten wir uns lange nicht vorstellen und ich laufe gelegentlich immernoch abens von der etwa 800 Meter entfernten Mall Nachhause. Man kann es sich ungefähr wie in dem PC-Spiel Minecraft vorstellen, tagsüber ist alles super und sobald die Nacht hereinbricht sucht man einen Unterschlupf, weil Zombies etc sichherauswagen. So ungefähr fühlt es sich an.

    Dennoch ist es kein Muss, dass etwas passiert, wenn man im Dunkeln herumläuft, die Gefahr ist nur deutlich erhöht. Zudem kommt es stark auf die Gegend an, im Township beispielsweise, ist die Wahscheinlichkeit abgezogen zu werden je nachdem wie lange man darin herumläuft gefühlt 110 Prozent, während wir im Suburb leben, wo nachts niemand herumläuft und wenn doch direkt von Hundegebell auf den Grundstücken verraten wird. Hunde findet man bei uns in der Gegend im Übrigen in fast jedem Haushalt, manchmal sogar mehrere. Diese sind aber nicht nur als geliebtes Familienmitglied da, sondern sollen in erster Linie das Haus vor Einbrüchen schützen, weshalb man auch nicht so vielen süßen Hunden begenet, sondern vorwiegend Rottweilern, Bulldoggen oder Schäferhunden. Unser Haus ist auch schon fast eine kleine Festung, die Eingangstür hat ein Extragitter, zwei Schlösser, zwei Riegel und ein Schnappverschluss, jedes Fenster hat ein Gitter davor und das ganz Haus ist mit Bewegungssensoren alarmgesichert.

    Für uns war es am Anfang eine relativ große Umstellung, mehr auf Sicherheit zu achten, aber wir konnten bis zu mehrern Erlebnissen Anfang Oktober noch nicht so wirklich glauben, dass es in PE tatsächlich gefährlich sein kann.

    Eine Mitbewohnerin, Toni, hatte am 14 Oktober Geburtstag und wir wollten reinfeiern. Zu Besuch waren einige Freunde von der Arbeit, mit welchen wir um zwölf noch feiern gehen wollten. Der Plan sah vor, dass wir in einen bekannten Club in Strandnähe fahren wollten. Aus unerfindlichen Gründen ging es dann aber nicht zum „White Tiger“, sondern wir fuhren alle zusammen nach Central, eine etwas unsichere Gegend, aber mit vielen Clubs. Kaum hatten wir die Location betreten, verflog meine Lust aufs Feiern enorm, denn es war ziemlich eng, überall war dieses unseriöse Rotlicht und eine Nebelmaschine verpestete die Luft. Damit hätte ich soweit noch leben können, denn so sind etwas gammelige Clubs halt, ich kann auch immernoch nicht sagen, ob ich Kabelbinder als Eintrittsbändchen ne gute Idee finde oder nicht, aber was mich wirklich störte waren zum einen die Musik, welche nur aus rhytmischen unglaublich lauten Bässen ohne jegliche Melodie geschweige denn mit Gesang war, sowie die Tatsache, dass mich alle fünf Minuten jemand fragte, ob es mir keinen Spaß machen würde, weil ich wohl etwas unbegeistert am Tanzen war.

    Dafür war der Eintritt sehr günstig. Für 10,00 Rand (ca. 60 Cent) p.P. kamen wir in den Club.

    Nach etwa drei Stunden hatten die Ersten von uns keine Lust mehr aufs Feiern und wir fuhren im kleinen Kreis zu KFC um uns was zu Essen zu organisieren. Zwei von uns blieben noch im Club mit unseren Freunden, selbst Locals, weshalb es Ok war, sie zurückzulassen.
    Als wir sie ca dreißig Minuten später wieder einsammeln wollten, war die Straße dermaßen verstopft von falschparkenden Autos, dass wir gezwungener Maßen ans Ende der Straße zurückfuhren und dort zwischen anderen Autos am Straßenrand parkten.
    Wir dachten uns nichts dabei, da es eine belebte Straße direkt neben einer großen Kreuzung war. Da es bereits nach drei Uhr Nachts war, dämmerten wir vier (eine Freundin aus einem anderen Projekt war noch mit dabei) langsam ein, bis die anderen uns ca 20 Miunten später kontaktierten, dass wir sie abholen müssten, weil sie sich, bereichtigter Weise, nicht trauten, allein durch Central zu laufen. Wir hatten jedoch keine Möglichkeit sie aufzusammeln, weshalb ich entschied, sie abzuholen.

    Warum schreibe ich erst von Sicherheit und Kriminalität in Südafrika und erzähle dann, wie wir nett Geburtstag feierten?

    In den knapp zehn Minuten, die ich tatsächlich unterwegs war, was schon leichtsinnig an sich war, als weißer Junge Nachts durch Central zu laufen, sind die Mädchen im Auto größtenteils eingeschlafen, bis urplötzlich eine Scheibe zerschlagen wurde. Ein Mann drängte sich in das kleine Auto und war beinahe mit seinem ganzen Oberkörper im Wagen und griff nach allem was er in die Hände bekam. Die anderen fingen natürlich an um Hilfe zu schreien, aber auch wenn viele Menschen auf der Straße rumliefen, kam niemand. Stattdessen kam ein zweiter Mann dazu und griff ebenfalls nach Wertsachen im Auto. Eines der Mädchen fing an auf die Männer einzuschlagen. Nach wenigen Sekunden verschwanden diese zusammen mit einem Handy, dass gestohlen wurde. Glücklicherweise wurde niemand ernsthaft verletzt, bis auf ein paar wenige Schnittwunden von den Glassplittern. Der psychische Stress hingegen war bei allen hoch.

    Ich selbst war zu dem Zeitpunkt auf der Straße unterwegs, wo mich ein Mann ansprach, welcher mir helfen wollte den Club zu finden, an dem die anderen warteten, vermutlich wollte er aber einfach nur Geld. Ich wimmelte ihn mit ein paar flüchtigen Sätzen ab, aber er folgte mir, bis ich schließlich anhielt und ihm die Location beschrieb. Von ihm erfuhr ich, dass ich nicht weitergehen solle, da ich im nächsten Abschnitt der Straße wohl ausgeraubt werde würde, woraufhin ich entschied, zurück zum Auto zu laufen.

    Insgesamt lässt sich also sagen, dass der Abend nicht ganz so verlaufen ist, wie wir es uns vorgestellt hatten, ich würde also wegen der schlechen Musik und der Unfreundlichkeit der Leute in unserem Auto maximal 3 von 10 Sternen geben und in nächster Zeit nicht mehr nach Central fahren. Aber immerhin haben wir alle die ziemlich wichtige Lektion gelernt, dass die vielen Warnungen nicht unberechtigt sind.

    Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nochmal für alle, die vielleicht mit dem Gedanken spielen, nach Südafrika zu reisen, betonen, dass das für normale Touris nicht üblich ist und wir uns einfach leichtsinnig verhalten haben. Und wer aus Angst jetzt nicht nach Südafrika fährt, der wird sein Leben lang spannende Sachen verpasen, denn eine hundertprozentige Garantie gibt es nirgendwo und ich kann es nur jedem ans Herz legen, auch nach dieser Erfahrung, sich einmal Südafrika anzusehen. Wenn man ein paar Regeln beachtet und sich mit Locals über Gefahren unterhält und ihre Warnungen ernst nimmt, dann wird man auch ziemlich sicher unbeschadet durch’s Land kommen. Und noch ein kleiner Tipp, es ist nicht peinlich jemanden nach Gefahren und Sicherheitsvorkehrungen zu fragen, denn Sicherheit ist hier ein großes Thema und sogar die Leute aus dem Township sehen die Kriminalitätsrate in ihrer Wohngegend kritisch.
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