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  • Day 117

    Kapstadt - Im Gasthaus der Meere

    December 30, 2018 in South Africa ⋅ 🌬 23 °C

    Am 30.12 verbrachten wir unseren ersten Tag in Kapstadt, der Mothercity. Ihren Namen hat sie wohl daher, dass es die erste Metropole Südafrikas war und sich das Wort Metropole aus den griechischen Wörtern „Metro“ (zu Deutsch „Mutter“) und „Polis“ (zu Deutsch „Stadt“) zusammensetzt. Folglich Metropolis = Mutterstadt. Zudem wird sie auch Gasthaus der Meere genannt, da sich in der Nähe des Kaps der indische und der atlantische Ozean vereinen und sie früher Anlaufpunkt für Seefahrer war, die die Südspitze von Afrika umrundeten.
    Mir persönlich gefiel Kapstadt sehr gut, innerhalb kürzester Zeit hatte man das Gefühl in einer anderen Welt zu sein. Weit ab von der Arbeit, dem kleinen PE, Langeweile oder Abgeschiedenheit, hinein in eine Großstadt mit Weltcharakter. Überall waren Touristen und man hörte Sprachen aus allen Ecken der Welt. Neben kleinen Parks, Einkaufsstraßen und Eiscafés bummelten wir in Kleingruppen durch die Stadt und genoßen die weltstädtische Atmosphäre.

    Zuerst ging es in einen kleinen Park, wo ein wöchentlicher Kunsthandwerkermarkt stattfand. Neben vielen Verkostungsmöglichkeiten gab es hier in jede Richtung selbstgemachte, -gebastelte Kunstgegenstände zu erwerben. Von der Seife über Stoffe, Kleidung, Crèmes oder Bilder aus Computerplatinen gab es für so ungefähr jeden was zu entdecken. Nach etwa einer Dreiviertelstunde trafen wir uns am Eingang wieder und liefen in die Kloft Street, den oberen Teil der langen Einkaufsstraße in diesem Stadtteil, welcher später in die bekannte Longstreet übergeht. In der Kloft Street gab es das beste Eis, was ich bisher hier gegessen habe. In einem veganen Lifestyle-Eiscafé gönnte ich mir eine Kugel Meersalzschokolade, welche mir zu einem Wucherpreis von über zwei Euro verkauft wurde. Geschmacklich war sie dafür mindestens auf dem Niveau vom Ahrensburger Eispavillion oder unserem Grafenwerther Eismann und bei den schätzungsweise 23 Grad eine angenehme Abkühlung. Obwohl in diesem Land Süßigkeiten ohne Ende konsumiert werden, gibt es sonst partout kein gutes Eis – und das im Hochsommer!

    Nach einiger Zeit und mehreren Erkundungen landeten wir zu fünft in Bo-Kap, ein touristisches Stadtviertel, dass vor allem mit seinen bunten Häusern und multikulturellen Bevölkerung anzog. Insgesamt waren jedoch nur zwei drei Straßenzüge bunt bemalt. Da es sich schnell zu wiederholen begann, schauten wir uns ein paar der Straßen an, bevor wir in einer Nebengasse wieder in Richtung Hauptstraße abbogen. Die Straße war zu beginn ebenfalls bunt und wirkte dadurch noch sehr touristisch, was jedoch trügte, denn an dieser Stelle wendete sich der entspannte Ausflug. Am Ende der Gasse nur etwa 50m von der Hauptstraße entfernt sprach uns ein Mann an. Er wollte Geld haben. Anne, welche voranging lehnte ab und ignorierte ihn, weshalb er sich an mich wandte. Auch ich lehnte ab (eine Reaktion, die sich schnell antrainiert, da man ständig angesprochen wird), aber er folgte mir einige Meter und legte die linke Hand auf meine Schulter. „My Brother, du you have some Rands for me?“, sprach er mich an, was mir sehr unangenehm war. Von jemandem angesprochen zu werden, ist nicht unüblich und im Normalfall weicht man mit irgendeiner Floskel aus, wie „Sorry, I don’t have any cash with me“. So ich auch, aber was ein absolutes No-Go ist, ist wenn dich jemand anfässt. Schon bei der kleinen Berührung an der Schulter merkte ich, dass seine Hand nach der Schnalle meines Brustgurtes griff. Toni, welche hinter mir lief, sah es und schlug dem Mann auf die Hand, während ich seinen Arm wegschob. Kilian, der mit Toni zusammen ebenfalls hinter mir lief, merkte, dass die Situation aus dem Ruder lief und zog den Mann ganz von mir weg. Dadurch war er Gesicht zu Gesicht dem Mann gegenüber. Danach lief alles so blitzschnell, dass ich mich nicht mehr an alles genau erinnere. Ich weiß noch, dass Anne „Messer“ schrie und ich, da ich immernoch direkt neben ihm stand sah, wie er ein Klappmesser aus seiner rechten Hosentasche zog und nach Kilians Brustbeutel griff. Dieser konnte nicht weglaufen, da er noch an dem Gurt hing, welchen der Mann festhielt und begann darauf einzustechen. Nach ein paar Sekunden hatte er ihn durchtrennt, wobei er Kilians T-Shirt einschlitzte. Wir rannten weg, über die Hauptstraße, er vermutlich an die andere Richtung. Einige hundert Meter weiter in einer größeren Einkaufsstraße setzten wir uns in ein Café, um nachzuschauen, ob was gestohlen wurde und die Situation revue passieren zu lassen. Glücklicherweise wurden neben der Brusttasche selbst nur ein paar Rand und eine Kreditkarte gestohlen, die Kilian sofort sperren ließ . Alle noch unter Adrenalin, telefonierten wir die anderen zusammen und machten uns mit ihnen auf den Rückweg.

    Seit dem Vorfall bin ich wesentlich vorsichtiger geworden, was das Angesprochen werden auf offener Straße angeht. Kilian und ich, waren nach dem Vorfall noch einige Male in unserem Stadtviertel Observatory, kurz Obs, unterwegs, wo viele Obdachlose leben, welche zwar angeblich sehr nett sein sollen, aber uns beiden immer wieder den Puls hochtrieben, wenn sie uns ansprachen. Ich hoffe, dass es sich bald wieder legt, denn in fast allen Fällen, mit wenigen Ausnahmen, ist eine Sorge grundlos und es ist sehr anstrengend, immer panisch zu sein, wenn einen jemand anspricht. Das passiert hier in PE zum Glück relativ selten, da es wenige Obdachlose und weniger Touristen gibt. Insgesamt ist die Sicherheitslage hier wesentlich entspannter, da die Stadt kleiner und übersichtlicher ist. Auch der Verkehr ist bedeutend ruhiger.
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