• Virpazar am Skutarisee

    28 de mayo de 2022, Montenegro ⋅ ☁️ 24 °C

    Eine Wasserfläche so groß wie der Bodensee, be­ständi­ger­ Wind bei strahlendem Sonnenschein - und kein ein­zi­ges Boot, Surfbrett oder sonstiges Wasserfahrzeug! Der Skadar-See (Skadarsko Jezero), den sich­ Montenegro und Albanien im Ver­hält­nis 2:1 teilen, ist tatsächlich noch ein­ unentdecktes Paradies. 🏞️⛵️✨

    Der je nach Jahreszeit und Nie­der­schlag 370 bis 550 km² große See ist trotz der bei­den­ in der Nähe liegenden Groß­städ­te Podgorica und Skoder (Al­ba­nien) ein völlig in­tak­tes Ökosystem mit enormer Artenvielfalt: Wahr­schein­lich nirgendwo in Eu­ro­pa tum­meln sich mehr Vogel- und Fischarten auf und unter der Was­ser­ober­flä­che als­ hier. Or­nithologen zählen bislang 264 (zän­ki­sche Vertreter der Wissenschaft be­stehen auf 227 - vielleicht sollte ich selbst mal nachzählen) verschiedene geflügelte Spe­zies, da­run­ter auch Euro­pas nördlichste Kolonie Pelikane. 40 Fischarten kom­men im See vor, ein deutliches In­diz für seine makellose Trink­wasserqualität. Ge­währleistet wird dieser hohe Standard durch zahl­reiche unter­irdische Zuflüsse aus den um­lie­gen­den Ge­birgen, ohne die der durch­schnittlich nur 4 bis 6 m tiefe See im Som­mer stark auf­h­eizen und unweiger­lich umkippen würde. Beim sehr emp­feh­lens­werten, aber ei­gentlich nur in Murići und Skje wirklich mach­baren Bad im an­ge­nehm war­men Was­ser kann man an vielen Stellen die kal­ten Quellen (sog. oči, wörtl. „Augen“ - Ka­näle im löchrigen Karstgestein) deut­lich spüren. 🐠🐟🌊

    Die tiefste Stelle, ebenfalls in diesem Ber­eich, misst 92 m und ist der ergie­big­ste Spot für die Fischer am See. Die biologische und landschaftliche Einzig­ar­tig­keit des Skadar-Sees ist seit 1983 mit dem Prädikat „Nationalpark“ unter be­sonderen Schutz gestellt. 🏞️🐠🐟

    Trotzdem spricht wenig dafür, dass sich das ruhige Leben in den kom­men­den Jah­ren beschleunigen wird. In den Ver­marktungsstrategien der Touris­mus­planer spielt der See nur in Sonn­tags­reden eine Rolle, echte Ambitionen sind am einsamen Süd­ufer - das sum­p­fi­ge Nordufer liegt auf albanischem Ho­heits­ge­biet - nur im Ansatz aus­zu­machen. Die wenigen hier ansässigen Menschen leben entweder von der Land­wirtschaft oder, beinahe ebenso tra­ditio­nell, vom Schmuggel mit dem al­bani­schen Nachbarn - über den See führt eine der bedeut­samsten Routen des illegalen Im­ports von, nun ja, Prob­lemgütern. Der Schnell­bootverkehr in Neumondnächten soll bemerkenswert sein ... 🤫🚤🌃

    Entstanden ist der See, der in deutsch­sprachigen Publikationen oft auch als „Sku­tari-See“ geführt wird (wo­mit die Ein­heimischen gar nichts an­fangen kön­nen), nach der derzeit gän­gigsten Theorie etwa um das Jahr 1000, als sich ein Sumpf­gebiet um die Bojana zu einer zusammenhängenden Was­ser­flä­che auswuchs. Eine al­ter­na­tive The­orie geht davon aus, dass tek­to­nische Ver­schie­bungen hier eine Mee­resbucht iso­liert haben. 🌊🗺️🤔

    Angeblich stehen auf dem Grund des Sees sogar noch Ge­bäu­de aus der Zeit vor der Flu­tung, und wie es sich für versunkene Städte ge­hört, soll ge­le­gent­lich das Läuten des Kirch­turms zu hören sein ... 🤔🔔🌊 Wie dem auch sei - fest steht, dass der Skadar-See ein sehr junges Gewässer ist (unter den na­tür­li­chen­ gro­ßen Süß­was­ser­re­ser­voirs Euro­pas ist es wahrscheinlich so­gar das jüngste), und fest steht auch, dass spätes­tens 1233 genügend Wasser da war, um von einem See zu spre­chen. 🏞️💧🌊 In diesem Jahr nämlich errichteten die Herrscher des Tieflandes, die re­gie­ren­de Ne­manja-Dynastie des früh­ser­bi­schen Zeta-Staates, am süd­west­li­chen­ Ufer bei Vran­jina das Kloster Sv. Nikola und machten es zum Bischofssitz der neu ge­grün­de­ten Diözese. ⛪👑✝️ Das war der Auf­takt für eine ganze Serie von Klos­ter­bau­ten um den Skadar-See, ins­ge­samt neun Anlagen wurden im Ver­lauf des Mit­tel­alters auf die kleinen Inseln am Süd­ufer oder an die Steilhänge da­rü­ber gesetzt. 🏞️⛪️🕍 In An­leh­nung an das Klos­ter­en­semble auf dem heiligen Berg in Grie­chenland wird der See des­wegen auch das „Athos der Zeta“ genannt. 🙏⛰️🇬🇷 Nur wenige der meist sehr klei­nen Klös­ter sind erhalten geblieben, denn der See lag oft auf der Haupt­kampflinie im Dau­erkonflikt mit den Türken. ⚔️💥🛡️ In der Zeit der türkischen Besetzung er­losch dann das monastische Leben vollends, erst nach der Gründung des Staats Montenegro 1878 kehrten die Mön­che und Nonnen an manche Orte zurück. 🇲🇪🙏✝️
    Leer más