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  • Day 10

    Bangkok Tag 8 - 2

    December 20, 2021 in Thailand ⋅ 🌙 25 °C

    Wie Ulrike schon schrieb, packten wir unsere Siebensachen und zogen per schwer beladenem Taxi zu unserer Freundin an der Pahonyothin Road um. Poms wohnt nahe der Kasetsart Universität, wo sie auch unterrichtete. Kasetsart ist erdwissenschaftlich-landwirtschaftlich/forstwirtschaftlich ausgerichtet. Nebenan befindet sich auch das thailändische Forstwirtschaftsministerium. Wir wohnen nun schon das fünfte Mal hier.

    Aber fangen wir mal ganz am Anfang an. Als ich in den 70ern an der Freien Universität Berlin Geologie studierte, war es im 8. Semester langsam Zeit, sich nach einem Thema für die obligatorische Diplomarbeit und die Diplomkartierung umzusehen. Manche Profs arbeiteten in Kalabrien, manche in den Alpen, andere wiederum in Griechenland auf dem Peloponnes oder auf Kreta, wieder andere in den Anden oder auch in Thailand. Letzterer war Professor Gocht, und dieser bot die Bearbeitung einer Zinnlagerstätte auf der Insel Phuket an. Zugegriffen! Finanziert wurde das Unternehmen für mich teils dadurch, dass mich Gocht innerhalb eines DFG-Projektes (Deutsche Forschungsgemeinschaft) in Nordostthailand vorab als Hiwi zur Probenaufbereitung einstellte, andererseits durch den sogenannten "Geotitel" der FU, mit dessen Hilfe der Standortnachteil der Geologiestudenten in Berlin (West) ausgeglichen werden sollte, denn wir mußten ja immer erst die DDR durchqueren, bevor wir an die Steine im Gelände herankamen.

    Im Juni 1980 ging es los. Ich flog aus Kostengründen mit der polnischen LOT von Schönefeld via Warschau nach Bangkok. Der Zubringerflug erfolgte mit einer Antonow-Turbopropmaschine, der Weiterflug mit einer Iljuschin 62. Diese Düsenmaschine zeichnet sich dadurch aus, dass die vier Triebwerke paarweise nahe dem Flugzeugende an beiden Seiten angebracht sind. Zwischenlandung war im Morgengrauen in Dubai. Beim Weiterflug stellte sich beim Versuch der Schubübergabe an die Triebwerke am Beginn der Startbahn heraus, dass irgendetwas nicht so funktionierte, wie es sollte. Der Pilot gab nach mehreren Versuchen auf und rollte zurück zum Terminal. Dort standen wir dann erst einmal einige Zeit in der sengenden Sonne ohne Kühlung und brieten vor uns hin, bis dann wenigstens eine fahrbare Klimaanlage von außen an die Maschine angeschlossen wurde, was einige Erleichterung schuf.

    Schließlich durften wir aussteigen, gaben unsere Pässe ab und erhielten unser Gepäck. Man verfrachtete uns ins lokale Hyatt Regency Hotel; dort durften wir warten. Nach zweimaliger Übernachtung packte man uns dann in einen "kastrierten" Jumbo der pakistanischen PIA, kastriert daher, weil die hintere Flugzeughälfte mit einem Gitter abgetrennt als Frachtraum genutzt war. Nur die vordere Hälfte war für die Aufnahme von Passagieren bestimmt. Via Zwischenstopp in Karatschi ging es dann endlich nach Thailand weiter. Dort wurde ich schon dringend von Prof. Gocht erwartet. Ich hatte zwar versucht, ein Telex von Dubai an das vorgesehene Royal-Hotel in Bangkok zu senden, um ihn zu informieren. Dieses ging dann aber irrtümlich an das Royal Cliff Hotel im thailändischen Pattaya und war somit nutzlos. Man wähnte mich verschollen und auch die Angehörigen daheim rätselten verzweifelt über meinen Verbleib. Alles klärte sich dann glücklicherweise auf.

    Werner Gocht arbeitete damals eng mit dem königl. thailändischen Ministerium für Bergbau (DMR) zusammen. Unseren zuständigen Sektionsleiter Dr. Payome Aranyakanon lernte ich dann auch noch kennen, bevor wir zur Einweisung nach Phuket weiterflogen. Nach sieben Wochen war dann alles vor Ort erledigt und ich konnte mich touristischen Interssen widmen. Von Bangkok aus tingelte ich meistens per Bahn gen Norden und machte unterwegs an reizvollen Orten Station, bevor ich dann schließlich Changmai, die nach Bangkok nächstkleinere Stadt im Norden des Landes, erreichte. Dort konnte ich im Gästehaus des DMR unterkommen und traf zum ersten Mal auf Poms, die damals noch in Chiangmai Geologie studierte und ebenfalls das Gästehaus nutzte. Sie kam später in den 80ern nach Aachen, wohin Prof. Gocht seinerseits einen Ruf angenommen hatte und promovierte bei ihm.

    Die Verbindung blieb latent bestehen und lebte wieder auf, als Ulrike und ich anfangs der 90er wiederum als Touristen nach Thailand kamen. Mittlerweise war sie schon mit Chavalit verheiratet und hatte einen kleinen Sohn, Non. Poms hatte sich zur international tätigen Edelsteinexpertin gemausert und jettete teilweise wild um den Erdball.

    Die Edelsteinindustrie ist ein wichtiger Bestandteil der thailändischen Exporte (Saphire, Rubine, Topase, Diamanten). Chavalit war als Ingenieur maßgeblich an Bangkok Expresswaysystem beteiligt. Diese hochgelegten Maut-Schnellstraßen erlauben ein überwiegend schnelleres Vorankommen gerade zu Verkehrs-Spitzenzeiten, wenn die Straßen unten hoffnungslos verstopfen. Poms leitete zuletzt vor ihrer Pensionierung das thailändische Edelsteininstitut (G.IT.).

    Non ist inzwischen 27 Jahre alt, hat in Kiel seinen Master gemacht und wird im kommenden Jahr in München bei einer großen Consultingfirma anfangen. Im März verstarb tragischerweise und plötzlich Poms Ehemann Chavalit an einem Infarkt, so dass sie nun seit rund nun Monaten in quasi Covid-Selbstisolation zu Hause gesessen hatte. Wir sind der erste Übernachtungsbesuch von außerhalb. Das reißt sie unserer Beobachtung nach erfreulich aus ihrer selbstzentrierten Depriphase heraus; sie ist inzwischen nach mehreren Stunden merklich lebhafter und kommunikationsbereiter als bei unserer Ankunft heute Mittag.

    Die ganze Situation wurde für Poms dadurch verschlimmert, dass kurze Zeit nach Chavalit auch noch Noi an Hepatitis B verstarb. Noi hatte der Familie jahrzehntelang den Haushalt geführt und auch den kleinen Non maßgeblich mit großgezogen. Sie war ebenso wie Chavalit aus Thailands Nordosten gebürtig und hatte sich auf eigenen Wunsch bereits 2019 dorthin aufs Altenteil zurückgezogen.
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