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  • Vanlife zwischen Tojeiro, Lagos& Sagres

    April 9, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 16 °C

    Das allgemeine Reisephänomen, dass die letzten Tage vor allem im Vergleich zu den ersten Tagen rasant an einem vorbeiziehen, hat sich breit gemacht und dafür gesorgt, dass ich mich jetzt erst hier melde.

    Nach der Pizza Party am Freitag folgte ein sonnentanz- und erkundungstourdurchzogener Samstag, an dem Rokky (so stellt Pauline sich jetzt meistens vor :) und ich einen bunt angemalten Hippievan bewunderten, und so Matze kennenlernten. Dieser streckte uns mit den verraucht gesprochenen Worten "Hi, wollt ihr reinkommen auf n Tee?" seinen Lockenkopf aus eben jenemVan entgegen.
    Als wir da Gitarreklimpernd und Krims Krams bewundernd in seinem Van Tee tranken, ahnten wir noch nicht, dass unsere gesamte Weiterreise maßgeblich von dem Freigeist Matze (ursprünglich aus Freiburg) abhängen würde.
    Doch die locker ausgesprochene Überlegung, man könne mit ihm ja in den Süden fahren, verwandelte Matze am nächsten Tag in die Realität, indem er zu dem Haus stapfte, in dem wir mit Kahlo wohnten und uns motiviert weckte.
    Das war das Ende unserer 3 Tage in der Tigerhöhle, wie ich das Altbauzimmer der ehemaligen Schule bin Tojeiro liebevoll nannte, zumal wir aus dem gesamten Zimmer Matratzenlager gemacht hatten, es durch die Rollos immer komplett dunkel war und wir gemütliche Vorlesestunden in dem durch unsere Kleidung zunehmend muffig riechenden Raum zelebriert hatten.

    Und schwuppdiwupp versahen wir uns eine Stunde später mit unseren übermäßig großen Taschen in Matzes Van, sein Hund "Amira Cassandra" neben ihm auf der Sitzbank und wir zu viert gemütlich auf der Liegefläche hinten fläzend 🚙
    Sooo gemütlich war es allerdings nicht, wenn man bedenkt, dass die Straße so holprig war, dass uns beinahe sämtliche Träumfänger, Dekogebaumel und Geschirr um die Ohren flog. Und dass wir kein genaues Ziel abgesprochen hatten. Kostenlose Achterbahnfahrt ins Ungewisse quasi, yeah! 🎢
    Erstmal ging es zum Wasserauffüllen in einen kleinen Ort, wo wir in einem künstlerischen Cafe durch heißen Kakao den zivilisierten Menschen in uns wieder zum Leben erweckten.

    Danach wollten wir eigentlich zum Meer fahren, doch der Regen trieb uns stattdessen in eine andere Richtung.
    Und zwar landeten wir in einem bergigen Gebiet, in dem zahlreiche Leute verstreut in Campervans, Bauwagen etc. leben, wo wir ja in der Hütte schliefen, von der ich schon kurz berichtete.
    Die Nacht dort am knisternden Feuer und mit gemütlicher Matratze, die wir in der Hütte vorfanden, wirkte vielversprechend. Allerdings hatten die Lou und Ally ihre Hängematten direkt über die Matratze gespannt und sanken, in der eisigen Nacht, sobald das Feuer erloschen war und entferntes Hundegebell uns werwolfdurchdrungene Albträume in die Augen trieb , nach und nach näher an uns, sodass ein Drehen auf der eigentlich bequemen aber auch viel zu weichen Matratze nicht mehr möglich war und wir am nächsten Tag entsprechend gerädert.

    Doch früh weckte uns Matze, um die Räder des Vans alsbald ins Rollen zu bringen, die uns endlich (seit 2 Wochen unser Traum) ans Meer irgendwo zwischen Lagos und Portimao rollten.
    Lou und Ally, die eine Nacht im Hostel on the hill präferierten, kutschierten wir dorthin, bevor ein noch holprigen Weg als ich ihn mir je hätte erträumen können uns ins Hippienirwana an den Strand Barranco brachte.

    Der Parkplatz des Surferidylls war bis dahin bereits mit ein paar Vans und Wohnwagen bestellt und in den nächsten Stunden und Tagen (denn wir verbrachten 2 Nächte in diesem Paradies) kamen zunehmend inspirierende Reisende, überwiegend Deutsche 😅, die dem Ort Leben einhauchten.
    Da wurde jongliert, hier getrommelt, Gitarrengeklimper, eine gespannte Slackline, Goamusik aus einem Partywohnwagen, es wird über Feuer gekocht und hinter Büsche verstoffwechselt.
    Hinter Büsche ist schwer, wenn man bedenkt, dass von den umliegenden Klippen oder der bewohnten Höhle am Berg jeder von oben sehen kann, was du machst 😅 aber naja, diesbezüglich pinkeligsein hat mich noch nie weit gebracht!

    Barranco Beach war jedenfalls genau das, worauf ich vor der Reise gehofft hatte. Wir alberten rum, lasen endlich mal wieder die bisher kaum angerührte Reiselektüre, kletterten über Klippen, sammelten Kristalle, spielten Ball mit einem kleinen Pudel, der alle abzockte und schmisssen uns daraufhin unbekleidet in die eigentlich viel zu kalten Wellen 🌊
    Wir hatten dort keinen Empfang, liebten den Moment, kochten im Van und schlugen unser Zelt in einer steingeschützen Bucht am Strand auf. Mit Blick auf die Wellen, welche am zweiten Tag zahlreiche Surfer, mit echt heftigem Niveau aufsuchten. Diese sah ich mir beim Klettern mit einem Schweizer vom Gipfel der Klippe an, und wir bewunderten die mutigen Surfer, die wiederum unsere mutige Kletter"kunst" bewunderten 😆 dabei war es echt einfach, zumal wir die perfekte Kombination aus krakseln, ungefährlichem Klettern und auf den Wanderwegen Sprinten hatten.

    Verrückt war auch, dass Rokky seit Beginn der Reise von einem neuen Tattoo schwärmte. Und obwohl wir gefühlt ewig keine Städte und Tattoostudios mehr gesehen hatten, war doch tatsächlich ein Tattoo Caravan direkt gegenüber von unserem Van geparkt, wo innerhalb von 20min. ein deutscher Tätowierer mit rund 15 Jahren Erfahrung und beeindruckender Tattoowierausstattung und Hygiene- trotzt Outdoorlifestyle! - eine von mir erfundene und von Rokky gezeichnete Sonne auf ihr Bein zauberte.
    Was ein Zufall, dass alles so gepasst hat!
    Auch ein verrückter Dude Btw, der auf die Frage, wie lange er noch an dem Ort bleibe, irritiert antwortete: "Ich mache doch keine Pläne. Wer weiß was morgen ist" womit er die Einstellung der meisten Menschen, die uns in diesen Tagen begegneten, auf den Punkt traf.

    (HINWEIS Nr. 6: "Wer weiß, was morgen ist")

    Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass auch die Szene in Portugal an
    "Bauwagenmenschen" wie ich Leute mit derartigen Lebensstilen oft bezeichne, nicht so groß zu sein scheint und wir es Öfteren Menschen von den Gebirgsbewohnern oder der Pizza Party mal wiedertrafen. Und sei es auf dem Intermarché Parkplatz. Intermarché ist ja ein ursprünglich französischer riesiger Einkausladen, der erstaunlicherweise überwiegend deutsche Zeitschriften verkaufte, was beweist, wie hoch die Rate der deutschen Aussteiger oder Reisenden ist, die sich irgendwo zwischen Tojeiro, Lagos und Sagres bewegen 😄

    (HINWEIS Nr. 7: Ohne die Deutschen wäre nix los im dem. Gebirge im Süden Portugals 😋 da fragt man sich doch, warum so viele Aussteiger aus Deutschland sind...)

    FUNFAKT: Die Übersichtlichkeit der Szene wurde auch bestätigt, als Matze in dem Gebirge an einem Domizil vorbeifuhr und fast nebensächlich zu uns auf der Liegefläche Lümmelden rief: "Und hier wohnt so eine durchgeknallte Nachbarin aus Polen, die ihren Platz als Phantasialand bezeichnet, glaub ich... Hmm, heißt Marie oder sooo", woraufhin Rokky attok reagierte "Maja?" "Jaa genau"
    Maja war eine der interessanteren Persönlichkeiten, die wir auf der Pizza Party getroffen und Kontakte ausgetauscht hatten, da sie uns angeboten hatte, sie zu besuchen, sie wohne irgendwo im Süden Portugals, was ja unserem Reiseziel entsprach 😂
    Und plötzlich versahen wir uns doch tatsächlich bloß wegen Matzes beiläufigem Kommentar in ihrem Garten. In 5min. gab sie uns einen Schnellrundgang durch Ihr Lehmhaus im Alice Im Wunderland Stil. Das vermutlich spannendste Haus und Anwesen, was ich je gesehen habe.
    Nach den 5min. Musste sie los zum Flughafen, der sie und ihre 12 jährige Tochter nach Berlin fliegen sollte, sodass wir sie vielleicht bald in Kassel willkommen heißen 😉
    Besonders bemerkenswert ist der Kontrast zwischen ihrem Leben im Lehmhaus mit Komposttoilette und ihr Auftreten mit Leo Leggins, Minirock und Highheels, mit denen sie vermutlich auch das Haus gebaut hast, wie ich sie einschätze 😅
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