Everydayphilosophy

February 2018
A short but fine adventure by Leona
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    Der Naturzustand Hobbes vs. Rousseau

    February 6, 2018 in Germany ⋅ ⛅ -2 °C

    Hey, habt ihr euch schon mal mit dem Naturzustand beschäftigt?
    Oder mit Hobbes und Rousseau, die wohl bekanntesten Philosophen und Staatstheoretiker der Neuzeit... Mag sein, dass euch das einen Scheiß interessiert, was für mich ebenso unvorstellbar ist, wie Leute, die die Natur hassen; denn... Philosophie, was übrigens altgriechisch ist und "Die Lehre zur Weisheit" bedeutet, ist quasi wie dir Natur : alles umgebend, Fragen, Rätsel und Wunder dieser Welt beantwortend und dabei noch tausend mehr aufwerfend, alles und jeden betreffend!

    Lange Rede kurzer Sinn, nachdem ich im Zuge meines Philosophiestudiums ein Seminar zur Thematik hatte und bedauerlicherweise meine Untalentiertheit bzgl. Hausarbeitschreiben feststellte, wollte ich zumindest hier mal etwas über die beiden Herrschaften und ihrer Idee vom Naturzustand berichten.

    Das Spannende ist nämlich, dass Rousseau dem guten alten Hobbes immer als Konträrperson gegenüber gestellt wird.. Betrachtet man sich allerdings einige Aussagen Rousseau s etwas genauer, ist darin mehr Hobbesartigkeit zu finden als man es zuvor zu glauben vermochte.

    Aber erstmal zu den Basics :
    Der Naturzustand (NZ) ist ein von unterschiedlichen Philosophen hypothetisch gedachter Zustand des wilden Menschen im Ursprung, vor dessen gesellschaftlichem Sein geschweige denn sozialen Stämmen- der Mensch wir als isolierter Solitär betrachtet und analysiert, um letztlich seine wahre Bestimmung oder auch die Notwendigkeit einer Gesellschaftsgründung daran festzustellen.

    Mit seiner super bekannten Aussage: "Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf" bringt Hobbes sein pessimistisches Menschenbild auf den Punkt. Der Mensch sei von seinen egoistischen Bedürfnissen, die, weil alle Menschen im Prinzip gleich sind, mit denen der Mitmenschen kollidieren einer ständiger Konkurrenz und demnach einem ständigen Kriegszustand aller gegen aller ausgesetzt, da jeder gleichermaßen nach Macht und Sicherheit zugunsten der Selbsterhaltung strebt.
    Rousseau sagt zwar ebenfalls, dass ein uns angeborenen Trieb die Selbsterhaltung, aber gleichermaßen auch das Mitleid sei. Ganz im Gegenteil zu Hobbes gloriiziert der romantisch-dramatische Franzose den Naturzustand. Denn er betrachtet den Menschen neutral als allein herumstreunernden Solitär, der in völliger Freiheit ohne Abhängigkeit einsam lebt, mal hier rumvögelt und mal dort einen Apfel vom Baume pflückt, zumal er doch von Natur aus ein Vegetarier sei (dieser Aspekt wird hingegen typisch Rousseauischer Argumentationsweise leider nicht ausführlich ausgeführt oder gar begründet). Jener tierartig Umhergwandelnde denke nicht bis morgen und hat keinerlei Bedürfnis längere Zeit mit Artgenossen zu verweilen. Und hier ist der spannende Unterschied der beiden Philosophen, die übrigens auch in ihrer grundsätzlichen Methodik und Stil widersprüchlicher nicht sein könnten; während der französischen Rousseau in mehreren Werken, wie unter anderem dem "Diskurs über den Ursprung und die Ungleichheit unter den Menschen" einschließlich unzähliger Anmerkungen, Fußnoten (wer liebt sie nicht?) und Einschübe seine ausschweifend behandelte Argumentation niederlegt, fasst der mechanisch und rationaldenkendere Engländer Hobbes seine Theorien im Leviathan gebündelt zusammen und schafft so gar den Ach so groß in der Philosophie diskutieren Begriff der FREIHEIT in einem Satz abzuhaken 😃 aber zurück zum Thema :

    Während Hobbes den NZ als verlassenswert ansieht und aufgrund der brutal kriegerischen Welt einen Ausweg in Vertragsschließungen und letztlich in einem absoluten Herrscher aka Leviathan, der die Bedürfnisse aller Untertanen repräsentiert, sieht, scheint dieser NZ für Rousseau der Himmel auf Erden zu sein. Erst die zufälligen Begegnungen zwischen den Menschen hätten neben Fähigkeiten wie Soziliabilität und Perfektibilität zu gegenseitigen Abhängigkeiten geführt. Mit der Entwicklung des Verstandes und der Sprache entstanden Gruppen unter den Menschen, die sich wegen der natürlichen Ungleichheit (die Hobbes so ja nicht erwähnt, geht er doch von einer Gleichheit aus) zu vergleichen beginnen ; Hass, Habsucht und Neid entstehen, all die Laster und Übel zu denen die vermehrte Entwicklung in Richtung Gesellschaft beiträgt. Während der Mensch im NZ nach Rousseau bloß Sicherheit und Weibchen begehrt habe, erschafft er sich plötzlich "künstliche Bedürfnisse", metaphysische Nöte wie etwa die Wissenschaft und Künste, die laut Rousseau unnötig seien. Zurück zur Natur wäre seine liebste Forderung, doch da das dem in gesellschaftlichen Ketten liegenden Menschen nun nicht mehr möglich ist, sieht auch Roussau ein, dass ein Vertrag her muss. Auch wenn er anders als Hobbes keine konkreten Rechtsgrundlagen und Handlungsanweisungen gibt, sondern bloß theoretisch die Sache betrachtet.
    Es ist verrückt, wenn man sich Rousseau''s Werk (oben erwähntes so wie die "Abhandlung über die Wissenschaft und Künste" aus dem 18.Jhdt) als zivilisierter Mensch ansieht und bemerkt wie ein Gelehrter plötzlich die Wissenschaft argumentativ zerreißt und quasi für eine Rückkehr in einen vorgesellschaftlichen Zustand, in meiner Meinung nach tierische Primitivität plädiert. Zumal er neben der Verherrlichung des NZ andererseits die Robustheit und spartanisch brutale Lebensweise der Menschen aufgreift, die aber gleichermaßen beschönigt beschreibt: Selektion juhuuu!
    Und daran zeigt sich die spannende und häufig übersehene Parallele zu Hobbes, der survival of the fittest mäßig den NZ schildert. Denn ist das Wort Selektion nicht nur ein beschönigender Ausdruck für Überleben des Stärkeren?
    Also auch Rousseau greift versteckt diese Brutalität des NZ auf, sieht sie aber weniger als zerstörerische Kraft und damit Gefahr für den Menschen als er es dem zivilisatorischen Fortschritt zuschreibt.
    Obwohl die beiden Philosophen so unterschiedlich schreiben und die Notwendigkeit eines Staates begründen -
    Für Hobbes der austritt aus dem Krieg aller vs. Aller
    Und für Rousseau die Lösung der durch erste Stämme und Gemeinschaften entstandenen Problematiken
    - haben Sie doch sehr ähnliche Vorgehensweisen und Argumente, die ebenso nur anders gewertet und gewichtet werden.
    Grundverschieden ist allerdings auch der Ausgangspunkt von ungleichen Menschen bei Rousseau und gleichen, Interessenkonflikte herbeiführenden Menschen bei Hobbes.
    Wo finden wir uns da wieder?

    Zeigt sich nicht Hobbes Menschenbild beim simplen Betrachten von spielenden Grundschulkinder während einer Schneeballschlacht? Oder während selbsterfundenen, zerstörerischen Spielen, die dem von Freud begründeten destructio Trieb gerecht werden? Aber sind das noch ursprüngliche Kinder oder von der Gesellschaft bereits Verdorbene?
    Ist es überhaupt noch möglich in den Naturzustand jemals zurück zu kehren? Oder erstrebenswert?

    Who knows... Würde mein Philosophieproffesor da sagen 😉
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