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  • Day 53

    Die Notfallstation

    May 4, 2021 in Dominican Republic ⋅ ⛅ 14 °C

    Ich habe diesen Bericht 10 Tage nach Klinikaustritt geschrieben.

    Kaum liege ich im Notfall auf dem Schragen; «Versicherungskarte, bitte?» fragt der blasse, etwas gequälte aussehende Mitarbeiter aus der Abteilung Administration im Notfall.
    Er hat diesen professionellen Gesichtsausdruck; Ich-weiss-es-geht-Ihnen-schrecklich-aber ich-muss-Sie-trotzdem-nach-Geld-fragen Ausdruck im Gesicht. Auch kein lustiger Job. Ich fische sie aus meiner Tasche und falle erschöpft zurück. Ich bekomme kaum Luft. Was würde sie TUN wenn ich nicht ansprechbar wäre? Mich nicht behandeln? Mir abgelaufene Medikamente geben?
    Eine Notfallstation ist eine Vollzeit immerwährende Paniksituation.
    Die Ärzte sind getrieben vom diesem drängendem, internalisierten Wunsch Leben zu retten. Den schwarze Teufel, den Sie gerne an die Wand malen, schwer lastend auf den Schultern.
    Die Ärztin untersucht mich. Anamnese/Diagnose. Antibiotika. Was NATÜRLICH keine Diagnose ist. Plötzlich ist die Ärztin weg und die Krankenschwester will mir Antibiotika spritzen welches dann in meinem Körper einen Monstersuchtrupp aufstellt und aggressiv bewaffnet nach bitterbösen Bakterien sucht. Ich wehre mich; ERFOLGREICH!
    Was wenn es keine von diesen boshaften, gemeingefährlichen Lebewesen hat?
    Na, dann wird die Antibiotika noch garstiger als die Bakterien und als Rache macht es einfach die lieben Bakterien kaputt. Nein danke. Bitte erst Labor Resultate.
    Nachdem Röntgen und CT eine richtige (und doch nicht so richtige) Diagnose: Lungenentzündung. Bakterien? Viren? Frau weiss es nicht.
    Ich sage der Krankenschwester mehrere Male, dass Zugang legen in meinem Handrücken nix bringt.
    Mir geht es so schlecht, dass ich mich nicht mehr durchsetzen kann. Also unglaublich schlecht.
    Sie sticht in den Handrücken, Blutbad. Sie legt ihn dann in meine wunderschöne, deutlich pochende Starvene in der linken Armbeuge. Alles gut. Ich nenne sie Maria Tudor die Blutige, sie kommt später noch prominent vor.
    Einzug auf Bettenstation. Einzelzimmer mit Bad. Hygienisch sauber, also fast. Nur eine kleine, fleissige Ameisenstrasse der Wand entlang. Ist okay, die sind längst nicht so hinterlistig wie die Antibiotika! Klimaanlage auf vollen Touren; Unerhört hilfreich bei Lungenentzündung.

    Später auf dem Zimmer; verschiedene Medikamente tropfen in besagte Starvene. Unterdessen auch Antibiotika, kein Fünkchen Widerspruchswille mehr in mir. Die Ärztin steckt den Kopf halb zur Tür rein und fragt so ganz nebenbei, ob ich auf irgendwelche Medikamente allergisch reagiere. Sie hatte vergessen die Medikamenten Anamnese zu machen.
    Bin jetzt tot. Ende.
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