• Ponferrada - Zwischen Römern u. Templern

    February 21 in Spain ⋅ ☁️ 15 °C

    Gestern bin ich, nach 5 Tagen Baralla mit etlichen Spaziergängen und Ausspannen, in Ponferrada angekommen. Die Strecke ließ sich gut fahren – war ich doch wieder auf einer „Autobahn“ (A6) unterwegs. So sehr spannend ist die Gegend von der Straße aus gesehen nicht – wenn man nicht genau hinsieht, könnte man meinen, man ist irgendwo im Thüringer Wald unterwegs. Viele Häuser wirken wie „aufgehübschte Plattenbauten“ – eher ärmlich. Der Eindruck, den ich schon auf dem Weg nach Südspanien hatte, verfestigt sich: es wirkt mehr wie ein „Überleben“ denn wie ein „Leben“. Am Horizont begleiten mich die leicht Schnee-bedeckten Gipfel der „Cordillera Cantabrica“. Ponferrada liegt mitten im Weinanbaugebiet Bierzo. Noch nie was davon gehört? Ich auch nicht...kein Wunder… nur 6% der Weine, die hier gekeltert werden, gehen in den Export… Was mich in Ponferrada interessiert (außer dass es nahezu exakt in der Mittw zwischen Lugo und Léon liegt) ist die Templer-Burg. Sie soll gut restauriert sein und eine sagenhafte Bibliothek beherbergen. Ponferrada ist alt – aus einer ehemaligen Zitadelle der Römerzeit entstanden, wurde sie nach einer eisenverstärkten Brücke („Pons Ferrata“) benannt. Da die Stadt am Jakobsweg liegt, gab es hier schon (spätestens) seit dem 11. Jahrhunder Pilgerherbergen. Eine davon, an einer kleinen Kapelle, gibt es heute noch und sie macht (von außen betrachtet) einen guten und gemütlichen Eindruck.

    Der Stellplatz ist der Parkplatz hinter eine Tankstelle. Nicht wirklich schön (besonders da im Gestrüpp hinter dem Platz eine Menge Müll herumliegt), aber zentral, sicher und mit 5€/Nacht für Übernachtung, Strom (16A!!), Wasser und Abwasser unschlagbar günstig. Die Tankstelle selber bietet Toiletten und Duschen. Letztere sind für eine Tanke extrem groß und sauber – für 3€ darf man zeitlich unbegrenzt duschen und bekommt sogar ein Handtuch gestellt. Das mußte ich gestern Abend noch ausnutzen. Da die Steckdosen draußen gut genug abgesichert sind und einen Schuko-Stecker haben, muß ich zum Haare föhnen nicht nochmal in die Tankstelle. Sehr bequem!! Ein Gang zum Waschsalon (leider nur max 40º-Wäsche) rundete das „Reinigungs-Kapitel“ ab.

    Die Nacht war sehr ruhig – hier hinten gibt es keine Beleuchtung, die Tankstelle schließt irgendwann und auf der Bahnline (50m in Sichtweite) fährt auch nur alle paar Stunden ein Zug.

    Um die Burg besichtigen zu können muß man 6€ eintritt zahlen. Für die Größe der Anlage ist das ein niedriger Preis. Die Anlage ist ziemlich gewaltig – hier muß zur damaligen Zeit viel los gewesen sein. Etliche Bereiche sind restauriert – nicht immer wirklich historisch, da die Räume in den gut erhaltenen Gemäuern für Forschung und Seminare genutzt werden. Ein paar Hinweistafeln lassen erahnen, was sich hier abgespielt hat und wie oft die Anlage im Laufe der Jahrhunderte erweitert bzw. erneuert wurde.
    Die Bibliothek kann man leider nicht wirklich besichtigen – nur 2 Räume, die im Stile einer Dauerausstellung hergerichtet sind, geben Einblick in die papiernen Schätze, die dort aufbewahrt werden. Auch sonst sind die Infos zur Burg, ihrer Zeit und Bedeutung eher spärlich – zumindest, wenn man kein Spanisch spricht. Schade eigentlich. Nach 2 Stunden habe ich alles gesehen - und stelle fest, dass die offizielle Touristen-Info nur 1-1,5 Stunden für die ganze Anlage vorsieht - … das wird der Burg eigentlich nicht gerecht.
    Ich besuche noch die Kathedrale. Sie hat eine imposante Größe – vermutlich der Bedeutung als Kirche am Jakobsweg geschuldet. Die 4 Seiten- und der eine Hauptaltar sind in dunklem Holz gehalten und sehr wuchtig. Aber sehr detailreich geschnitzt. Die gedeckten Farben und das nur matte Gold verstärken den düsteren Eindruck. Ich bleibe kurz sitzen und höre der Mittagsmesse zu – reichlich kratzig vom Band…

    Etwas besorgt sehe ich zum Himmel: die dunklen Wolken sorgen zwar für interessant-dramatische und schöne Foto-Hintergründe, kündigen aber auch Regen an. Um den LT mache ich mir keine Sorgen mehr (auch wenn ich nach jedem Regen alles genau kontrolliere), aber ich möchte nicht naß werden und mir so die Feuchtigkeit hineintragen. Auf dem Weg zurück zum Stellplatz komme ich an einer „Chocolateria“ vorbei. Au ja – eine Tasse heiße Schokolade hätte jetzt was… es gibt keine Karte und die Bedienung spricht nur spanisch. Naja – irgendwie mache ich klar, dass ich Schokolade will. Und wieviel „Churroz“? 3? Ich weiß zwar nicht, was das genau ist, aber ich sage mal „si“. Mit 3€ ist das Risiko überschaubar… Die „Tasse heiße Schokolade“ entpuppt sich als dickflüssiger Schoko-Pudding, in den man die Churroz – ein iberisches Fettgebäck mit sternförmigem Querschnitt – eintaucht. Ok – wieder was gelernt… Ziemlich süß, aber ganz lecker – zumindest in dieser Menge.

    Zurück am LT nutze ich die Zeit, die es noch trocken ist, um etwas zu putzen. Eigentlich wollte ich den Bereich um den Beifahrersitz noch umsortieren, aber das schaffe ich nicht mehr – der vorhergesagte Regen setzt ein. Nicht sehr stark – ein typischer „Landregen“, aber er soll den gesamten Nachmittag nicht aufhören. Ok – Teil 2 der Aufräumaktion kommt dann eben morgen dran…

    Ich habe ohnehin kurzfristig beschlossen, hier noch 2 Nächte länger zu bleiben. Nicht, dass der Platz so schön ist, aber er ist praktisch (in der Tankstelle ist sogar die Mini-Ausgabe eines Conviran-Supermarktes) und billig. Und die Umgebung reizt mich. Sonntag soll es trocken und sonnig sein – perfekt, für eine Wanderung, bei der ich gleich mal die kleine Landstraße Richtung Astorga in Augenschein nehmen kann (zumindest die ersten paar Kilometer). Ich will sie eventuell auf meinem Weg nach Léon fahren – immer nur die A6 ist langweilig. Allerdings bin ich auch nicht so „vergnügungssüchtig“, als dass ich hier auf irgendwelchen „Feldwegen“ unterwegs sein muß. Außerdem macht es wenig Sinn, Sonntag schon in Léon zu sein – am Wochenende sind die Städte meist recht voll und der Campingzubehör-Laden, in dem ich hoffe, eine neue Wasserreinigungs-Kartusche zu bekommen, hat am Wochenende auch geschlossen. Und noch was spricht dafür: mein Paket mit dem Kamera-Objektiv ist in Spanien angekommen und wenn alles gut geht, kann ich von Palencia (halbe Strecke von Léon nach Burgos und mit einem kostenlosen, gut ausgestatteten Stellplatz versehen) mit dem Zug nach Madrid fahren und das Paket bei Raul’s Eltern abholen.
    Es scheint wirklich so, als ob im Moment wirklich mal alles funktioniert. Diese Gelassenheit, spontan irgendwo für eine Wanderung oder Besichtigung die geplante Strecke zu verlassen oder den Zeitplan anzupassen, hätte ich mir in Südfrankreich und Portugal gewünscht. Das war der "Traum", als ich diese Reise geplant habe. Durch die „Macken“ am LT habe ich leider bisher mehr „ein Programm abgespult“ – in Gedanken sehr oft bei einem „Worst-Case-Szenario“, was den LT betrifft. Aber ich sehe das sportlich: es wird nicht die letzte Reise nach Portugal gewesen sein und jetzt habe ich wenigstens schon mal einen Überblick – ähnlich einer geführten Stadtrundfahrt, die man macht, um einen Eindruck zu bekommen und sich die Stellen zu merken, die man sich dann noch einmal individuell und in Ruhe ansehen möchte. Ich weiß – der Vergleich hinkt etwas, aber es hilft, die ganze Sache positiv zu sehen.
    Heute Abend steht noch etwas „Hausarbeit“ auf dem Plan und vielleicht bin ich ja ganz mutig und buche endlich die Fähre nach Irland. Billiger wird die Überfahrt nicht, aber zu früh buchen ist auch blöd, falls doch noch „was passiert“. Ein Flexi-Ticket möchte ich nämlich nicht unbedingt kaufen – es ist generell nur gegen einen fast 100%igen Aufschlag zu bekommen...
    Read more