• Oxford - City: Eine Liebeserklärung

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    Oxford City: Eine Liebeserklärung mit britischem Augenzwinkern

    Willkommen in Oxford – der Stadt, die aussieht, als hätte ein Architekt mit einer Vorliebe für Türme, Tradition und theatralische Pracht ein mittelalterliches Märchenbuch in Stein gemeißelt.
    Hier trifft akademische Brillanz auf britische Exzentrik, und das Ganze wird serviert mit einer ordentlichen Portion Kopfsteinpflaster, gotischen Türmen und einer Atmosphäre, in der man sich unweigerlich klüger fühlt – selbst wenn man nur ziellos durch die Gassen schlendert.

    Oxford ist nicht einfach nur eine Stadt. Sie ist eine Kulisse für große Ideen, skurrile Geschichten und gelegentliche Fahrradunfälle. Eine Mischung aus Hogwarts ohne Zauberstäbe, Cambridge mit weniger Arroganz und einer Theaterbühne, auf der sich Generationen von Denkern, Träumern und vergesslichen Touristen verirren.

    Oxford trägt den poetischen Beinamen „City of Dreaming Spires“ – ein Ausdruck, der so romantisch klingt, dass man vermuten könnte, er wurde bei Kerzenschein und einer Überdosis Rotwein ersonnen. Und ja, die Türme träumen hier tatsächlich – oder lassen zumindest jeden Besucher mit offenem Mund staunen. Sie ragen in den Himmel, als wollten sie beweisen, dass Bildung wortwörtlich Höhenflüge ermöglicht.

    Das Stadtbild ist eine Mischung aus gotischer Dramatik, barocker Prahlerei und viktorianischer Verspieltheit. Jedes Gebäude erzählt eine Geschichte, manche mit gravierten Inschriften, andere mit unzähligen Tauben, die ihre ganz eigene Interpretation von Kunst hinterlassen.

    Unser Abenteuer beginnt mit einem Besuch der Bodleian Library, jener ehrwürdigen Bücherkathedrale, in der das Wissen der Jahrhunderte ruht – und mit ihm wahrscheinlich auch einige Studierende nach einer durchzechten Nacht. Leider sind die Tickets ausverkauft, also bleibt uns nur ein ehrfürchtiger Blick von außen. Eine Schande, denn wir hätten zu gerne herausgefunden, ob die Bücher dort wirklich so alt sind, dass sie noch Staub aus dem Mittelalter atmen.

    Leicht enttäuscht, aber mit unerschütterlicher Abenteuerlust, spazieren wir weiter zur Bridge of Sighs. Nein, nicht die venezianische Variante, sondern Oxfords eigene Version. Sie sieht aus wie die perfekte Kulisse für eine romantische Filmszene – in Wahrheit ist sie jedoch hauptsächlich eine praktische Abkürzung für gehetzte Studenten, die sich von einer Vorlesung zur nächsten schleppen. Wenn hier geseufzt wird, dann eher aus Panik vor Prüfungen als aus poetischer Melancholie.

    Ein Besuch in Oxford wäre nicht komplett ohne einen Abstecher ins legendäre Eagle and Child – jenes Pub, in dem J.R.R. Tolkien und C.S. Lewis ihre Fantasiewelten erschufen. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie sie hier saßen, über sprechende Löwen und abenteuerlustige Hobbits diskutierten und sich vielleicht sogar stritten, ob ein Zauberstab oder ein magischer Ring die bessere Wahl wäre.

    Apropos magische Welten: Oxford ist auch die Heimat von Alice im Wunderland. Genau hier hat Lewis Carroll das berühmte Kaninchenloch erfunden – ein Konzept, das sich vermutlich auch viele Erstsemester wünschen, wenn sie in ihren ersten Prüfungen sitzen.

    Oxford ohne seine Colleges ist wie eine Teekanne ohne heißes Wasser – man kann es versuchen, aber der Zauber fehlt einfach. Die prächtige Christ Church ist dabei nicht nur ein akademisches Schwergewicht, sondern auch eine Pilgerstätte für Harry-Potter-Fans. Hier wurde die berühmte Treppe gefilmt, auf der Professor McGonagall einst ihre frischgebackenen Zauberschüler begrüßte – was zur Folge hat, dass Touristen in ehrfürchtigem Schweigen verharren, in der Hoffnung, dass Dumbledore höchstpersönlich um die Ecke biegt. Spoiler: Er tut es leider nicht.

    Nicht weniger imposant thront das Clarendon Building, das mit seiner majestätischen Architektur so selbstbewusst dasteht, als würde es sich für den Nabel der akademischen Welt halten – was es für viele Gelehrte vermutlich auch ist. Und dann gibt es da noch das Oxford Castle & Prison, das beweist, dass die Stadt nicht nur Genies hervorgebracht hat, sondern auch eine Vergangenheit mit etwas zwielichtigeren Bewohnern hatte. Heute ist das ehemalige Gefängnis ein Hotel, das seinen rustikalen Charme beibehalten hat – Gitterstäbe inklusive. Begeistert rufe ich Claudia zu: „Wir hätten hier eine Zelle reservieren sollen, das wäre doch mal ein Abenteuer!“ Die Begeisterung hält genau so lange, bis wir erfahren, dass eine Nacht hier stolze CHF 200 kostet – eine Summe, die unser Budget schneller sprengen würde als ein unvorsichtiger Alchemist sein Labor.

    Stattdessen entscheiden wir uns für eine alternative Besichtigung und schleichen uns – sagen wir mal inoffiziell – ins Hotel, um einen Blick auf die erhaltene Architektur zu werfen. Während Claudia vorsichtig durch die Flure tapst, als könne sie jederzeit von einem Wärter aus dem 18. Jahrhundert erwischt werden, stürze ich mich voller Begeisterung ins Entdeckerfieber.

    Wieder draußen entdecken wir den hübschen Gefängnisgarten – allerdings abgesperrt und nur gegen Eintritt zugänglich. Empört über diese kapitalistische Dreistigkeit verzichten wir trotzig auf das bezahlte Grün und begnügen uns mit der kostenlosen Aussicht. Wenigstens der Souvenirshop kostet keinen Eintritt – ein kleiner Trost.

    Auf unserem Weg durch Oxford begegnen uns überall Studenten, die entweder in tiefsinnige philosophische Debatten vertieft sind oder verzweifelt versuchen, ihre Fahrräder unfallfrei durch die schmalen Gassen zu steuern – ein Balanceakt, der hier vermutlich als inoffizielle Disziplin der Hochschulaufnahmeprüfung gilt.

    Oxford ist nicht nur eine Stadt, sondern ein Zustand – irgendwo zwischen intellektuellem Höhenflug und leichtem Wahnsinn. Kein Wunder, dass große Geister sie geliebt haben:

    Oscar Wilde sagte einst: „Oxford bleibt das Schönste in England.“ Und wenn jemand wie Wilde das behauptet, der einen Hang zu dramatischen Superlativen hatte, muss etwas dran sein.
    W.B. Yeats nannte Oxford „eine Oper“. Und tatsächlich: Die Stadt fühlt sich manchmal wie ein großes Theaterstück an – mit Professoren als Regisseuren, Studenten als Schauspielern und Touristen als staunendem Publikum.
    Lewis Carroll hätte wahrscheinlich gesagt, dass Oxford eine Art Wunderland ist – und er hätte nicht Unrecht gehabt.

    Oxford ist nicht einfach nur eine Stadt – Oxford ist eine geschichtsträchtige Wundertüte, die irgendwo zwischen akademischer Hochkultur, literarischer Magie und leicht chaotischem Fahrradverkehr balanciert. Eine Bühne, auf der brillante Köpfe philosophieren, während verwirrte Touristen, wie Claudia und ich, verzweifelt versuchen, den richtigen Eingang zu einem der 39 Colleges zu finden. Eine Kulisse, in der sich Jahrhunderte alte Weisheiten mit modernen Missgeschicken mischen – sei es ein Professor, der in seiner Robe würdevoll durch die Straßen schreitet, oder ein Erstsemester, der im selben Moment spektakulär mit seinem Fahrrad an einem Kopfsteinpflasterstein scheitert.

    Ob wir ehrfürchtig vor den ehrwürdigen Bibliotheken standen, in den Fußstapfen großer Denker wandelten oder einfach nur über die Eigenheiten dieser Stadt schmunzelten – Oxford hat uns verzaubert, verwirrt und bestens unterhalten. Kurzum: Wir sind begeistert. Und vielleicht ein kleines bisschen klüger. Oder zumindest überzeugt, dass wir es sind.

    Und wenn wir am Ende doch einmal seufzen, dann liegt das wahrscheinlich nicht an der Bridge of Sighs, sondern an der Tatsache, dass wir Oxford eigentlich gar nicht mehr verlassen möchten.
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