• Im Gebirge Hardanger

    June 24, 2016 in Norway ⋅ 🌧 9 °C

    Unglaublich, von Tag zu Tag wird alles dichter, intensiver, anspruchsvoller und schöner!

    Beim Radfahren kann die Steigerung nicht mehr lange so weitergehen, ich komme langsam an mein Limit. Heute geht es nur bergauf. Ganz stimmt das nicht, die gestrigen Vorberge darf ich teilweise abfahren, ein paar kurze Stücke. Und zwischendurch geht es auch immer wieder ein wenig bergab, aber das brauche ich zum Erholen und Motivieren für den nächsten Anstieg.

    Bevor ich nochmals höher hinauffahre zeigt mir ein überdimensional großes Verkehrsschild Fahrverbot für Radfahrer wegen eines Erdrutsch in einem bestimmten Tal. Ich bin unsicher ob ich diese Straße auf meinem Weg brauche und befrage mehrere Personen. Alle sind sich unsicher, der Tenor ist jedoch, dass mich diese Sperre nicht betrifft. Umdrehen wäre für mich ohnedies bitter, zurück über die Berge und 2 Tage Umweg rund um die Berge. Ich fahre etwas verunsichert weiter.

    Hardangervidda heißt die gewaltige Hochebene, auf die ich hinauf will. Es ist die größte Hochebene Europas in rund 1400 m Höhe und großteils ein Nationalpark. Sie ist nicht bewohnt und die Landschaft ist von moosbewachsene Steinen , Sümpfen, Bächen und Wasserlacken geprägt. Steiniges und felsiges Areal sowie Schneefelder neben der Straße begleiteten mich durch die Berge. Die Straße ist stetig ansteigend. Ich sehe keine Bergkuppen vor mir und trotzdem fahre ich stetig bergauf. Dem Himmel entgegen, so kommt es mir vor. Mit der Zeit ändern sich die Anstiege, es kommen zwischendurch kurze Abfahrten um danach wieder hochzufahren. Etliche Mulden durchquere ich und immer wieder denke ich, es sei die Letzte. Der Gegenwind macht mir das Fahren zusätzlich schwer. Und diese karge Hochebene, so reizvoll sie ist, zieht sich in die Länge. Ich weiß nicht, wieviele Mulden noch vor mir liegen. Meine Karte ist für dieses Gebiet ohne Häuseransammlungen zu ungenau. Ich weiß nicht, wie lange sich diese Hochebene noch vor mir erstreckt, weiß nicht wie lange ich noch auf dieser Höhe zu fahren habe.

    Für heute mache ich Schluß mit dem Radfahren. Nach 80 km, davon geschätzte 60 km bergauf, bin ich müde. 6 Stunden saß ich im Sattel und gurkte mit 13,2 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit hinauf auf den Berg. Wie weit es noch bis zur Passhöhe ist? Ich weiß es nicht, vielleicht 10 km, vielleicht weniger, es kann aber auch deutlich mehr sein.

    Auch mein Vagabundenleben wird immer ärger, meine Schlafplätze immer wilder. Kein idyllischer Strandplatz, kein Getreidefeld, kein Platz unter Bäumer! Heute steht mein Zelt im Windschatten einer unbewohnten Hütte neben einem Schneefeld auf rund 1200 m Höhe. Hinter der Hütte fließt ein ruhiger Bach und versorgt mich mit Trinkwasser. Zähneputzen muss ich im eiskalten Wasser eines Bächleins neben einem Schneefeld. Auf die Körperreinigung warte ich aber doch lieber auf warmes Wasser. Im Windschutz sind die Temperaturen in der Somme um 21.30 noch gut erträglich. Mit warmer Suppe und Tee bereite ich mich auf die kalte Nacht vor. Mal schauen wie kalt die Nacht wird. Aber ich denke, ich bin gut ausgerüstet....... Und der Vorteil hier auf dieser Höhe: Es gibt keine Gelsen und Mücken!
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