• Ganz nach meinem Geschmack

    July 26, 2016 in Norway ⋅ ⛅ 10 °C

    Der Vormittag ist ein wenig holprig. Nach einer Stunde am Rad komme ich zum Fährhafen und muss 3 Stunden auf die Überfahrt warten, ein ungeplanter Aufenthalt. Ich frühstücke am Meer, putze mein Rad und für einen Kaffeehausbesuch reicht die Zeit auch noch. Die Fahrt von den Vesteralen zum Festland geht über das offene Meer, knapp 2 Stunden schaukeln wir über das Wasser. Obwohl es fast windstill ist, das Meer ruhig wirkt und die Fähre nicht so klein ist (rund 50 Autos sind an Bord) schaukelt das Boot in alle Richtungen ziemlich stark. Das Gehen an Bord ohne sich festzuhalten ist unmöglich. Ich überlebe es und mein Frühstück bleibt in meinem Magen.

    So beginnt mein Radttag erst um 15.00. Die Strecke ist herrlich, genauso wie ich sie mag. Zunächst umrunde ich mehrere Fjorde mit Klippen- und Felsküsten und entsprechenden Anstiegen und Abfahrten. Zwischendurch liegen immer wieder kleine Fischersiedlungen mit roten Holzhäusern am Wegrand. Eine Freude für die Augen und die Beine! Nach diesem Start folgt der 1. Bergpass des Tages. Es ist windstill, sehr heiß und beim Bergauffahren habe ich unzählige Fliegen als Begleitung. Sobald meine Geschwindigkeit unter 7 km/h sinkt, verfolgen mich diese lästigen Tiere. Auf alle Körperteile die nicht in Bewegung sind lassen sie sich nieder. Die Arme, der Nacken, das Gesicht, auch die Lippen nützen sie als Lande- und Rastplatz. Das Kitzeln nervt mich ungemein und als die Bremsen, diese beißenden unangenehmen Insekten auch noch mein Blut naschen wollten bin ich völlig genervt. Oben angelangt finde ich einen traumhaften Rastplatz für mein Abendessen, die Insekten bleiben leider bei mir und so wird das Essen nicht so gemütlich wie erhofft.

    Da ich meinen Radtag so spät begonnen habe lege ich noch eine Abendschicht ein. Wieder fahre ich entlang der Fjorde, vorbei an tollen Berggipfeln und Gebirgsketten. Bei den zahlreichen Tunnels des heutigen Tages erlebe ich eine für mich neue norwegische Besonderheit. Die Tunnels haben sich auf meiner Fahrt nach Norden ohnedies laufend verändert. Hier sind sie länger, feuchter, enger und schlechter beleuchtet. Trotz meines starken Scheinwerfers am Rad sehe ich den Straßenbelag vor mir häufig nicht. Ich muss konzentriert und mit Gefühl fahren um alle eventuell auftretenden Schlaglöcher ausgleichen zu können. Aber die Besonderheit des heutigen Tages ist das Blicklicht. Vor der Einfahrt in den Tunnel kann ich mittels Drückknopf eine gelb blinkende Warnlampe einschalten, welche die Autofahrer auf einen Radfahrer im Tunnel, nämlich auf mich, aufmerksam macht. Toll finde ich das, diese Vorsichtsmaßnahme gibt mir doch ein Stück mehr Sicherheit. Außerdem gibt es bei mehreren Tunnels für die Durchfahrt Warnwesten zum Entnehmen. Am Ende des Tunnels kann ich die reflektierenden Weste wieder in den dafür vorgesehenen Kasten stecken.

    Wenige Kilometer vor meinem Tagesziel wird der Himmel recht dunkel, nicht wegen der Nacht sondern wegen des bevorstehenden Regens. Wieder einmal schlage ich mein Zelt am Berg auf während die ersten Regentropfen fallen.
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