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  • Day 52

    Point of destiny

    August 3, 2023, North Sea ⋅ ☁️ 15 °C

    Wir sind zurück in Wind, Wellen und Gezeitenstrom.. Der Wind ließ Segeln zu, auch schnelles Segeln halb bis am Wind. Wir ahnen noch nicht, wie sehr wir den Top Speed der Peanut brauchen werden, um durchs Labyrinth der Tidenströme zu kommen. Mit der Crew der Avatar segeln wir ab Mittag gen Wick. Die Seeschleuse und letzte Brücke bestimmen den Start und bei Querung der letzten Hochbrücke bekommen wir das erste Mal Gegenstrom live zu spüren. Wir folgen Carsten und Elke auf Ihrer X-50 und sehen, wie es die große Yacht ausbremst und versetzt.. Wir schleichen uns nah am Ufer heran, um uns dann zwischen den Pfeilern mit 1 kn Speed bei Vollgas durchzuschleichen… Mann oh Mann, es wird nicht die letzte Überraschung sein… Bei auffrischenden Winden geht es dann durch die Nordsee entlang der Steilküste und immer mal wieder kabbliger See. Bis zu drei Wellenmuster liegen übereinander und mehr als einmal staune ich wie gut Peanut damit klarkommt.. wir segeln schnell und am Limit, gehen ins zweite und später ins dritte Reff. Die Kombination bin ich noch nie gefahren, das erste Mal seit 10 Jahren ist nur das 2. und 3. Reff eingeschoren. Und sie läuft prima geradeaus mit Genua 3 und 3. Reff im Groß, wir segeln damit schon bei 17 kn aufrechter mit 7 - 7,5 kn Speed, mehr kann das 10 m Boot auch gar nicht fahren. Wir kommen zwar im Dunklen nach 75 nm in Wick an, aber um 23 Uhr und somit 2 h früher als geplant. Es war auch ziemlich nass unterwegs also erstmal aufwärmen und schlafen.. Um 10 Uhr sind wir durch mit Anmelden und Frühstück fertig und müssen bei Niesel eine gefühlt schwere Entscheidung treffen. Gleich weiter mit Segelwind aus 50-80 Grad oder warten bis das Tief durch ist und wir dann motoren müssen..

    Nachdem es zumindest regenfrei werden soll entscheiden wir uns für losfahren und zwar ganz schnell. Die Tidenfenster sind nur knapp zu erreichen, vor allem die enge Einfahrt vor Kirkwall hat über 3 kn, die wir nicht gegen uns haben wollen. Zum Glück weht mehr Wind als angesagt und wir erreichen nahezu durchgängig 7-7,5 kn Bootsspeed. Nur das daraus an einigen Stellen nur noch 3,5 kn Fahrt über Grund werden…ganze 36 nm geht das so, und wir sehen das sichere Strömungsfenster schon schwinden. Auch das holländische Segeln, also mit mitlaufender Maschine, hilft hier nicht mehr weiter. Die Peanut läuft schon mit maximaler Rumpfgeschwindigkeit durchs Wasser, der Motor kann dann auch nicht mehr bringen. Wir überprüfen die Theorie auch einmal und können sie bestätigen. Ist so, da hilft nur “radikale Akzeptanz”. Wir kreuzen den Ausgang des berüchtigten Pentland Firth, eine Strömungsmaschine a la Corryvreckan nur in groß. Hier geht achtmal soviel Wasser durch wie an Mündung des mächtigen Amazonas.. Folgerichtig wurde hier die mächtigste Unterwasserturbine der Welt 2021 installiert. Wir staunen, dass wir keinen hohen Seegang bekommen, obwohl der Nordatlantik von Kanada aus Anlauf nehmen kann. Es scheint sogar, dass der Strom die Wellen auseinander zieht, stellenweise ist es richtig platt, in den Strudeln (Eddie’s) bricht sich keine Welle, allerdings wird das Boot immer mal aus dem Kurs geworfen.. Es ist ungefährlich, auch als wir später eine kleine Abkürzung nehmen müssen und auf eine Strömungskante zufahren, die aus der Ferne (Foto) recht bedrohlich wirkt.
    Unser Hauptproblem bleibt der Gegenstrom und dem fehlt auch jeglicher Rhythmus. Die Angaben im Reeds und auf der Karte, die ansonsten ungefähr stimmten, helfen kaum. Endlich scheint der Strom zu kentern und wir haben über 8 kn über Grund. Nach 20 min geht es wieder 2 kn gegen uns. Wir merken, wie doof eine Motorfahrt gewesen wäre, wo wir nur 6 kn Bootsspeed auf Dauer abrufen könnten und die richtigen Strömungsfenster kaum schaffen können. Während die große X souverän mit zwei Schlägen in die Kirkwallbucht hinein segelt, sind wir froh, den Tidenexpress noch rechtzeitig erreicht zu haben, wenn auch gegen den Wind der Motor zum Schluss noch herhalten muss..Nach 56 Seemeilen erreichen wir unser Reiseziel, wir sind auf den Orkney Inseln angekommen. Svens Freudentanz zeigt ein Stück unserer Vorfreude, auch der letzte Whisky wird noch während der Anfahrt darauf geleert..

    Der Hafenmeister empfängt uns wie immer freundlich, es macht hier überall Freude anzukommen.

    Das einzig Manko, irgendwas ist ja immer, sind die Kreuzfahrer. Eins kam uns entgegen, eins liegt vor der Stadt vor Anker. Morgen kommen noch zwei, erzählt der Hafenmeister. Wir haben nichts gegen Kreuzfahrer, mancher kann eben nur so die See erleben. Aber was bitte soll der Einfall gerade in kleinere Orte, wo das Schiff mehr Passagiere hat als dort Einwohner leben. Es gleicht einer Heuschreckenplage, wenn immer nur für Stunden die Orte überschwemmt werden und sich vor Ort nur noch ein ex und hopp Tourismus einstellt. Genießt die See und den Ausblick, stellt vor allem eure Maschinen ab (hm, geht ja gar nicht). Man wird so nie magische Orte wie diese wirklich “erfahren” wenn man im 7 Tage 7 Häfen Rhythmus reist. Und die kleinen Ortschaften lasst mal den Individualreisenden, alles andere passt einfach nicht..
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