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  • Benicarló - Vorurteile ...

    July 26, 2007 in Spain ⋅ 🌙 28 °C

    So ein nettes Städtchen, hier wäre ich gern noch ein wenig geblieben. Es ist wohl einmal an der Zeit, mit zwei Vorurteilen aufzuräumen:
    1. Das Mittelmeer ist im Sommer ruhig und glatt, fast immer scheint die Sonne, der Wind fächelt lieblich aus dem blauen Himmel: Das ist falsch!
    Im diesem Teil des Mittelmeeres ändert sich das Wetter manchmal schlagartig. Innerhalb weniger Minuten kann sich ein moderater Wind zu einem Sturm auswachsen, es fegen Böen heran in sechs bis sieben Windstärken, die in keiner Wettervorhersage vorkommen, da es sich um lokale Wetterverhältnisse handelt. Gleichmäßigen Segelwind gab es bisher auf dieser Reise eher selten.
    Auch der Seegang kann sich schnell ändern. Das Meer kann morgens glatt wie ein Spiegel sein, dann fängt es sachte zu kräuseln an, und man ahnt es schon: Es wird Wind geben. Die Kräuselei wächst sich zu Wellen aus und nullkommanix hat man einen ordentlichen Seegang. Wenn sie von achtern heranrauschen und gleichmäßig bleiben, ist man gut dran. Hat man aber Pech, wie wir gestern – und heute wieder – laufen sie dem Schiff entgegen, überstolpern sich, kreuzen, türmen sich auf und bringen das Schiff ordentlich zum Wackeln.
    2. Die ganze spanische Mittelmeerküste ist ein einziger Touristenrummel, es gibt kaum Flecken unbebauter Natur, die Strände sind überfüllt, Hotel reiht sich an Hotel: Auch das ist falsch!
    Südlich von Barcelona liegt die Costa Daurada , die jenseits von Tarragona über weite Strecken nur kleine Städte oder vereinzelte Bebauung aufweist. Es gibt kaum Hotelburgen, aber grüne Abschnitte an weiten Stränden, an denen kaum Menschen zu sehen sind. Zum Teil gibt es Steilküste mit sandigen oder kiesigen Buchten. In den Städten ist es immer ein Strand, den sie alle bevölkern, viele kleine Nebenstrände dagegen sind leer. Die Städte haben ihren natürlichen Charakter bewahrt, und wenn man von der Uferpromenade absieht, trifft man in den Straßen und Gassen kaum Ausländer.
    Wir fuhren weiter die Küste entlang, und da der Wind wieder aus Süd pustete und uns Wellen entgegen schickte, war schon der übernächste Hafen von Benicarló unser Tagesziel. Eine nette, gar nicht so kleine Stadt erwartete uns mit einem städtischen Hafen: ein Teil für Fischer, ein weiterer Teil für Yachten. Hier sind keine Schickimicki-Yachten zu sehen, keine Protzboote, es ist angenehm ruhig. Zum ersten Mal ging unser Anlegemanöver schief. Der starke Wind trieb Olga von dem Steg weg, wo wir anlegen wollten. Übereifrig wollte ich trotzdem zum Steg springen und landete halb im Wasser, hing noch mit einer Hand an der Reling und versuchte vergeblich, mich wieder hochzuziehen. Da half nur ein Notruf: »Käpt’n ich bin im Wasser!«
    Der Käpt’n eilte herbei, bot mir seine Hand und wollte mich an Bord ziehen, aber ich hatte wohl schon zu viele Tortillas gegessen, er schaffte es nicht. Ich musste ganz ins Wasser, zum Steg schwimmen und mich dort hochziehen, was gar nicht so einfach ist.
    In dieser Marina gab es zum ersten Mal wieder Schwimmstege, wie wir sie von Portugal her kannten. Da es im Mittelmeer kaum Tidenhub gibt, haben die meisten Häfen feste Stege. Wir bekamen einen schönen Platz in einer Doppelbox zugewiesen und brauchten nur den einfachen Preis zu bezahlen – ist es zu glauben!
    Am Ort gibt es eine Werft und mehrere Nautic-Läden und in einem von diesen meinte der Chef, er könne uns vielleicht einen Mast besorgen. Morgen erfahren wir mehr.
    Auch diese Stadt ist nicht von Touristen übervölkert. Der Stadtstrand ist gut besucht, aber wenn man hinter dem Nordende des Hafens um die Mole herumgeht, gibt es einen langen Strand mit feinem Kies, wo kaum Menschen sind. Dort kann man sogar mit Hund baden – eine totale Ausnahme in Spanien.
    Zum Abendessen gingen wir in den alten Teil des Städtchens. Dort gibt es Alleen, Plätze, feine Häuser, ein Viertel für weniger Begüterte, Banken und Bänke … alles, was man braucht. Wir aßen gut und wollten nach Hause in den Hafen – und hatten uns verlaufen! Wir gingen ein paar Häuserblocks entlang und plötzlich standen wir im Grünen. Da vorne, dort musste doch der Hafen sein, und wir liefen und liefen in die falsche Richtung.
    Irgendwann haben wir es natürlich gemerkt: Da mussten wir doch langgehen, durch eine Vorstadtsiedlung, ein Gartengebiet, endlich wieder Stadt, endlich wieder der große Platz, wo wir schon mal waren, aber in welche Richtung müssen wir zum Hafen? Fast wären wir wieder falsch gelaufen, aber es gab zum Glück einen Wegweiser – er zeigte in die entgegengesetzte Richtung. Auf diese Weise hatten wir einen großen Teil der Stadt kennengelernt, und eine Wanderung von mehreren Kilometern hinter uns gebracht. Na dann: Gute Nacht!
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